Die führenden bulgarischen Minister sind ungeduldig geworden. Auf der einen Seite steht ihre wohlwollende uns jetzt sehr nützliche Neutralität (über die Einzelheiten kann man nichts sagen), die sicher Ursache bitterer Anklagen unsrer Gegner werden wird. Dazu kommt, dass der Dreiverband nun noch eifriger auf Bulgarien drückt und durchblicken lässt, er werde sich verpflichten, einem ihm freundlichen Bulgarien griechisches Gebiet zu verschaffen. Man deutet auf Salonik-Kawala. Gleichzeitig hat Serbien wissen lassen, dass es in seinen Zugeständnissen an Bulgarien auch über den Wardar hinausgehen werde. Damit nähert man sich schon dem Höchstmass der bulgarischen Wünsche. So wertvoll ist dem Dreiverbande ein Eingreifen Bulgariens auf seiner Seite.
Alles dies wird in den nächsten Tagen hier bekannt sein und die Stellung der Regierung mehr erschweren, als es jemals seit Beginn des Krieges der Fall gewesen ist. Die russenfreundlichen Parteien und sogar die Freunde der Regierung haben obige Karte zum Ausspielen, die Regierung hat nichts.
So ist man, wie mir heute der politisch führende Minister Tontschew sagte, auf dem Wege, folgenden Entschluss zu fassen:
Ich habe das bestimmte Gefühl, das, wie der Balkan von Anfang des Krieges an mit Unrecht als quantité négligeable betrachtet worden ist, so auch jetzt die Behandlung des so wichtigen Faktors Bulgarien der eingehenden Rücksicht auf Gefühle, Bestrebungen und die tatsächlich wirkenden Kräfte entbehrt. Das zu verbessern, wird eines Tages nicht mehr möglich sein.
Es ist hier schon bemerkbar, dass der Widerstand der griechischen Regierung gegen die Politik des Dreiverbandes in Bugarien zugunsten des Dreiverbandes wirkt. Wenn Griechenland für den Dreiverband ein Feind wird, so sollte Bulgarien ein Freund werden, denn der Gegensatz zu Griechenland ist weit grösser als der zu dem Dreibverbande.
Aufgabe der deutschen Politik ist es, Griechenland und Bulgarien nicht zu entzweien, sondern beisammen zu halten. Das ist schwer, denn Bulgarien verlangt von Griechenland:
2) Nichteinmischung in bulgarisch-serbische Auseinandersetzungen, die sich auf ganz Mazedonien beziehen. Hier ist namentlich wichtig das Gebiet Ochrida-Monastir, das von Griechen wie Bulgaren erstrebt wird.
Fraglich bleibt allerdings, ob wir es in Griechenland nicht mit einer schnell vorübergehenden Erscheinung zu tun haben und ob nicht schon bald der Sünder reuig in den Schoss des Verbandes zurückkehrt.