Über die einzelnen Vorfälle, die die Regierung nunmehr zum militärischen Einschreiten veranlaßt haben, machte der Minister des Innern folgende Angaben:
Armenische Deserteure, die sich durch die Flucht der Dienstpflicht entzogen hatten, unternahmen kürzlich einen Angriff auf das Gefängnis in Zeitun, um einige armenische Gefangene zu befreien; es kam zu einem blutigen Zusammenstoß, bei dem mehrere Gendarmen von der Wachmannschaft und auch einige Armenier, die sich den Angreifern entgegenstellten, verwundet und getötet wurden. Gendarmen, die in den Häusern nach Fahnenflüchtigen suchten, wurden mit scharfen Schüssen und Steinwürfen empfangen; hierbei sollen ein oder mehrere Gendarmen den Tod gefunden haben. Das Gros der Deserteure sammelte sich alsdann in einem Kloster bei Zeitun, wo sie von den türkischen Gendarmen angegriffen wurden; letztere verloren 7 8 Tote, unter denen sich auch der Gendarmeriekommandant von Marasch, Suleiman Bey, befand, und 20 Verwundete. Den Armeniern gelang es unter Zurücklassung von 20 30 Toten, denen sie zum Teil die Köpfe abschnitten, zu entfliehen.
Es ergibt sich daraus, daß die renitenten Armenier, trotz der vor einiger Zeit angeordneten Entwaffnung der Bevölkerung von Zeitun, über Waffen verfügen, und die Ursache dieser Kämpfe im Widerstande gegen die Konskription zu suchen ist. Der Minister glaubt, daß außerdem fremde Agitatoren ihre Hand im Spiele haben; im übrigen versichert er, daß Besorgnisse wegen Ausschreitungen in den an Zeitun angrenzenden Distrikten unbegründet seien.
Der armenische Patriarch versucht, die Tragweite der Vorgänge in Zeitun und anderwärts abzuschwächen und stellt namentlich das Vorhandensein einer organisierten Aufstandsbewegung in Abrede; er sowohl wie die ihm nahestehenden armenischen Kreise betonen, daß die türkischen Armenier ernstlich bestrebt seien, sich korrekt und loyal zu verhalten.
Die letzteren Behauptungen scheinen zuzutreffen; es ist indes nicht zu verkennen, daß das gegenseitige Mißtrauen zwischen Armeniern und Türken in den letzten Zeiten zugenommen hat. Als charakteristisches Symptom hierfür wird angeführt, daß seit einigen Wochen die armenischen Dienstpflichtigen, sowohl gediente Mannschaften wie Rekruten, nicht mehr zum Dienst mit der Waffe, sondern zu Wegebauten und dergleichen Diensten verwendet werden.