1918-06-19-DE-001
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Quelle: DE/PA-AA/R14102
Zentraljournal: 1918-A-27897
Erste Internetveröffentlichung: 2000 März
Edition: Kaukasus Kampagne
Telegramm-Abgang: 06/28/1918 07:35 PM
Telegramm-Ankunft: 06/29/1918 02:10 AM
Praesentatsdatum: 06/29/1918 p.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 10
Zustand: A
Letzte Änderung: 03/23/2012


Der Konsul in Tiflis (Schulenburg) an das Auswärtige Amt

Telegraphischer Bericht



Nr. 10

Tiflis, den 19. Juni 1918

Antwort auf Telegramm Nr. 21 und Nr. 62 vom 14.6.

1.) Armenische und georgische Verträge mit Türkei 13. 6. von Poti über Konstantinopel nach Berlin abgegangen, müssen in den nächsten Tagen dort eintreffen.

Nordkaukasisch-türkische Verträge, die erst vorgestern erhielt, gehen morgen von Poti nach Sewastopol Berlin.

Tatarisch-türkische Verträge noch nicht in meinem Besitz, da die Regierung ...3 Elisabethpol und da der Verkehr dorthin unterbrochen war.

2.) Nordkaukasisch-türkischer Hauptvertrag enthält im wesentlichen: Verpflichtung der Türkei, dem Nordkaukasus mit Waffengewalt zu Hilfe zu kommen, falls dieser es verlangt. Nordkaukasus hat darum gebeten, deshalb sollte 37. türkische Division über Mzchet und grusinische Heerstraße nach Wladikawkas gehen. Sie hätte dort größtes Unheil angerichtet.

Erster Zusatzvertrag betrifft Handel und Schiffahrt. Inhalt im wesentlichen: Meistbegünstigung, keine Einfuhrverbote unter freiem Transit, Verpflichtung, sich gegenseitig Überschuß an landwirtschaftlichen und industriellen Erzeugnissen bis 31. 12. 1919 zu überlassen.

Zweites Zusatzabkommen betrifft militärische insbesondere Eisenbahnangelegenheiten. Inhalt: Feindliche ...4 und Beamte sollen ausgewiesen und nicht angestellt werden, sonst ziemlich genau wie das entsprechende Abkommen mit Georgien.

3.) Hauptmann von Egan-Krieger hat von der O.H.L. Auftrag, in Vertretung des Generals von Lossow Leitung hiesiger deutscher Truppen zu übernehmen bis Oberst von Kreß eintrifft. Solange hat er seines Erachtens die alleinige Verantwortung hier. Genauere Aufträge hat er nicht, was ich erst später erfahren habe. Hauptmann von Egan hat daher das nach der Lage Erforderliche veranlaßt.

4 Das Notwendigste wäre die Besetzung Bakus, da gesamtes kaukasisches Wirtschaftleben auf Masutfeuerung eingerichtet. Eisenbahn, Elektrizitätswerke usw.: nur noch Vorräte für etwa 10 Tage, dann stockt alles.

Zur Eroberung Bakus unsere Truppen zu schwach, Hauptmann von Egan hat daher um 2 weitere Bataillone und zwei Batterien gebeten. Inzwischen hat er die dringend notwendige Befriedigung Georgiens unternommen.

...5 deutsche Bahnwachen haben bis ...5 unverändert strengen Befehl, nichts Feindliches gegen die Türken zu unternehmen. Einfahrt der Türken ohne deutsche Genehmigung gemäß Artikel 2 unseres Abkommens dadurch verhindert, daß die Züge an der Grenze von der deutschen Kommission angehalten mit der Drohung Eisenbahnstrecke werde zerstört werden, falls die Türken gewaltsam weiterfahren sollten. Tatsächlich haben Türken nachgegeben und bis heute noch keinen Transportantrag bei der deutschen Kommission gestellt.

6. Herr Ramischwili hat nach seiner Rückkehr aus Poti, wo er mit General von Lossow verhandelt hatte, im hiesigen Parlament erklärt, Deutschland habe Georgien unter seinen Schutz gestellt. Mir ist in Poti nichts dergleichen mitgeteilt worden. Herr von Egan hat angenommen, daß Georgien unter deutschem Schutz steht, da es von deutschen Truppen besetzt ist, nachdem Georgien um deutschen Schutz gebeten hatte.

7. Türkische Truppen haben gestern Morgen nördlich Kalageran deutsche Truppen beschossen, die Feuer ...6 erwiderten. Türken haben zwischen San ...6 und Karakliß 3 Brücken verbrannt, Schanze Tiegenhof nördlich von Kalageran und denken vorläufig ...6 nicht daran, auf Karakliß zurückzugehen. Truppentransporte wegen vernichteter Brücken nunmehr dort unmöglich.

8. Ich erfahre: Türken haben nunmehr 8000 Mann zwischen Elisabethpol und Baku, erhalten täglich Verstärkung. Sie kämpfen seit 3 Tragen ohne Erfolg bei Misjusli 20 Kilomenter östlich Jewlach gegen Maximalisten von Baku. Diese haben dort 18 Bataillone aufgebracht ...3 Türken graben sich ein und versuchen, mit 3000 Mann nördliche Umgehung über Noshari-Goek Tschaiak Ssu.

9. ...3 Bammaloff heute abreist nach Konstantinopel. Er und Tschermoieff waren für bedingungslose Annexion des Nordkaukasus durch Türkei, sollen aber etwas schwankend geworden sein; jedenfalls sind sie ganz auf türkischer Seite.

Inzwischen hier die Vettern Kundukhoff aufgetreten, von denen einer ein Sohn Bekirsami Beys. Sie sind Osseten, türkische Untertanen und offenbar ebenfalls türkische Emissäre. Ihr Programm soll sein: eine Armee und eine auswärtige Politik mit Türkei, ...3 Autonomie des Nordkaukasus. Sie erklären Bamatoff und Genossen für Usurpatoren, die nur ihre Güter von Maximalisten befreien wollen.

10. Türken haben in Batum alle muhammedanischen Nationalisten (türkenfeindliche und zu Georgien neigende) verhaftet. Hiesige Regierung bittet dringend, etwas für diese Leute zu tun, da sonst Abstimmung in Batum voraussichtlich für Türken ausfallen wird.


[Schulenburg]


1 A 23638.
2 A 25348.
3 Gruppe verst.
4 Gruppe fehlt.
5 Gruppe unv.
6 Gruppe unverst.



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