Wolfgang Gust

”Das Endresultat muss die Ausrottung der armenischen Rasse sein.“ (Schükri Bey)

Der Völkermord an den Armeniern 1915/16 anhand von Akten des deutschen Auswärtigen Amts.

Teil I

Revidierte und erweiterte Fassung der von Johannes Lepsius 1919 unter dem Titel „Deutschland und Armenien“ herausgegebene Sammlung diplomatischer Aktenstücke.

Mitarbeiterin: Sigrid Gust

Leitfaden durch die Themen der Dokumentation



Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1: Vom Kriegsausbruch bis zum Aufstand von Van

(I) Zusammenleben von Türken und Armeniern

1) Das Verhältnis der Armenier zu den Jungtürken nach deren Machtübernahme

2) Türkische Repressionen gegen die Armenier seit Frühjahr 1915

3) Entwaffnung und Desertion armenischer Soldaten

(II) Angebliche und wirkliche Aufstände der Armenier

1) Die Ereignisse in Zeitun

2) Die Ereignisse in Dörtyol

3) Der Aufstand von Van

Kapitel 2: Deportationen und Vernichtungsaktionen

(I) Der 24. April 1915

(II) Die geographische Ausdehnung der Deportationen

(III) Zwangsislamisierungen

(VI) Die Deportationen bis zu den Sammelstellen

1) Die Deportationszüge

2) Isolierung der wehrhaften Männer in Arbeitsbataillone

3) Trennung und Vernichtung der armenischen Männer

4) Das Schicksal der Frauen und Mädchen

5) Vernichtung ganzer Deportationszüge

Exkurs: Das Schicksal der Katholiken und Protestanten

(V) Von den Sammelstellen zu den Todeslagern

1) Die Sammelstellen

2) Die Todeszüge entlang des Euphrats

a) Siedlungsansätze

b) Die Todesmärsche in den Süden und Südosten

c) Vernichtungsaktionen

Kapitel 3: Vorwände zum Völkermord und Abwehrkämpfe

(I) Die Vorwände

1) Sympathien für die Entente

2) Verrats-Vorwurf gegen die Armenier

(II) Die Abwehrkämpfe

Kapitel 4: Die Politik der Endlösung

(I) Der Konfrontationskurs

1) Die Politik der Jungtürken

2) Die Rolle der türkischen Militärs

(II) Die Motive für die Vernichtung der Armenier

1) Bereicherungen

2) Vernichtungswille

(III) Die Dimension des Völkermords

(IV) Die Statistiken des Völkermords

(V) Verschleierung und Ableugnung des Völkermords

Kapitel 5: Die Verantwortlichen des Völkermords

(I) Die Urheber

1) Die Führung in Konstantinopel

2) Die Jungtürken

3) Die Verantwortlichen in der Provinz

(II) Die Ausführenden

1) Regierungsorgane

2) Militärs

3) Gendarmerie

4) Spezialorganisationen und Randgruppen

(III) Widerstand der Türken gegen die Deportationen

Kapitel 6: Die Rolle der Deutschen

(I) Deutschland und die Armenier des Osmanischen Reichs

1) Antipathien der armenischen Bevölkerung gegenüber Deutschland

2) Schutzsuche der armenischen Geistlichkeit

3) Politischer Druck auf die Armenier

(II) Deutschlands Haltung zu den Deportationen

1) Billigung der Deportationen

2) Nichteinmischung in die türkische Politik

3) Mißbilligung des Völkermords durch Deutsche in der Türkei

(III) Deutschland und die Folgen des Völkermords

1) Deutschlands wirtschaftliche Interessen in der Türkei

2) Die Öffentlichkeit in Deutschland

3) Die Weltöffentlichkeit

(IV) Deutsche Mitschuld am Völkermord

1) Äußerungen über deutsche Verwicklungen in den Völkermord

2) Proteste wegen angeblicher Verwicklung in den Völkermord

3) Deutsche Ansiedlungspläne für Armenier entlang der Bagdadbahn?

4) Die Bagdadbahn und ihre armenischen Angestellten

(V) Deutsche Rechtfertigungsversuche

(VI) Die deutschen Militärs


Einleitung

Der folgende Leitfaden soll jenen Lesern helfen, die sich einen Überblick verschaffen wollen sowie jenen, die sich nur für Teilaspekte der Dokumentation interessieren. Er beschränkt sich ausschließlich auf die Texte der in dieser Edition wiedergegebenen Dokumente.

In der aktuellen Diskussion über die Anerkennung des Völkermords an den Armeniern spielt die Faktizität des Völkermords eine entscheidende Rolle, weil die Türkei den Genozid leugnet beziehungsweise Racheaktionen der Armenier besonders im Jahr 1917 als Genozid der Armenier an den Türken hinstellt (davon wird in der kommenden Edition die Rede sein). Deshalb konzentriert sich dieser Leitfaden auf den Nachweis des Genozids von 1915, der 1916 weitgehend abgeschlossen war, sowie die Hintergründe zu diesem Völkermord, soweit sie sich aus den Akten ergeben.

Der Genozid von 1915 und 1916 stand auch für Johannes Lepsius im Vordergrund, so daß dieser Leitfaden in seinen Erkenntnissen nicht weit über das hinausgeht, was Herausgeber Lepsius in seiner Einleitung zusammengefaßt hat. Nur im Kapitel über die Rolle Deutschlands gibt es neue Akzente. Für den der deutschen Sprache nicht mächtigen Leser hingegen ist dieser Leitfaden eine wichtige Ergänzung zu den meist aus amerikanischen Quellen stammenden Belegen, denn das Lepsius-Werk „ Deutschland und Armenien“ wurde niemals ins Englische übersetzt.

Die zahlreichen Dokumente, die Lepsius über den Kaukasus-Feldzug verö ffentlichte, werden in diesem Leitfaden nicht berücksichtigt (sie werden in einer Einführung zu einer späteren Kaukasus-Edition behandelt), ebenso wenig jene über die deutschen Hilfswerke und ihre Probleme, die in der Lepsius-Ausgabe eine relativ große Rolle spielen.

Im Vordergrund der zitierten Textstellen stehen die Zeugnisse deutscher Diplomaten und der von ihnen herangezogenen deutschen Zeugen. Augenzeugenberichte und Zeugnisse von Armeniern werden nur hinzugezogen, wenn sie von deutschen Diplomaten ausdrücklich oder stillschweigend bestä tigt worden sind. Das ist keineswegs ein Mißtrauensbeweis gegenüber den mit Sicherheit wichtigsten und eindringlichsten Zeugnissen von Armeniern. Mit dieser Gewichtung sollen nur jenen vorgebeugt werden, die armenischen Aussagen wegen zu großer Befangenheit als weniger glaubhaft hinstellen.

Der deutschen Haltung zum Völkermord an den Armeniern ist nur ein kurzes Kapitel gewidmet, weil die Basis in den Lepsius-Dokumenten zu schmal ist. Sie wird ausführlich in der nächsten Edition behandelt werden.

Ist der Dokumentenname gefettet, so liegt auch eine englische Übersetzung des Originaldokuments vor. Durch Klicken auf den Dokumentennamen öffnet sich das Originaldokument.


Kapitel 1: Vom Kriegsausbruch bis zum Aufstand von Van

Der 20. April 1915 gilt nach türkischer Darstellung, die von den Deutschen – allerdings nur offiziell - übernommen worden war, als Grund fü ;r ein scharfes Vorgehen gegen die Armenier des Osmanischen Reichs. An diesem Tag, so die türkische Darstellung, hätten sich die Armenier der ö ;stlichen Armenier-Metropole Van gegen die türkische Regierung erhoben und wären damit den kämpfenden Truppen in den Rücken gefallen. Die logische Konsequenz sei die Aussiedlung der Armenier aus den frontnahen Regionen gewesen.

Diese von den Türken bis heute aufrechterhaltene Version wurde zwar durch die damalige offizielle deutsche Politik gedeckt, nicht aber durch die Berichte der deutschen Beobachter. Nur wenige Wochen und auch nur von wenigen Diplomaten wurde diese Version von deutschen Stellen übernommen, da eigene Beobachtungen in Van nicht möglich waren. Denn das Deutsche Reich war in Van konsularisch nicht vertreten und hatte auch mit den dortigen deutschen und Schweizer Vertretern von Hilfsorganisationen praktisch keinen Kontakt. Sehr bald überwog bei den deutschen diplomatischen Vertretern im Osmanischen Reich der Eindruck, daß die türkische Regierung den wirklichen oder angeblichen Aufstand der Armenier in Van nur als Vorwand benutzte, die Armenier zu deportieren und auszurotten.

Denn bereits vor dem 20. April 1915 gab es rigorose Maßnahmen der Tü rken gegen die Armenier, die von den deutschen Beobachtern beschrieben werden. Im Vordergrund des deutschen Interesses standen bis zum offensichtlichen Ausbruch des Völkermords an den Armeniern deren Verhältnis zur neuen, jungtürkischen Türkei sowie Spekulationen über russischen Absichten und die Reaktionen der Armenier darauf.

Die Armenier als die – neben den Griechen – bedeutendste Minderheit im Osmanischen Reich hatten in der Vergangenheit unter der türkischen Herrschaft schwer zu leiden, besonders in den Jahren 1894 bis 1896, als Hunderttausende von Armeniern bei Massakern ums Leben kamen. Aber seit der Machtübernahme durch die Jungtürken hatte sich das Klima zwischen den beiden Volksgruppen deutlich verbessert. Auf diese neue Situation gehen mehrere deutsche Quellen ein.

(I) Zusammenleben von Türken und Armeniern

1) Das Verhältnis der Armenier zu den Jungtürken nach deren Machtübernahme

Der deutsche Journalist von Tyszka schreibt in einem Bericht über den Jahresbeginn 1915:


Die deutschen Verantwortlichen hoben diesen Punkt der Harmonie in ihren Rechtfertigungsberichten stets besonders hervor. So beispielsweise Staatssekretär Zimmermann am 29. September 1916 vor dem Reichshaushaltsausschuß:
Auch von offizieller armenischer Seite bekamen die deutschen Konsuln Signale für eine Normalisierung. Dem deutschen Konsul Edgar Anders in Erzerum berichtete der armenische Bischof der Stadt, Msg. Seadetian, schon 1914, nach der Annahme der europäischen Reform-Vorschläge durch die osmanische Regierung, nach denen seine Landsleute in den östlichen Provinzen eine weitgehende Autonomie bekommen hätten,
Diese Aussöhnung zeigte sich vor allem darin, daß die Mehrzahl der osmanischen Armenier zwar eine gewisse Autonomie wünschten, nicht jedoch den Anschluß an das russische Armenien und damit an das russische Reich. Der deutsche Botschafter in der damaligen Hauptstadt Konstantinopel, dem heutigen Istanbul, Hans Freiherr von Wangenheim, berichtet nach dem Gesprä ch mit dem armenischen Patriarchen an seine vorgesetzte Stelle in Berlin:
Die gleiche Abneigung gegen einen Anschluß schien auch bei den russischen Armeniern zu herrschen. Bereits im Herbst 1913 hatte Konsul Anders nach einem Besuch beim Katholikos aller Armenier in Etschmiadzin gemeldet:
2) Türkische Repressionen gegen die Armenier seit Frühjahr 1915

Nach Kriegsausbruch änderte sich das Verhältnis der beiden Völker zueinander. Vize-Konsul Max Erwin von Scheubner-Richter, der den in russische Gefangenschaft geratenen Konsul Edgar Anders als Verweser vertrat, berichtet im Zusammenhang mit „Säuberungen“ aus Erzerum:


Eine Bestätigung für das Vorgehen der Türken gegen die Armenier im hohen Nordosten erhielt Konsul Rößler vom höchsten tü rkischen Provinzbeamten persönlich. Der Vali von Aleppo, Djelal Bey habe ihm berichtet, schreibt Rößler,
Botschafter Wangenheim berichtet:
Auch die von ihren Missionaren in der Türkei gut unterrichteten deutschen protestantischen Christen sprechen in einer Eingabe an den Reichskanzler vom Terror der Türken gegen die Armenier:
Die Stimmung der Türken gegen die Armenier hatte sich grundlegend gewandelt. Der deutsche Journalist von Tyszka:
Das galt nicht nur für die Armenier nahe der russischen Grenze. Aus der Mittelmeer-Hafenstadt Alexandrette, dem heutigen Iskenderun, meldet der Vize-Konsul Hermann Hoffmann-Fölkersamb:
Wenn Armenier nicht direkt Massakern zum Opfer fielen, dann den harten Maß ;nahmen gegen sie, beispielsweise, wenn sie zu Transportdiensten zur Front herangezogen wurden. Von armenischer Seite sei behauptet worden, so Wangenheim,
Das bestätigte auch die Schwester Alma Johansson. Der mit der Berichterstattung über die Armenier in der Botschaft Konstantinopel betraute deutsche Generalkonsul Johann Heinrich Hermann Mordtmann notierte nach einem Gespräch mit der in Diensten des „Deutschen Hülfsbundes für christliches Liebeswerk im Orient“ stehenden Schwedin:
3) Entwaffnung und Desertion armenischer Soldaten

Nach der Eroberung Anatoliens im Mittelalter durch die Türken bis zur jungtürkischen Revolution von 1908 war den Armeniern – wie allen Christen - der Dienst mit der Waffe untersagt. Nach nur wenigen Jahren der Gleichberechtigung schränkte die türkische Regierung den Zugang zum Militärdienst wieder ein. Scheubner-Richter berichtet aus Erzerum:


Als Begründung gaben die Türken an, daß armenischen Soldaten auf ihre türkischen Vorgesetzten geschossen hätten. Wangenheim aus Konstantinopel über die armenischen Soldaten:
Diese Version vertrat auch Unterstaatsekretär Zimmermann auf der Sitzung des Reichshaushaltsausschusses am 29. September 1916:
Zu diesen Vorwürfen notierte Mordtmann nach einem Gespräch mit dem in Erzerum residierenden deutschen General Posseldt:
Desertionen gab es im damaligen Osmanischen Reich sowohl bei Armeniern als auch bei anderen Nationalitäten aber auch bei Türken. Eine Desertion armenischer Soldaten in größerem Umfang, von der Ausnahme Zeitung abgesehen, wird von den deutsche Beobachter nicht bestätigt. Vize-Konsul Hoffmann hält diese Beschuldigung für
(II) Angebliche und wirkliche Aufstände der Armenier

An mehreren Orten des Osmanischen Reichs kam es im Frühjahr zu Ereignissen, die von der einen Seite als Aufstände der Armenier, von anderen Seiten als Belanglosigkeiten oder als reine Abwehrkämpfe der Armenier angesehen wurden. Die deutschen Quellen sind besonders ergiebig, was die Ereignisse in Zeitun, dem heutigen Süleymanli nördlich von Marasch, und in der Küstenstadt Dörtjol (Dörtyol) anbelangt. In Van waren deutsche diplomatische Vertreter nicht zur Stelle, doch ist über die dortigen Vorkommnisse wegen ihrer Bedeutung auch in den deutschen Quellen häufig die Rede.

1) Die Ereignisse von Zeitun

Zeitun ist eine von Armeniern seit jeher besiedelte Stadt im Norden von Marasch, dem heutigen Kahramanmaras, die dadurch Geschichte geschrieben hat, daß sie lange Zeit einen halbautonomen Status hatte. Seine ausschließlich armenischen Bewohner hatten sich immer als besonders widerstandsbereit gezeigt und trotzten mehrfach türkischen Belagerungen. Das hat ihnen die Bewunderung der Armenier überall im Osmanischen Reich eingehandelt und den Haß der Türken.

Botschafter Wangenheim berichtet Mitte April 1915:


Wangenheim meint hier konkret die Ereignisse in der Armenier-Hochburg Zeitun. Dort hatten sich armenische Deserteure aus Zeitun und Umgebung, aber auch aus Marasch in einem Kloster verbarrikadiert. Anfangs waren die Meldungen des deutschen Konsul Walter Rößler aus Aleppo, der zwar für Zeitun zuständig, selbst aber nicht vor Ort recherchiert hatte, noch diffus. Rößler:
Innenminister Talaat, so Botschafter Wangenheim, habe zu Zeitun Informationen gegeben, aus denen sich ergäbe, daß
Rößler habe berichtet, so Wangenheim:
Daß sich dabei die Armenier der Bergstadt den Deserteuren angeschlossen und damit gegen die türkische Verwaltung rebelliert hätten, wie später immer wieder behauptet wurde, schließt Rößlers Kollege Eugen Büge aus Adana aus. Dieser habe über den Hintergrund bericht, meldet Wangenheim nach Berlin, daß
In einem weiteren Bericht präzisiert Rößler, sei es um ein isoliertes Kloster gegangen,
Die Unruhen in Zeitun, so Rößler in einem sehr ausführlichen Bericht,
Das las sich in einem späteren Rechtfertigungsversuch des langjä hrigen Unterstaatsekretärs im Auswärtigen Amt, Arthur Zimmermann, ganz anders. In einer Aufzeichnung für ein Gespräch mit der Groß ;herzogin von Baden, die sich beim deutschen Kaiser nach dem Schicksal der Armenier erkundigt hatte, schreibt Zimmermann Ende September 1916 (er war inzwischen zum Staatssekretär ernannt):
Diese Darstellung wird weder durch die Berichte der deutschen Konsuln noch durch die anderer deutschen Quellen gedeckt. Die Bewohner von Zeitun hatten im Oktober 1914 der Regierung sogar Deserteure ausgeliefert, wofür ihnen Straffreiheit zugesagt wurde. Doch der türkische Regierungspräsident, so Rößler in einem sehr ausführlichen Bericht, ließ
Rößler berichtete auch über das Schicksal der Deserteure:
Einen weiteren detaillierten Bericht über die Ereignisse in Zeitun schickte der Katholikos von Sis, Sahak, über deutsche Kanäle an den Patriarchen in Konstantinopel:
Diese Vernichtung war in der Tat geplant. In einem Bericht über die Ereignisse in Zeitun schreibt Rößler:
Die Armenier Zeituns waren die ersten, die deportiert wurden. Rößler schätzt ihre Zahl auf

Der deutsche Missionar Blank berichtet in einem Brief an Rößler:


Und in einem Brief an seinen Vorgesetzten Schuchardt schreibt Missionar Blank:
Der deutsche Journalist von Tyszka schreibt in einem späteren Bericht über die Ereignisse in Zeitun:
Direkt betroffen von den Ereignissen in Zeitun war Marasch , wo eine bedeutende armenische Kolonie lebte. Die Erschießung tü rkischer Gendarmen in Zeitun hätte große Auswirkungen auf die tü ;rkische Bevölkerung von Marasch gehabt. Rößler berichtet:
In seinem ausführlichen Bericht über Zeitun berichtet Röß ler ebenfalls über die Auswirkungen der dortigen Ereignisse auf Marasch. Die Untersuchungen des Kriegsgerichts richteten sich
Wie aus Zeitun wurden die Armenier aus Marasch und den umliegenden Dörfern bereits vor dem angeblichen Aufstand in Van deportiert, berichtet Rö ßler:
Daß es den türkischen Verantwortlichen dabei keineswegs darum ging, Rädelsführer der Armenier zu verfolgen, geht eindeutig aus Rö ßlers Berichten hervor. Die Behörden seien beispielweise auch gegen einen Wohltätigkeitsverein vorgegangen, der sich nie um politische Dinge gekümmert habe. Dazu Rößler:
Und auch über Brutalitäten berichtete der deutsche Konsul. Soldaten hätten
2) Die Ereignisse in Dörtyol:

Auch in Dörtyol, einem von Armeniern stark besiedeltem Ort an der Mittelmeerküste, hatten sich armenische Deserteure versteckt. Eine ausführliche Schilderung gibt der Konsul in Adana, Eugen Büge, aufgrund eines Berichts des armenischen Hilfsbeamten Simon Agabalian, von der Büge glaubt, „dass die Sache im Ganzen zutreffend geschildert ist“. Agadalian:


Wangenheim erwähnt die Vorgänge in Dörtyol ebenfalls in einem Bericht:
Simon Agabalian erwähnt ebenfalls die Nacht- und Nebelaktion:
Auch aus der Mittelmeerstadt Alexandrette (dem heutigen Iskenderun) unweit von Dörtyol waren angebliche Spionagetätigkeiten gemeldet worden. Wie sehr aufgebauscht die Vorgänge waren, schildert der in Alexandrette stationierte Vizekonsul Hoffman in einer späteren Aufzeichnung, in der er sich besonders über einen Bericht des deutschen Orientspezialisten, Baron Max von Oppenheim, lustig macht, der ”Fäden einer militärisch gegliederten Verschwörung” unter anderem in Dörtyol ausgemacht hatte. Derlei Fäden, so Hoffmann, seien
3) Der Aufstand von Van:

Über Van, den quasi-offiziellen Auslöser für den Völkermord an den Armeniern, haben deutsche Diplomaten nur vom Hörensagen berichten können, weil in Van kein deutsches Konsulat bestand. Nachrichten der dort stationierten Deutschen und Schweizer, die Hilfswerken angehörten, finden sich nur sehr bruchstückhaft in den Akten des Auswärtigen Amts. So überwiegt eine Wiedergabe der türkischen Darstellungen im deutschen diplomatischen Schriftverkehr.

Aufgrund einer ebenfalls auf offiziellen türkischen Angaben beruhenden Meldung aus Erzerum berichtet Wangenheim nach Berlin:


Um überhaupt einige Hintergrundinformationen geben zu können, zitiert Wangenheim über die Tätigkeit der in Van herrschenden Daschnakzutiun aus einem Report der Partei an den internationalen Sozialistenkongreß.
Weiterhin auf türkischen Meldungen basierend meldet Scheubner-Richter aus Erzerum:
Erst Mitte Mai berichtet der deutsche Konsul offensichtlich aufgrund von internen Informationen über die Hintergründe der Aufstands von Van:
Wie viele Opfer der sogenannte Aufstand von Van gekostet hat, geht aus den im Auswärtigen Amt gesammelten zeitgenössischen Berichten deutscher Beobachter nicht hervor. Die heute bekannten Zahlen der türkischen und armenischen Opfer in Van bewegen sich in der Größenordnung einiger Hundert, wenn die Zahl der Flüchtenden noch hinzugezählt werden, einiger Tausend. Wie grotesk schlecht die deutsche Informationslage damals war, beweist der Bericht des Marineattachés Hans Humann, allerdings eines engen Freundes von Enver Pascha, der nach einem Gespräch mit seinem Intimus behauptet (was von Wangenheim unkommentiert weitergegeben wird):
Der deutsche Journalist Tyszka berichtet über die Ereignisse von Van erstmals aus armenischer Sicht:
Weil er selbst sich kein Bild machen konnte, bring Tyszka auch die tü rkische Version:
Den Gipfel türkischer Erfindungen bildet die Darstellung des Botschaftsrat der türkischen Botschaft in Berlin, Edhem Bey, der in einem Gespräch mit dem Sachbearbeiter im deutschen Außenamt, Rosenberg, behauptet, der „Umschwung“ in der Behandlung der Armenier sei erst im April eingetreten,
Diese angeblich 180000 muslimischen Tote in Van haben die Deutschen nie ü bernommen. In seiner Aufzeichnung für ein Gespräch mit der Groß herzogin von Baden Ende September 1916 nannte Staatssekretär Zimmermann immerhin Zahlen:
Sehr viel nüchterner sah Vize-Konsul Hoffmann aus Alexandrette die Vorgänge in Van, weil er genug Erfahrung mit türkischen Angaben hatte und ihre Mentalität kannte. Er rechnete die 150000 Kurden der Region Van aus den türkischen Meldungen einfach heraus, denn er wußte:
Fazit: Der Aufstand in Dörtjol war nach den deutschen Berichten kein Aufstand, der Aufstand in Zeitun spielte sich anders ab, als von der türkischen Seite behauptet. Über Van lagen den Deutschen keine authentischen Berichte vor, doch ihre letztendliche Zurückhaltung in der Beurteilung des angeblichen oder wirklichen Aufstands signalisiert große Vorbehalte gegenüber der offiziellen türkischen Darstellung.


Kapitel 2: Deportationen und Vernichtungsaktionen

Deportationen im großen Stil und offensichtlich nach einem zentralen Plan setzten ab Mai 1915 ein. Sie betrafen, neben den Intellektuellen in der Hauptstadt Konstantinopel und den angeblichen Insurgenten in Zeitun und Ortschaften an der Mittelmeerküste, anfangs vor allem die Armenier im Osten nahe der Front zu Rußland. Von Anfang an waren die Deportationen begleitet von reinen Vernichtungsaktionen, so in der Ebene von Musch, dem Hochland von Erzerum, in der Stadt Trapezunt, im Umland von Ersindjan. Im Vilajet Diarbekir weitere ein von den deutschen Diplomaten als „ Bluthund“ charakterisierter Vali (Reschid Bey) die Ausrottungsaktion gegen die Armenier in einen Vernichtungskrieg gegen die Christen alles Konfessionen. Soweit Deportierte überhaupt in Zielgebiete kamen, lagen diese im Sü den von Aleppo, vor allem aber entlang des Euphrats in der syrischen Wü ste. Neben der Deportation und Vernichtung der Armenier gab es zwangsweise oder unter großem Druck durchgeführte Islamisierungen. Trotz deutscher Proteste wurden nicht nur die gregorianischen, sondern auch die katholischen und protestantischen Armenier deportiert und vernichtet.

(I) Der 24. April 1915

In aller Welt gedenken die Armenier des Völkermords 1915/16 jeweils am 24. April. An jenem Tag im Jahr 1915 ließ die osmanische Regierung alle armenischen Intellektuellen von Bedeutung verhaften und ins Innere des Landes schicken. Nur wenige dieser Verhafteten überlebten. In den deutschen Quellen wird diese Vernichtung der armenischen Elite nur in wenigen Dokumenten erwähnt.

Am 30. April 1915 berichtete Botschafter Hans Freiherr von Wangenheim über die Verhaftung der armenischen Elite:


Gegenüber dem ersten Dragoman der deutschen Botschaft begründete Talaat die Verhaftungen wie folgt:
Die deutschen protestantischen Christen schilderten die Ereignisse in einer Eingabe an den Reichskanzler folgendermaßen:
Über das Schicksal der armenischen Elite berichtet der deutsche Journalist von Tysza aus Konstantinopel:
Botschafter Wangenheim berichtet wenige Tage später über die verbannten Armenier und den armenischen Arzt Tschilinguirian, nach dem er wegen dessen deutscher Ehefrau Nachforschungen anstellen ließ:
(II) Die geographische Ausdehnung der Deportationen

Der Beginn der Deportation der Armenier in großem Stil war regional unterschiedlich, wie auch seine Formen. Nach den Armeniern aus Zeitun wurden als erste die Armenier aus den Provinzen nahe der russischen Grenze deportiert und jene der Küsten des östlichen Mittelmeers, das von der Entente-Flotte kontrolliert wurde. Betroffen waren im Einzelnen Erzerum und seine Umgebung, die Ebene von Musch, wo über hundert rein armenische Dörfer bestanden, sowie in der Umgebung von Bitlis, ferner die Kü stenstriche am Schwarzen Meer, besonders Trapezunt. Doch schon sehr bald dehnten sich die Deportationen auch auf Regionen aus, die nicht in Frontnä he lagen, bis schließlich die Armenier aller Regionen deportiert oder von Deportationen bedroht wurden. Ein weiterer Faktor für die regionale Ausdehnung der Deportationen waren die örtlichen Verhältnisse, einerseits durch die Anwesenheit türkischer Scharfmacher und andererseits osmanischer Beamter, die sich den Deportationen widersetzten oder sie zumindest humaner gestalten wollten.

Erzerum war die der russischen Grenze nächstgelegene größere Stadt, wo sich darüber hinaus die Organisatoren des Völkermords sowie deportationswillige türkische Militär- und Polizeichefs aufhielten. Durch deutsche Zeugnisse gut belegt sind die Deportationen im Nordosten, weil in Erzerum mit Vize-Konsul und Verweser Max Erwin von Scheubner-Richter (der deutsche Konsul Anders war in russischen Kriegsgefangenschaft geraten) ein aufmerksamer Beobachter saß.

Scheubner-Richter über das Hinterland von Erzerum:


Aus der Stadt selbst meldet der Vize-Konsul:
Noch am gleichen Tag meldet er seiner Botschaft:
Einen Tag später telegraphiert Scheubner-Richter, es seien
Wiederum zwei Tage später kabelt er:
Der ebenfalls in Erzerum ansässige deutsche Oberstleutnant Stange berichtet in einem späteren Bericht von der Räumung der Umgebung von Erzerum:
Und über die Deportationen in Erzerum selbst schreibt Stange:
Auch in anderen Regionen setzten Deportationen ein. In Kilikien beobachteten drei deutsche Konsuln die Deportationen. Konsul Eugen Büge schreibt Mitte Mai aus Adana:
Konsul Rößler:
Zu dieser Zeit waren die Deportationen der aus Zeitun und den umliegenden Dörfern bereits abgeschlossen. Konsul Walter Rößler aus Aleppo, zu dessen Arbeitsgebiet Zeitun gehörte, meldete Mitte Juni:
Botschafter Wangenheim:
Neben Diplomaten berichten auch Deutsche, die zwar nicht dem diplomatischen Korps angehörten, deren Aussagen aber von den Diplomaten protokolliert wurden. Der für die armenischen Angelegenheiten in der Botschaft Konstantinopel abgestellte Generalkonsul Johann Heinrich Hermann Mordtmann hatte ein Gespräch mit der schwedischen Schwester des Deutschen Hü lfsbunds für christliches Liebeswerk im Orient in Musch, Alma Johansson, die nach ihrer dortigen Ausweisung nach Kharput gereist war. Weder in Musch noch in Kharput war dass Deutsche Reich durch Konsuln vertreten.
Aus Kharput berichtete regelmäßig der Prediger des Deutschen Hülfsbunds für christliches Liebeswerk im Orient und Leiter des dortigen Waisenhauses, Johannes Ehmann, dessen Beobachtungen von der deutschen Botschaft in der Regel nach Berlin weitergeleitet wurden. Ehmann Ende Juni:
Auch aus anderen Landesteilen berichteten die deutschen Konsuln von Deportationen. Vize-Konsul Walter Holstein telegraphierte aus Mossul:
An der Schwarzmeerküste war das Deutsche Reich durch die Konsuln Heinrich Bergfeld (in Trapezunt) und M. Kuckhoff (in Samsun) vertreten. Aus Trapezunt meldet Konsul Bergfeld:
Zwei Tage später berichtet er:
Wieder zwei Tage später:
In einem längeren Schreiben faßt Bergfeld zusammen:
Botschafter Wangenheim ergänzte die Meldung:
Ebenfalls im Juni meldete der Wahl-Vize-Konsul Kuckhoff in Übertretung der strikten Beobachtungsregeln von Berufsdiplomaten aus Samsun:
Kurze Zeit darauf versuchte Kuckhoff seine Angaben zu relativieren:
Schließlich kam Kuckhoff zur Beobachtungspflicht zurück und meldete:
Im Juli berichtet Wangenheim erstmals über das zunehmende Ausmaß der Deportationen:
Die deutschen protestantischen Christen berichten in einer Eingabe an den Reichskanzler, es sei
Aus den frontnahen Gebieten waren zu diesem Zeitpunkt die Deportationen bereits abgeschlossen. Aus Erzerum berichtete Scheubner-Richter:
Kurze Zeit später meldete der deutsche Rot-Kreuz-Arzt Neukirch auch aus Erzingjan:
Was in der Zwischenzeit im Osten der Türkei passiert war, läßt ein Bericht Scheubner-Richters ahnen, der im November 1915 von seinem Amtssitz Erzerum durch den Osten nach Mossul ritt:
Selbst aus dem äußersten Westen deportierten die türkischen Verantwortlichen die armenische Bevölkerung. Wangenheim-Vertreter Hohenlohe-Langenburg berichtet,
Auch Konsul Rößler vermutete nunmehr:
Der deutsche Journalist Rudolf Zabel von der Tägl. Rundschau gibt eine sehr genaue Beschreibung der Züge von Westanatolien bis ins Euphrattal. Mordtmann zeichnete seine Berichte auf:
Vize-Konsul Hoffmann schreibt aus Aleppo, Ende Oktober habe
Diese Deportationen der Armenier aus fast allen Regionen bestätigte der deutsche Journalist von Tysza:
Selbst aus der europäischen Türkei waren inzwischen die Armenier vertrieben worden, wie aus einem späteren Bericht des Botschafters Wolff-Metternich hervorgeht:
Daß nicht nur die Deportationen ausgeweitet, sondern auch in der Form verschärf wurden meldet Konsul Büge aus Kilikien:
Rößler:
Bei den ersten Deportationswellen waren aus verschiedenen Gründen nicht alle Armenier betroffen. Anfang 1916 setzte ein zweite Deportationswelle ein.

Über die Stadt Aintab meldete Rößler:


Auch in Marasch hatte eine größere Kolonie Armenier die ersten Deportationen ebenfalls überstanden. Jetzt meldet Rößler:
Die Schweizer Schwester in deutschen Diensten, Beatrice Rohner, berichtet, ihre Kollegin Paula Schäfer betreue
Wenige Wochen darauf schreibt Rößler:
Wolff-Metternich ergänzt:
Die in Marasch stationierte deutsche Schwester Paula Schäfer berichtet:
Im Oktober 1916 berichtet Rößler ein letztes Mal über Marasch:
In Orten weiter im Innern Anatoliens setzten ebenfalls neue Deportationsschübe ein. Der Pfarrer Ernst Jacob Christoffel berichtete,
Botschafter Wolff-Metternich ergänzt:
Wolff-Metternich faßt zusammen:
Rößler ergänzt:
Die wichtigste Stadt im Süden Ostanatoliens mit einer bedeutenden Minderheit von Armeniern – und der lange Zeit wichtigste Durchgangsort für die Karawanen der Deportierten - war Aleppo.

Konsul Rößler:


Vizekonsul Hoffmann berichtet aus Aleppo:
Rößler einige Wochen später:
Anfang 1916 meldet Konsul Rößler aus seinem Amtssitz, daß auch die Armenier seiner Stadt deportiert werden sollen, wenngleich zuerst der nicht in Aleppo geborenen Armenier:
Kurze Zeit darauf präzisiert Rößler:
Im April 1916 schreibt Rößler:
Beatrice Rohner berichtet, in Aleppo hielten sich
Auf angebliche Waffenfunde in Aleppo, so Rößler, habe der Vali von Aleppo erklärt:
Wie weit der Begriff ”in Aleppo ansässig” eingeschränkt wird bleibt, fügte Rößler hinzu, bleibt abzuwarten. Rö ßler weiter:
Konsul Loytved-Hardegg aus Damaskus gibt Erläuterungen für den Fall Aleppo:
Beatrice Rohner:
Rößler gut eine Woche später:
Ein Größenordnung über die Deportationen gibt Rößler zwei Tage später:
Im August 1916 schließlich meldet Rößler den Beginn der Deportationen aus Aleppo:
Weitere Meldungen über Deportationen aus Aleppo blieben aus. Über die Hintergründe gibt es nur Vermutungen. Rößler hatte zuvor berichtet.
Versuche der Armenier, sich von den Deportationen freizukaufen, hatte Rö ßler schon ein Jahr zuvor aus Kilikien gemeldet:
In den deutschen Berichten aus Aleppo ging es fortan hauptsächlich um die Versorgung der entwurzelten Armenier, hauptsächlich um die Waisen. Im März 1917 gibt Rößler noch einen Hinweis auf den Umfang der Hilfsarbeiten und spricht von in Aleppo zu versorgenden
Einen Sonderfall bildeten auch die Hauptstadt Konstantinopel und sowie die wichtigste Hafenstadt Smyrna. Bereits nach den Deportationen aus der nahe der Hauptstadt gelegenen Stadt Izmit hatte der Botschafter in außerordentlicher Mission Hohenlohe-Langenburg auf die Folgen für Konstantinopel aufmerksam gemacht :
Der nach Wangenheims Tod ernannte Geschäftsträger Neurath setzte nach:
Doch nur vier Tage später warnte Neurath:
Nunmehr schaltete sich selbst AA-Staatssekretär Jagow ein. Die tü rkische Regierung, kabelte er seinem Botschafter, solle
Der neue Botschafter Wolff-Metternich bestätigte die Befürchtungen seines Vorgängers und meldete an Bethmann Hollweg:
Trotz der deutschen Befürchtungen blieben die ortsansässigen Armenier Konstantinopels in ihrer überwiegenden Mehrzahl von Deportationen verschont. Ob es nun die Interventionen der Deutschen waren oder andere Grü ;nde, geht aus den Akten nicht hervor.

Anders lag der Fall in der wichtigen Hafenstadt Smyrna . Hier bewahrte eindeutig die Intervention eines deutschen Generals die Armenier vor Deportationen.

Geschäftträger Radowitz drahtete im November 1916 nach Berlin:


Der deutsche Diplomat sollte sich täuschen, denn der deutsche General setzte sich schließlich durch. Liman von Sanders über die Deportation der Armenier Smyrnas:
Der Botschafter in außerordentlicher Mission in Konstantinopel, Kü hlmann, meldete kurz darauf Vollzug:
Eine weltpolitisch völlig neue Lage ergab sich nach der Oktoberrevolution in Rußland durch den Rückzug der Russen aus dem Osmanischen Reich . Deutschland strebte einen Friedensschluß mit den Bolschewisten. Deportationen der bis dato unter russischem Schutz stehenden oder russischen Armenier sollten deshalb verhindert werden.

Der Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Kühlmann, wies den Botschafter in Konstantinopel für den Fall neuer Deportationen an,


Botschafter Bernstorff kabelte zurück:
Auch im Falle erneuter Deportationen von Armeniern aus Anatolien bat Kü hlmann seinen Botschafter in Konstantinopel um Intervention bei der tü rkischen Regierung,
Wohl eher unter die Rubrik Zynismus paßt eine Erklärung Talaats, die Botschafter Bernstorff wiedergab:
Von letzten Deportationen aus der Region nördlich von Kharput berichtet Rößler im Frühjahr 1918:
Fazit: Die Armenier des Osmanischen Reichs in den Vorkriegsgrenzen waren bis auf die Einwohner Smyrnas und – teilweise – Aleppos sowie die Alteinsä ssigen Konstantinopels sämtlich deportiert worden oder zur Deportation vorgesehen. Ihr Überleben hing fortan vom Verlauf der Deportationen ab.

(III) Zwangsislamisierungen

Eine unbekannte Anzahl von Armeniern blieb in der Heimat oder in Ortschaften zumeist Anatoliens. Armenische Frauen wurden in Harems aufgenommen, Kinder in Familien oder Waisenhäusern, Jungen und Männer versteckt. Auch erhielten offenbar Dorfgemeinschaften unter Auflagen die Genehmigung zu bleiben. Für sie alle war Voraussetzung, daß sie den Islam annehmen. Eine in der Regel gewaltsame Islamisierung zerstörte die Identität jener Armenier, die außerhalb der Städte Konstantinopel und anfangs - Smyrna – überlebten, eine Identität, zu der wesentlich der gregorianische, manchmal auch der katholische oder evangelische Glaube gehö ;rte.

Vizekonsul Kuckhoff meldet aus Samsun:


Die deutschen protestantischen Christen schreiben in einer Eingabe an den Reichskanzler:
Unterstaatssekretär Arthur Zimmermann schreibt an seinen Botschafter Wolff-Metternich in Konstantinopel, nach seinen Informationen
Der Direktor und Stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Hülfsbundes für christliches Liebeswerk im Orient , Friedrich Schuchardt, berichtet an das Auswärtige Amt über seine Recherchen in Konstantinopel:
Aus Adana berichtet Konsul Büge:
Offiziell bestritten die Verantwortlichen in Konstantinopel jedwede Form von zentraler Zwangislamisierung und schoben die Schuld, wie so oft auch auch bei den Deportationen, auf „Übergriffe untergeordneter Beamter“. Botschafter Neurath zitiert den Außenminister:
Dem stehen die Aussagen der deutschen Beobachter entgegen. Vize-Konsul Hoffmann spricht von
Auch gegenüber dem Botschafter Wolff-Metternich bestritten die Verantwortlichen die Zwangsislamisierungen. Der Botschafter faßt zusammen:
Wolff-Metternich gibt die Ansichten weiterer Zeugen wieder:
Über sein Arbeitsgebiet berichtet Konsul Rößler:
Wolff-Metternich schreibt über die Zwangislamisierungen:
Doch schon einen Monat sprechen die deutschen Zeugen vor Ort von weiteren Islamisierungen. Konsulatssekretär Werth berichtet aus Sivas über die Entdeckung eines griechisch-armenischen Komitees. In dessen Folge, wo Werth,
Der Konsul in Damaskus Loytved-Hardegg meldet:
Botschafter Wolff-Metternich:
Nur zwei Tage später präzisiert der Botschafter:
Wolff-Metternich glaubt, daß
Der Sekretär des Konsulats in Sivas, Werth. berichtet:
Vize-Konsul Hoffmann aus Alexandrette meldet aus dem Süden:
Auch für AA-Staatssekretär Zimmermann ist klar, daß die Armenier gewaltsam zum Islam bekehrt worden sind. Seinen Geschäftsfü hrer in Konstantinopel, Göppert, weist er an:
Die Rück-Meldung Göpperts:
Ernst I. Christoffel, der Vorsteher des Blindenheims Malatia, faßt seine Erfahrungen zusammen:
(IV) Die Deportationen bis zu den Sammelstellen:

Die Deportationszüge gingen – ganz grob dargestellt – zu Sammelstellen im Süden des Landes, besonders nach Aleppo und Umgebung, um sich dort in zwei Ströme zu teilen: einer ging südlich nach Palä stina, der andere östlich entlang des Euphrats in die mesopotamische Wüste Richtung Mossul. In Aleppo befand sich auch die türkische Verwaltungszentrale für die Deportationen.

Wie in der gesamten Durchführung des Völkermords an den Armeniern gab es auch hier höchst unterschiedliche Verläufe: Von der Vernichtung ganzer Deportationszüge bis zu - relativ - geordneten Deportationen, die sich allerdings nur auf wenig Züge und meist auch nur auf Teilstrecken bezogen. Viele Berichte geben einen allgemeinen Eindruck über das, was sich auf den Wegen Anatoliens abspielte.

1) Die Deportationszüge

Die meisten Deportierten wurde über bestimmte Routen geführt. Eine der Deportationsstrecken war die von Trapezunt und Erzerum über Ersindjan in den Süden, wobei sich die Züge aus beiden Städten zum Teil erheblich voneinander unterschieden.

Botschafter Wangenheim über die Deportationen aus Trapezunt:


Das bestätigte der Kriegsfreiwillige Carl Schlimme, der über einen Ritt im Juni 1915 berichtet:
Der in Ersindjan stationierte deutsche Rot-Kreuz-Arzt Neukirch:
Aus Erzerum berichtete Scheubner-Richter:
Rot-Kreuz-Arzt Neukirch verglich die Elendszüge aus Trapezunt mit den relativ wohlgeordneten Deportationszügen aus Erzerum:
Die weitere Reise führte die meisten Deportierten durch die berü chtigte Kemach-Schlucht. Ihr Schicksal wird an anderer Stelle dokumentiert.

In der Nähe von Urfa war ein Österreicher Augenzeuge des Vorbeimarsches eines Zuges Deportierter:


Konsul Rößler gibt eine Größenordnung der Verluste armenischer Deportiertenzüge:
Andere Beobachtungen machten Deutsche aus Konia. Der Leiter der dortigen Anatolischen Industrie- und Handelsgesellschaft, Willy Seeger, der Mittelschullehrer Georg Biegel, der Werkmeister Heinrich Janson und der Diplom-Ingenieur J. E. Maurer teilten der Botschaft in einem gemeinsamen Schreiben mit:
Konsul Rößler, der viele Berichte über das Schicksal der Armenier gesammelt hatte, erlebte selbst den Durchzug von Deportierten an seinem Amtssitz Aleppo:
Der deutsche Journalist von Tysza:
Die deutschen protestantischen Christen berichten in einer Eingabe an den Reichskanzler, die Maßregel der Deportation sei
Scheubner-Richters schreibt über einen Ritt von Erzerum über Khinis, Musch, Bitlis und Seert nach Mossul:
Der deutsche Lehrer Martin Niepage schreibt in seinem Bericht an die deutschen Parlamentarier:
Konsul Rößler berichtet über Strecken in der syrischen Wü ste südlich von Urfa, wo es den Verantwortlichen offenbar nur darum ging, die Deportierten zu erschöpfen:
Der katholische Reichstagsabgeordnete Matthias Erzberger notiert in einem Memorandum:
Hunger und Durst , teilweise von den Verantwortlichen bewußt herbeigeführt, dezimierten die Deportierten. Denn, so Wangenheim,
Der deutsche Kriegsfreiwillige Schlimme berichtet, er sei
Konsul Rößler:
Die Deutschen Seeger, Biegel & Co schreiben:
Rößlers Resumee:
2) Isolierung der wehrhaften Männer in Arbeitsbataillone

Um Widerstände gegen die Deportationen auszuschalten, hatten die Verantwortlichen für den Völkermord armenische Soldaten von ihren Landsleuten isoliert. Schon im März 1915 wurden die armenischen Soldaten vom Dienst mit der Waffe ausgeschlossen. Wangenheim meldet, daß


Vize-Konsul Scheubner-Richter berichtete, daß
Die deutschen protestantischen Christen sprechen in einer Eingabe an den Reichskanzler davon, daß
Doch auch das spätere Schicksal der Arbeitsbataillone kannten die deutschen protestantischen Christen:
Diese Schicksal bestätigte der Schweizer Diakon Künzler aus Urfa. Am 20. August 1915, meldet er,
Scheubner-Richter berichtet davon, der Feldzug Halil Beys nach Nord-Persien hätte die
3) Trennung und Vernichtung der armenischen Männer

Die Trennung von Männern und Frauen war eine durchgängige Maß nahme, um die Deportierten zu schwächen. Vizekonsul Holstein berichtet aus Mossul:


Konsul Rößler aus Aleppo:
Ferner meldet Rößler:
Ein Zeuge berichtete Rößler
Scheubner-Richter beobachtete in Erzingjan Deportationszüge aus Trapezunt:
Ein Österreicher berichtet:
Der deutsche Journalist von Tysza schreibt:
Scheubner-Richter resümiert nach seinem Ritt durch den Osten Anatoliens:
Vize-Konsul Hoffman aus Aleppo berichtet schließlich:
Denn diese Männer waren in der Regel Opfer von Massenmorden . Über das Schicksal der meisten von ihren Familien getrennten Männer geben die deutschen Zeugnisse Auskunft. Armenien-Spezialist Mordtmann notiert nach einem Gespräch mit Schwester Alma Johansson über Kharput:
Konsul Rößler bestätigte das Schicksal der Männer von Kharput, die in einem Dorf einige Wegstunden südlich der Stadt von den Frauen getrennt wurden:
Vizekonsul Holstein meldet aus Mossul:
Aus Erzerum berichtete Scheubner-Richter, von 500 deportierten Armeniern seien
Von einer zweiten Gruppe, so Scheubner-Richter, seien bei Baiburt
In anderen Regionen, so Scheubner-Richter, sei die Deportationen noch rigoroser als in Erzerum durchgeführt worden:
Der Kriegsfreiwillige Carl Schlimme fand das bei einem Ritt im Juni 1915 bestätigt:
Auch Oberstleutnant Stange wußte von Massenmorden an den armenischen Männern:
Armenien-Experte Mordtmann nennt in einer Aufzeichnung als einen
Der Allepiner Lehrer Martin Niepage schreibt in seinem Bericht an die deutschen Volksvertreter, er wolle nicht lange bei
Vize-Konsul Hoffmann aus Aleppo resümiert:
Eine Flucht der Männer war eine übliche Ausrede, um das Fehlen männlicher Deportierter in den Zügen zu begründen. Dazu Hoffmann:
4) Das Schicksal der Frauen und Mädchen

Nach der weitgehenden Vernichtung armenischer Männer gleich zu Beginn der Deportationen waren die Frauen und Mädchen schutzlos. Konsul Röß ;ler appelliert an seine Botschaft:


Auch Vizekonsul Holstein bestätigt, daß Frauen und Mädchen auf sich allein angewiesen waren und schreibt über die Folgen:
Konsul Rößler bestätigt diese Beobachtung:
Scheubner-Richter fand auf seinem Ritt durch den Osten Spuren armenischer Frauen:
Die deutschen protestantischen Christen berichten in ihrer Eingabe an den Reichskanzler davon, man habe
Vize-Konsul Hoffmann beobachtete in Aleppo:
Der Verkauf von Mädchen und Kindern war für viele armenischen Mütter die einzige Chance, ihre Kinder am Leben zu halten. Konsul Rößler berichtet:
Auch Vize-Konsul Hoffmann berichtet über den Verkauf von Mädchen und Frauen:
Über das Schicksal vieler dieser Frauen und Mädchen gibt eineinhalb Jahr später die Frau des deutschen Waisenhausleiters in Kharput Ehmann Auskunft:
In einigen Fällen berichten deutsche Zeugen von ausgesprochener sexueller Verfügungsgewalt über die wehrlosen Armenierinnen.

Der deutsche Missionar Blank berichtet über die Anordnungen eines Offiziers:


Vize-Konsul Hoffmann beschreibt detailliert Verfügungen über junge Mädchen und Frauen und belegt sie mit Fotoaufnahmen:
Der deutsche Ingenieur Bastendorff berichtet über das Schicksal der Armenierinnen in Ras ul Ain:
Wie bei den Männern kam es auch bei den deportierten Frauen zu Massenmorden . Ein österreichischer Zeuge berichtet über Aussagen von geflohenen Armenierinnen:
Vize-Konsul Hoffmann ließ sich von einem Augenzeugen berichten, der die Bagdadbahnstrecke fuhr:
Lehrer Martin Niepage wollte in seinem Bericht an die Volksvertreter
Armenierinnen überlebten oft nur, weil sie von Türken und Kurden aufgenommen worden waren. Wenige hatten auf der Deportation - relativ - gute Erfahrungen gemacht. Über sie berichtete der österreichische Zeuge:
5) Vernichtung ganzer Deportationszüge

Bereits an ihren Wohnorten wurden die Armenier nach den deutschen Berichten zum Teil oder vollständig vernichtet.

Der mit der Berichterstattung über die Armenier in der Türkei betraute deutsche Generalkonsul Mordtmann notierte nach einem Gespräch mit der in Diensten des „Deutschen Hülfsbundes für christliches Liebeswerk im Orient“ tätigen schwedischen Schwester Alma Johansson über die Ereignisse in Musch Mitte Juni 1915:


Über Mardin berichtet Vize-Konsul Holstein aus Mossul:
Vize-Konsul Scheubner-Richter berichtet, es hätten
Über Trapezunt wußte Oberstleutnant Stange zu berichten:
Konsul Bergfeld aus Trapezunt:
Massentötungen noch am Wohnort gab es auch in Angora, dem heutigen Ankara. Botschafter Hohenlohe schreibt nach Berlin, nach Recherchen des Armenisch-Katholischen Patriarchat seien
Konsul Holstein berichtet, daß
Scheubner-Richter reiste von Erzerum nach Bitlis und berichtet über den
Viele Deportierte erreichten niemals ihre Ziele, weil sie unterwegs umgebracht wurden. Die Vernichtung ganzer Züge wird mehrfach dokumentiert. Vize-Konsul Holstein berichtet aus Mossul:
Über Massenmorde an Deportierten berichtet auch Scheubner-Richter:
Kurze Zeit darauf gibt Scheubner-Richter erste Schätzungen von Opfern:
Diese ihm offensichtlich von der Regierung mitgeteilte Zahl korrigierte Scheubner-Richter später:
Wangenheim meldet nach Berlin:
Die für die Armenier lethale Strecke führte durch die Kemagh-Schlucht des Euphrats südlich von Ersindjan. Scheubner-Richter meldet:
Der ebenfalls in Erzerum stationierte deutsche Oberstleutnant Stange prä zisiert:
Auch an Nebenflüssen des Euphrats fanden Massenmorde statt. Ein Augenzeuge berichtete Rößler:
Mehrmals berichten die deutschen Zeugen von Leichen armenischer Deportierter auf dem Euphrat; Konsul Rößler:
Ein Augenzeuge:
In einem weiteren Bericht schreibt Rößler:
Botschafter Hohenlohe schreibt nach Berlin, nach Recherchen des Armenisch-Katholischen Patriarchat seien
Vom Sterben auf den Deportationsstraßen künden auch die Beseitigungen der Leichen. Ein Österreicher bekundet:
Konsul Rößler berichtet aus Aleppo:
Von einer Reise berichtet Rößler:
Nach neueren Berichten, so Rößler ein andermal, könne kein Zweifel sein,
Exkurs: Das Schicksal der Katholiken und Protestanten:

Das Interesse der deutschen Christen an den Armeniern galt insbesonders den Glaubensbrüdern der jeweiligen Kirchen – den Protestanten und Katholiken. Für sie versuchten auch die deutschen Diplomaten, oft auf besonderen Druck konfessioneller Gruppen in Deutschland, Ausnahmeregelungen herauszuholen. Zwar wurden den Deutschen für die katholischen und protestantischen Armenier Ausnahmen von Deportationen zugesagt, dann aber doch nicht eingehalten. Konsul Rößler meldet:


Botschafter Hohenlohe-Langenburg meldet nach Berlin:
Konsul Rößler berichtet aus Aleppo:
Der für kurze Zeit nach Konstantinopel abgestellte Legationsrat Gö ppert meldet seinen Vorgesetzten in Berlin:
Konsul Rößler:
Der für die armenischen Angelegenheiten in der Botschaft zuständige Generalkonsul Mordtmann zitiert aus einem Brief des Deutschen Willy Seeger in Konia:
Der katholische Zentrumspolitiker und Reichstagsabgeordnete Matthias Erzberger versuchte mehrmals, für die katholischen Armenier tätig zu werden. Dem deutschen Pfarrer Straubinger, berichtete Erzberger, habe der Vertreter des Vatikans in Konstantinopel, Monsignore Dolci, versichert,
Auch dem Botschafter Wolff-Metternich gegenüber versicherte Talaat Pascha,
Vize-Konsul Hoffmann berichtet daraufhin aus Aleppo:
Für einige Armenier nicht-gregorianischen Glaubens schien sich eine neue Möglichkeit aufzutun, nachdem Marineminister Djemal Pascha sich für sie einsetzte. Konsul Rößler:
Doch Zentrumspolitiker Matthias Erzberger stellt in einem Memorandum fest:
Von gelegentlichen Erfolgen spricht Botschafter Wolff-Metternich:
Wenige Wochen später muß Wolff-Metternich wieder einschränken:
Die türkischen Verantwortlichen machten keinen Unterschied zwischen den verschiedenen Konfessionen der Armenier. Ernst I. Christoffel, der Vorsteher des Blindenheims Malatia, zog eine düstere Bilanz für die protestantischen und katholischen Armenier:
Eine kleine Gemeinde katholischer Armenier konnte sich in Angora, der heutigen Hauptstadt Ankara halten. Möglicherweise ging das auf die Interventionen des katholischen Feldgeistlichen in Angora, Dr. David, zurück, der an den einflußreichen Zentrumspolitiker Erzberger berichtet hatte, es fä nden
Staatssekretär Zimmermann bat daraufhin die Botschaft,
Der Botschafter in außerordentlicher Mission in Konstantinopel Kü hlmann rückmeldete aufgrund eigener Recherchen, die Regierung sei
(V) Von den Sammelstellen zu den Todeslagern

1) Die Sammelstellen

Es gab nach den deutschen Berichten mehrere Sammelstellen für die deportierten Armenier. Über einige von ihnen berichtet Vize-Konsul Hoffmann von Alexandrette im Oktober 1915, nachdem er Rößler in Aleppo vertreten hatte und sich dort eine guten Überblick verschafft hatte, denn, so Hoffmann,


Diese Lage änderte sich auch in den beiden Folgemonaten noch nicht grundlegend, doch deutete Rößler an, daß die Konzentrationslager nur eine Übergangslösung waren:
Das wichtigste Sammel-Lager war lange Zeit zweifellos Aleppo selbst. Bereits im Juli berichtete Konsul Rößler:
Über neue Züge berichtet Rößler zwei Monate später:
Dann brach der Zug der Deportierten durch Aleppo ab. Vize-Konsul Hoffmann meldet, die türkischen Behörden seien sich
Konsul Rößler berichtete auch über andere Lager, so über Katma:
Vom Sammellager Islahiye wußte Rößler zu berichten:
2) Die Todeszüge entlang des Euphrats

a) Siedlungsansätze

Offensichtlich gab es in den ersten Wochen der Deportationen noch Ansätze, die Armenier anzusiedeln, wenn auch verstreut in muslimischen Dörfern. So berichtet Rößler aus Aleppo:


Botschafter Wangenheim bestätigt die Meldung seines Konsuls:
Über das weitere Schicksal dieser anfänglich Angesiedelten ist wenig in den deutschen Quellen zu finden. Im Frühjahr 1916 berichtete die deutsche Schwester Paula Schäfer aus ihrem Tätigkeitsfeld:
Andere frühe Ansiedlungsversuche und die Folge beschreibt Röß ler:
Über weitere Fälle aus der Umgebung von Aleppo weiß Rö ßler zu berichten:
Über eine vergleichsweise bedeutende Ansiedlung in Sabcha berichtet ein von Rößler nach Deir-es-Zor geschickter Deutscher:
Sabcha war allenfalls ein Ansiedlungsversuch, der schon bald wieder aufgegeben wurde. Vize-Konsul Hoffmann zitiert nicht einmal ein Jahr später einen deutschen Offizier, der die Euphrat-Strecke seit langem befährt und gut kennt:
b) Die Todesmärsche in den Süden und Südosten

Hinter Aleppo und östlich der Provinzhauptstadt teilten sich die Flü chtlingsströme. Während ein kleinerer Teil der deportierten Armenier in Richtung Palästina weitergetrieben wurde, lenkten die Verantwortlichen für den Völkermord den größeren entlang des Euphrats (erst durch Aleppo, später an Aleppo vorbei über Bab und Meskene) nach Deir-es-Zor und auch weiter Richtung Bagdad sowie Mossul ferner über Tell Abiad und Ras ul Ain nach Mossul. Vize-Konsul Hoffmann beschreibt die Wege:


Aus Palästina liegen den Deutschen nur wenige Berichte vor – auch, weil nur ein kleinerer Teil der Armenier in den direkten Süden Aleppos deportiert worden waren. Immerhin geben die von den deutschen Konsulate angegebenen Zahlen Ausschluß:
Das Konsulat Damaskus meldet an die Botschaft:
Konsul Loytved Hardegg in Damaskus berichtet über ein Gespräch mit dem für die Armenier zuständigen Kommissar Hussein Kasim Bey:
Der Generalkonsul in Jerusalem wiederum berichtet nach einem Besuch des Patriarchen:
Über die Nöte dieser Deportierten berichtete einmal mehr Schwester Beatrice Rohner:
Ähnliche Meldungen bekam Beatrice Rohner aus Hama. Ein Prediger habe ihr geschrieben:
Konsul Loytved-Hardegg aus Damaskus gibt einen letzten Überblick über die deportierten Armenier in seinem Arbeitsgebiet:
Über die Transporte nach Tell Abiad und nach Ras ul Ain schreibt Vize-Konsul Hoffmann:
Der deutsche Ingenieur Bastendorff über Ras ul Ain:
Der Konsulatsmitarbeiter Lechnig berichtet über das Lager Tel Abiad:
Die wahre Strecke des Grauens ist jedoch die Euphrat-Strecke nach Deir-es-Zor. Von dort berichtet Vizekonsul Holstein:
Rößler berichtet, die Regierung habe angeordnet,
In einem der ersten Berichte über die Todesstrecken schreibt Röß ;ler:
Ein von Rößler nach Deir-es-Zor geschickter Deutscher berichtet über Deportationsstrecke:
Rößler:
Der deutsche Konsul Wilhelm Litten war von Bagdad nach Aleppo gereist und beschreibt den Weg in umgekehrter Richtung der Deportationszüge:
Der einzige deutsche Konsul, der diese Todesstrecke am Euphrat abfuhr, schließt seine Beobachtungen so:
Konsul Rößler:
Schwester Beatrice Rohner:
Beatrice Rohner entnahm aus einem Brief,
Prediger Wartan Yeramaie, berichtet Beatrice Rohner, habe aus Haman geschrieben:
Das Konsulat Mossul berichtet:
Rößler:
Der armenische Prediger Vartan Geranian berichtet Schwester Rohner aus Hamam:
Vize-Konsul Hoffmann zitiert einen deutschen Offizier, der die Euphrat-Strecke seit langem befährt und gut kennt:
Vize-Konsul Hoffmann gibt die Bewertung eines Deutschen wieder, der alle Lager besuchte:
Auch nach dem praktischen Ende der Deportationen Anfang 1917 berichtet Rö ßler:
Rößler schreibt, ein Vertreter des amerikanischen Konsulats habe in Rakka
Der größte Ort an der Todesstraße und einige zeitlang Siedlungsplatz ist Deir-es-Zor . Schon im Juli 1915 berichtet Rößler über eine Konzentration von armenischen Deportierten in der Wüstenstadt:
Ein von Rößler nach Deir-es-Zor geschickter Deutscher berichtet über den Ort:
Konsul Wilhelm Litten berichtet über Deir-es-Zor:
Konsul Rößler meldet:
Ein Vierteljahr später berichtet Rößler:
Die Armenierin Araxia Djibedjian schreibt aus Deir-es-Zor in einem Brief an Beatrice Rohner:
Vize-Konsul Hoffmann zitiert einen deutschen Offizier, der die Euphrat-Strecke seit langem befährt und gut kennt:
Vize-Konsul Hoffmann gibt die Bewertung eines Deutschen wieder, der alle Lager besuchte:
c) Vernichtungsaktionen

Der Fluß Chabur, der südöstliche von Deir-es-Zor in den Euphrat fließt, sollte in der Tat zu einer der grausigsten Todesstätten für die deportierten und bis dahin überlebenden Armenier werden. Aber er war nicht der einzige Ort des Grauens.

Ein anderer war Tell Ermen , über dessen Schicksal Botschafter Wangenheim schon im Juli 1915 berichtet:


Vize-Konsul Hoffmann trägt Beobachtungen seines Kollegen Holstein bei, der berichtet habe, in
Es war nicht die einzige Entdeckung Holsteins auf seiner Fahrt nach Aleppo. Vize-Konsul Hoffmann schreibt:
Konsul Rößler berichtet über ein anderes Massaker nicht weit entfernt von Tell Ermen:
Eine Meldung Rößlers läßt erahnen, wie es in anderen Deportationsorten am mörderischen Euphrat zugegangen ist:
Vize-Konsul Hoffmann erfuhr über die in Deir-es-Zor gestrandeten Armenier:
Ein späte Bestätigung konnte Rößler beschaffen. Seinen Chefs übermittelt er

Kapitel 3: Vorwände zum Völkermord und Abwehrkämpfe

Die Vernichtung der christlichen Minderheiten, in Sonderheit der Armenier, offen als politisches Ziel zu propagieren, war auch im relativ abgeschlossenen Osmanischen Reich schwer möglich. So mußte die Regierung sowohl der eigenen Bevölkerung wie auch den Verbündeten gegenüber wirkliche oder vermeintliche Gründe nennen, die ein scharfes Vorgehen gegen die Armenier zu rechtfertigen schienen. Und eindeutige Abwehrkämpfe der Armenier mußten in Aufstände umgedeutet werden, um nachträ gliche Belege für die angeblich verräterische Gesinnung der Armenier zu liefern.

(I) Die Vorwände

Die türkischen Anschuldigungen in Sachen Landesverrat folgte zwei Argumentationslinien: Einmal hätten die Armenier Sympathien für die gegnerische Entente gezeigt, zum anderen eine Verschwörung gegen den Staat vorbereitet und durchgeführt. Zwischen beiden Linien versuchte das jungtürkische Regime eine Kausalität herzustellen.

(1) Sympathien für die Entente

In ihrer Mehrzahl, das sahen auch die deutschen Diplomaten so, hegten die Armenier weitaus mehr Sympathien für die Staaten der Entente - England, Frankreich und Rußland – den Kriegsgegnern der Türkei und Deutschlands also, als für die autoritären Regime, mit denen die Türkei verbündet war. Dafür gab es eine Reihe historischer Gründe, allen voran natürlich den, daß England und Frankreich eine Demokratie symbolisierten , die bei den Armeniern hoch im Kurs stand, besonders von den Deutschen jedoch verachtet war. Dazu gibt es in den Akten einen Beleg, der fast schon belustigend ist.

Botschafter Wolff-Metternich beschreibt in einem langen Bericht das Funktionieren des Großen Volksrats der Armenier und bemerkt zu dessen Verfassung:


Das Prädikat „ultrademokratisch“ war, der Zeit im damaligen Kaiserreich gemäß, höchst tadelnd gemeint. Denn diesem Charakterzug der gregorianischen Armenier stellten die Deutschen die lobenswerten Eigenschaften der von ihnen zum Protestantismus und Katholizismus konvertierten Armenier gegenüber, die, wie es sich gehört, obrigkeitshörig seien. Deshalb stellt Wolff-Metternich in den folgenden Passagen auch fest:
Die Unterstützung der Pforte, der osmanischen Regierung, hatte ihren Ursprung darin, daß die Jungtürken einst als glühende Anhä nger der Französischen Revolution ausgezogen waren, eine Demokratie westlichen Zuschnitts in der Türkei einzuführen. Nach franzö sischem Vorbild hieß die Einheitspartei der Jungtürken „Union für Einheit und Fortschritt“, die in „Komitees“ gegliedert war, in denen nicht selten Französisch gesprochen wurde. Diese Sympathien teilten die Jungtürken mit der Mehrzahl der Armenier. Einen Einfluß der Franzosen besonders im Bildungswesen stellte auch der deutsche Vize-Konsul in Erzerum, Scheubner-Richter, fest:
Während die Armenier an ihren pro-französischen Sympathien festhielten, führte die pro-französische Einstellung der jungtü rkischen Komitee-Mitglieder nunmehr im Krieg mit dem einstigen ideologischen Mutterland zu einigen Problemen - und war eine der Ursachen für die auch von den deutschen Beobachtern festgestellten Verachtung gegenüber dem deutschen Kaiserreich.

Vize-Konsul Scheubner-Richter spricht in einem Bericht über den


Der Direktor und Stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Hülfsbundes für christliches Liebeswerk im Orient, Friedrich Schuchardt schreibt:
Auch wenn Jungtürken und frankophile Armenier eine Zeitlang ähnliche politische Ziele verfolgten, im Krieg drehten die Jungtürken den Armeniern einen Strick aus der Vorliebe für die Entente, die armenische Gesprä chspartner auch gegenüber den Deutschen versuchten herunterzuspielen. Über die Einstellung der Armenier zu den Ententemächten sprach der armenische Patriarch Zaven mit dem deutschen Botschafter in Konstantinopel, Hans Freiherr von Wangenheim. Der berichtet:
Konsul Büge aus Adana habe gar Verständnis für die Armenier gezeigt und die Einschätzung gegeben, so Wangenheim in seinem Bericht, daß
Patriarch Zaven versuchte den Einfluß der Ententemächte zu differenzieren und zu deuten. Wangenheim über das Gespräch mit ihm:
Djelal Bey, der Vali von Aleppo, habe ihm mitgeteilt, berichtete Konsul Rößler aus Aleppo,
Vize-Konsul Scheubner-Richter beurteilte diese Sympathien wenig dramatisch, wenn er schreibt, daß die türkischen Armenier in Rußland seit jeher „ihren natürlichen Beschützer“ gesehen hätten. Auch habe Rußland
Konsul Bergfeld berichtet aus Trapezunt:
Sympathien freilich bedeuten noch nicht Sezession. Der deutsche Journalist von Tyszka:
Diese sachlichen Einschätzungen der deutschen Diplomaten und Beobachter kontrastieren mit den - freilich eher für den öffentlichen Gebrauch bestimmten – Erklärungen der Spitze des Auswärtigen Amts im Parlamentsausschuß, in denen deutsche Politiker nur Geld und Spionage als Beweggründe gelten ließen, wie es allerdings für die damalige Zeit insgesamt nicht untypisch war. Unterstaatssekretär Zimmermann hatte auf der 86. Sitzung des Reichshaushaltsausschusses am 29. September 1916 den deutschen Volksvertretern gegenüber argumentiert:
(2) Verrats-Vorwurf gegen die Armenier

Zimmermanns Aussagen zeigten die Richtung, in der die Jungtürken – aber auch das offizielle Deutschland - die Deportationen zu rechtfertigen versuchten: Türkische Armenier hätten Aufstandpläne geschmiedet, sich Waffen besorgt, Telegraphendrähte durchschnitten und sich auf die Seite der Feinde geschlagen - kurz, sie hätten ihr Vaterland verraten und sich gegen das Osmanische Reich erhoben. Schon bald war dann nicht mehr von aufständischen Armeniern die Rede, sondern davon, daß das ganze armenische Volk sich gegen die Türken erhoben habe. Auffallend dabei ist, daß diese Verrats-Vorwürfe nahezu ausschließlich von offiziellen türkischer und deutscher Seite vorgebracht werden, die Beobachter vor Ort aber in der Regel zu ganz anderen Ergebnissen kommen. Zu den Warnern gehörten anfangs auch deutsche Konsuln, allerdings zeigen ihre Aussagen, daß sie kaum Beweise vorbringen, sondern nur türkische Anschuldigungen weitergeben.

Schon vor den Ereignisse in Wan gab es Aufstandsmeldungen oder Aufstandsbefürchtungen . Nach der Beschießung Trapezunts durch die russische Flotte berichtet Konsul Bergfeldt:


Botschafter Wangenheim meldet nach Berlin, ohne sich dabei auf Berichte seiner Konsuln zu stützen:
Bei seiner nächsten Aufstandmeldung gibt Wangenheim offen seine Quellen an:
Einige Monate später berichtet Wangenheim erneut aufgrund eindeutig nur türkischer Quellen, die Armenier würden

beschuldigt, dass sie mit den Reichsfeinden sympathisieren, mit ihnen hochverräterische Verbindungen unterhalten und an einzelnen Orten sich offen gegen die Landesbehörden aufgelehnt haben. [1915-04-15-DE-002]

Ferner, so Botschafter Wangenheim erneut anonym, würde behauptet,


Aus Erzerum meldet Scheubner-Richter mit klarer Quellenangabe, der Vali glaube
Nicht aufgrund deutscher, sondern offensichtlich türkische oder parteiischer Angaben meldet Wangenheim, es
Nur in einer Meldung spricht Scheubner-Richter von Waffenansammlungen, die einem Aufstand, den er mit einem „wohl“ einschränkt, hätten dienen können:
Daß die Meldungen über drohende Aufstände und Verrätereien der Armenier eindeutig von türkischen Seite stammen, belegen zwei Berichte der Botschaft Konstantinopel. Nach einer Unterredung mit Innenminister Talaat notierte der in der deutschen Botschaft mit den Angelegenheiten der Armenier betraute Generalkonsul Mordtmann:
Genau die gleichen Anschuldigungen erhob Kriegsminister Enver Wangenheim gegenüber. Der berichtete dem Auswärtigen Amt:
Diese Version verbreiteten die türkischen Stellen offenbar landweit. Aus Samsun berichtet Deutschlands Vertreter Kuckhoff – ein Wahl-Vize-Konsul, der die Regeln seiner Zunft nur mangelhaft beherrschte – ohne jegliche Beobachtung aus seinem Amtsbezirk, also von reinem Hörensagen:
Wangenheim schwächt denn auch den Bericht seines Konsuls ab und folgert aus ihm,
Wie weit die Fantasien der türkischen Informanten gingen und die Bereitschaft der Deutschen, sie ernst zu nehmen - oder ihre Komplizenschaft -, demonstriert der deutsche Marineattaché Hans Humann, der nach einem Gespräch mit seinem Duz-Freund Enver meldet:
Nur einmal berichtet ein deutscher Offizier - Oberstleutnant Stange – über Spionagefälle, die auch er allerdings nicht selbst erlebte hatte:
Botschafter Paul Graf Wolff-Metternich berichtet Ende 1915 erstmals, daß die türkische Regierung eindeutig alle Armenier zu „bestrafen“, das heißt zu deportieren und zu vernichten gedenke, und nicht nur die wirklichen oder angeblich Schuldigen. Auch er nennt seine Quelle – den Großwesir -, der ihm gesagt habe:
Den gleichen Tenor hatten Aussagen des Innenministers Talaat Pascha, die Wolff-Metternich wiedergibt:
Konsul Rößler berichtet, der Mutessarif von Marasch habe einer deutschen Schwester gesagt:
Dazu erklärt Rößler, in Aleppo
Es liegt fast in der Logik der Sache, daß auch der oberste Vertreter des deutschen Auswärtigen Amt, Arthur Zimmermann, auf der 86. Sitzung des Reichshaushaltsausschusses am 29. September 1916 die quasi-offizielle Version wiedergibt:
Abschließend war es erneut einer der jungtürkischen Staatsfü hrer, Djemal Pascha, der in einem Gespräch mit Vertretern deutscher Christen in Berlin beteuerte, den Armeniern
Keines dieser türkisch-deutschen Statements einer armenischen Gefä hrdung des osmanischen Staates wird von den deutschen Beobachtern vor Ort gedeckt. Ihre Aussagen sind eindeutig: Es gab in den jeweiligen Amtsbezirken der deutschen Konsuln keinen Aufstand der Armenier gegen das Osmanische Reich , der diese Bezeichnung verdient hätte. Wenn von Aufständen oder vor allem einem Aufstand die Rede war, dann von dem in Van, den kein deutscher Diplomat selbst beobachten und damit bezeugen konnte, weil es keinen Konsul dort gab. Und das galt auch von Bitlis und Musch, die in einigen Dokumenten als Aufstand-Städte vorkommen. Die Feststellungen der Beobachter basieren auf allgemeinen Einschätzungen aufgrund ihrer intimen Kenntnisse und gehen bis zu detaillierten Nachforschungen, soweit es sich um örtliche Anschuldigungen handelt.

Vize-Konsul Hoffmann berichtet aus Alexandrette, dem heutigen Iskenderun:


Botschafter Wangenheim schreibt anhand der Berichte seiner Konsuln:
Der für die armenischen Angelegenheiten zuständige Johann Mordtmann referiert eine Unterredung mit dem in Erzerum stationierten deutschen General Posseldt, der
Vize-Konsul Scheubner-Richter berichtet aus Erzerum über die Ausweisungen:
Der Leiter des Waisenhauses, Johannes Ehmann, berichtet aus Kharput (in Abwesenheit eines deutschen Konsuln) über die Lage und stellt fest, daß
Auch der Vali von Mamuret ul Aziz, so Ehmann, sei
In einem weiteren Schreiben bemerkt Scheubner-Richter,
In demselben Bericht schreibt Scheubner-Richter:
Und wieder einen Tag später gibt der Vize-Konsul seinen Eindruck aus Erzerum wieder:
Drei Monate später schreibt Scheubner-Richter, es seien in seinem Amtsbezirk
Der in Erzerum stationierte Oberstleutnant Stange sekundiert. Die armenische Bevölkerung habe sich
Auch Wangenheim beruft sich auf türkische Quellen, die aus Van berichten:
Über Bombenfunde notierte Mordtmann nach einem Gespräch mit dem armenischen Patriarchen, in Everek bei Kaisarie
Wangenheim meldet aufgrund türkischer Quellen
Und zwei Tage später:
Ende Mai meldet Wangenheim nach Berlin:
Diese Behauptung konnte sein Konsul in Erzerum nachprüfen und berichtet darüber:
Offensichtlich hatten einige Armenier auch Bomben versteckt, zum Aufstand taugten diese kaum. Wie überhaupt die Waffenfunde bei den Armeniern wenig belegen. Der deutsche Journalist von Tyszka schreibt nach Recherchen in Konstantinopel:
Botschafter Kühlmann in einem späteren Bericht über Bombenfunde:
Wenn sich Verschwörungsvorwürfe auf Ereignisse bezogen, die in den Amtsbezirken deutscher Konsuln lagen, konnten die den Beschuldigungen nachgehen. Das tat Rößler im Falle einer von den Türken behaupteten Verbindung zwischen den Armeniern Dörtjols und Zeituns:
Einen anderen Fall konnte der in Alexandrette ansässige Vize-Konsul Hoffmann aufklären:
Viele Eindrücke der deutschen Diplomaten und Beobachter vor Ort sowie ihre Erfahrung mit dem türkischen Verbündeten führten denn auch dazu, daß sie in ihren Zusammenfassungen ziemlich einhellig zu dem Schluß kamen, daß an den türkischen Verschwörungstheorien wenig oder nichts dran ist. Scheubner-Richter schreibt:
Die deutschen protestantischen Christen in einer Eingabe an den Reichskanzler:
Vize-Konsul Hoffmann:
(II) Die Abwehrkämpfe

Wenn deutsche Beobachter an wirkliche oder angebliche Aufstände dachten, nannten sie immer wieder nur den von ihnen nicht recherchierbaren Fall Van – zweifellos ein Erfolg der türkischen Überzeugungsarbeit - , aber sie erkannten auch, daß es den Armeniern bei bewaffneten Auseinandersetzungen in der Regel lediglich darum ging, sich gegen die drohende Vernichtung zu schützen. Scheubner-Richter:


Gut ein Jahr später hatte der deutsche Vize-Konsul als Anführer eines Militärzugs, dem deutsche und türkische Offiziere sowie Mannschaften angehörten, bei einem Ritt durch den Osten Anatoliens selbst miterlebt, wie Aufstände in Wirklichkeit entstanden. Scheubner-Richter berichtet über einen Befehl,
In richtiger Erkennung von Ursache und Wirkung berichtet auch Wangenheim-Vertreter und Botschafter in außerordentlicher Mission, Fü ;rst Hohenlohe-Langenburg über militärische Handlungen von Armeniern:
Aus ihren Arbeitsbereichen berichten Rößler und Hoffmann über die angeblichen Aufstände von Armeniern. Rößler:
Über Fundadjak befindet sich in den von Lepsius ausgewählten Papieren kaum etwas, und auch diese Hinweise waren in der Veröffentlichung gestrichen worden. Der einzige Bericht ist jener von der deutschen Schwester Paula Schäfer, die in Marasch tätig war und von dort berichtet:
Über Suediye , dessen Abwehrkampf den deutschen Dichter Franz Werfel zu seinem Armenier-Roman „Die vierzig Tage des Musa Dagh“ animierten, schreibt Rößler selbst:
Von den drei Abwehrkämpfen am besten mit deutschen Akten belegt sind die Ereignisse in Urfa. Vizekonsul Hoffmann berichtet:
Kurze Zeit später schildert Rößler ausführlich den Hergang in Urfa und kommentiert:
Besonders empört reagierte Rößler auf den Bericht der „ Norddeutschen Allgemeinen“, die die türkische Version des Aufstand in Urfa wiedergab und zum Teil völlig unwahre Behauptungen enthielt. Den Ausschlag zum Kampf, so Rößler, hatte gegeben, daß die Armenier
Die „Norddeutsche Zeitung“ war das halbamtliche Organ der deutschen Regierung und spiegelte ziemlich genau wider, welche Politik Deutschland offiziell vertrat. Diese Politik kommt in den von Lepsius ausgewählten Dokumenten vor allem im Rechenschaftsbericht des AA-Chefs Zimmermanns vor. Dieser hatte in einer Aufzeichnung für ein Gespräch mit der Groß ;herzogin von Baden Ende September 1916 notiert:
Mit den Berichten der deutschen Vertreter in der Provinz konnte diese Meinung nicht untermauert werden, wohl aber mit denen eines Paradiesvogels, des von seinen Konsul-Kollegen in der Türkei nur belächelten Ministerresidenten und Leiters der ”Nachrichtenstelle für den Orient”, Baron Max von Oppenheim . Der hatte so wenig Ahnung vom Orient wie großen Einfluß in Berlin, besonders beim Kaiser. Aber auch die Botschafter in Konstantinopel gaben manchmal seine Meinung wieder. So der Wangenheim-Nachfolger Freiherr von Neurath. Der hatte berichtet:
Oppenheim war es, der aus dem als Verräter gebrandmarkten Armenier Torosoglu Agop gleich drei Verräter machte: Toros, Oglu und Agop. Er war es, der behauptete, armenische Verräter hätten in Alexandrette Eisenbahnzüge zum Entgleisen gebracht, was in Wahrheit ein britischer Kreuzer selbst besorgte ohne jedwede Mithilfe von Armenier. ”Bei einer vorübergehenden feindlichen Landung, die zur Zerstörung der Bahnlinie von Alexandrette führte, waren zweifellos Spionen- und andere Dienste geleistet worden“, hatte Oppenheimer gemeldet, worauf Konsul Hoffmann spöttisch anmerkte:
Vize-Konsul Hoffmann weiter über die Fabelkünste des Barons:
Während Oppenheim aus höchst dubiosen Quellen schöpfte, war Konsul Rößler über die Ereignisse in Urfa bestens unterrichtet, besonders durch die Informationen des in Urfa tätigen Schweizer Diakons Künzler, die er einem seiner Schreiben beilegt:
Einen abschließenden Kommentar über die angeblichen Verschwö rungen im Mittelmeerbereich gibt Vize-Konsul Hoffmann aus Alexandrette:

Kapitel 4: Die Politik der Endlösung

Deutschland war der engsten Verbündete des Osmanischen Reichs. Der fast tägliche Kontakt deutscher Diplomaten mit türkischen Gesprä chspartnern führte zu einer Reihe von Hinweisen über die wirklichen Gründe der Jungtürken, die Armenier als Nation zu vernichten, und über ihre Motive. Ihnen blieb auch nicht verborgen, daß die jungtürkische Führung Anstrengungen unternahm, die Tatsache eines beabsichtigten Völkermords zu vertuschen – durch Gegenbefehle, die offensichtlich nur Täuschungscharakter hatten bis zur schlichten Leugnung des Genozids.

(I) Der Konfrontationskurs

Wann in der türkischen Führung die Entscheidung über den Vö lkermord an den Armeniern gefallen ist, geht aus den deutschen diplomatischen Quellen nicht hervor. Die Wende zu einer ultranationalistischen Politik hingegen zeichneten die deutschen Quellen nach.

1) Die Politik der Jungtürken

Nach außen hin war der Bruch von der Gemeinsamkeit mit armenischen Politikern zu ihrer Verfolgung und Ermordung durch die Aufgabe von Reformen für die armenischen Provinzen gekennzeichnet, wie sie die Großmä ;chte, allen voran Rußland und Deutschland, in den Botschaftsgesprä chen in Konstantinopel ausgearbeitet hatten. Diese Reformen sollten den Armeniern gewisse Autonomierechte geben und damit einen Schutz vor Willkü rakten der türkischen Verwaltung, wie sie in der Vergangenheit üblich waren. Die Kündigung des Vertrags mit den als Generalinspektoren für die armenischen Provinzen vorgesehenen Politikern Hoff und Westenenk kennzeichnet Botschafter Hans Freiherr von Wangenheim


Gegenüber dem ersten Dragoman der deutschen Botschaft begründete Innenminister Talaat Pascha die Verhaftungen am 24. und 25. April wie folgt:
der für die Armenier-Berichterstattung abgestellte Generalkonsul Mordtmann berichtet nach einem Gespräch mit dem Innenminister, Talaat
In einem weiteren Gespräch mit Mordtmann sagte Talaat:
Dem deutschen Journalist von Tyszka fiel besonders die Art und Weise auf, mit der die jungtürkischen Machthaber ihr ultranationalistisches Ziel verfolgten. Er schreibt:
Über den Schwenk in der Führungsetage der Jungtürken vom Zusammenleben mit den Minderheiten zu ihrer Vernichtung berichtete die tü rkische Zeitung "Taswiri Efkiar" im Oktober 1916. Der Geschä ftsträger in Konstantinopel, Legationsrat Radowitz, kommentiert, dieser Artikel komme zu dem Schluß
Die Teswiri Efkiar vom 7. Oktober 1916 No.1886 verlangt, die Türkei mü ;sse
Die typischer und ihrem Zynismus kaum zu überbietende Schluß folgerung der nationalistischen Zeitung in :
Vize-Konsul Max Erwin von Scheubner-Richter, der nicht nur in Erzerum Zeuge der Deportationen wurde, sondern auch genau die Meinung der dort ansässigen prominenten Befürworter und Organisatoren des Völkermord kannte, faßt seine Eindrücke in einem umfangreichen Bericht zusammen:
Scheubner-Richter weiter über die Motive der jungtürkischen Verantwortlichen des Völkermords:
Scheubner-Richter war überzeugt, daß nicht nur die Vernichtung der Armenier auf dem Programm der jungtürkischen Scharfmacher stand. In seinem Bericht schreibt er:
Daß die nationalistische Linie der Jungtürken die Politik gegenü ;ber den Armeniern bestimmt habe, ist der Umkehrschluß aus einem Bericht des Botschafters in außerordentlicher Mission, Richard von Kühlmann, der nach der Bestellung Talaats zum Großwesir schreibt, es
Auch AA-Staatssekretär Zimmermanns mußte in einer Aufzeichnung für ein Gespräch mit der Großherzogin von Baden Ende September 1916 eine Schuld der Jungtürken einräumen:
2) Die Rolle der türkischen Militärs

Die Deportation und weitgehende Vernichtung der Armenier war mö glicherweise von den Jungtürken beschlossen, aber auch die türkischen Militärs unterstützten sie, wenn sie nicht sogar, so für die Region von Erzerum, mit die Urheber waren. Zwar begründeten auch sie teilweise die Deportationen mit militärischen Notwendigkeiten, gingen aber weit über die notwendigen Schritte hinaus bis zur offenen Propagierung der Vernichtung der Armenier. Weil Erzerum eines der wichtigsten, wenn nicht das wichtigste regionale Zentrum der Völkermörder war, gehen die deutschen diplomatischen Berichte über die Rolle der Militärs anfangs auf den Verweser und Vize-Konsul Max Erwin von Scheubner-Richter zurück, der, da selbst aktiver Offizier, höchst authentisch über die Absichten seiner türkischen Kollegen berichten konnte.

Schon vor dem 24. April meldet Scheubner-Richter aus Erzerum:


Nach dem 24. April spricht er von
Einen Tag später:
Der Vize-Konsul weiterhin:
Knapp einen Monat darauf meldet er:
Scheubner-Richter berichtet, nun habe
Eine Woche später schreibt der deutsche Vize-Konsul, der Vali habe ihm beteuert, daß die Verantwortung für die Deportationen
Daß die Initiative zu den Deportationen von den Militärs ausging, bestätigte auch der in Erzerum stationierte Oberstleutnant Stange. So sei die Räumung der armenischen Dörfer nördlich von Erzerum
Die türkische Armee-Führung war aber auch in anderen Regionen an der Vernichtung der Armenier beteiligt. Vize-Konsul Holstein berichtet aus Mossul:
Und Konsul Rößler berichtet, auch in seinem Amtsbereich Aleppo habe die Armee wohl Deportationen befohlen. Die Armenier Aintabs, schreibt er, seien ausgewiesen worden
Daß auch die höchsten Militärs in Erzerum weiter rigoros die Armenier deportierten, zeigt ein Schreiben des Konsulatssekretärs Werth, der für die von Deutschen angestellten Armenier eine Ausnahme erwirken wollte:
(II) Die Motiv für die Vernichtung der Armenier

1) Bereicherungen

Die Armenier der Türkei galten als arbeitsam und sie galten als reich. Das heizte die Begierde an, sich auf ihre Kosten zu bereichern. Diese Bereicherungen sind ein wenig bekanntes, von den deutschen Beobachtungen aber immer wieder festgestelltes Motiv für die Vernichtung der Armenier.

Ein Augenzeuge hatte Rößler berichtet:


Der Armenier-Spezialist der deutschen Botschaft in Konstantinopel, Johann Mordtmann, nennt in einer Aufzeichnung ganz klar als einen
Immer wieder wurden Deportationszüge geplündert, wofür es Belege in vielen Dokumenten gibt. Hier zwei von ihnen: Ein Augenzeuge berichtete Rößler:
An diesen Bereicherungen nahm die Bevölkerung der Regionen teil, durch die die armenischen Deportierten zogen. Vor allem aber profitierten jene, die die Macht über die Armenier ausübten. Auch hier zwei Beispiele: Der Oberstleutnant Stange berichtet, der
Auf Intervention des deutschen Bagdadbahn-Beamte Bastendorff konnten zwei armenische Angestellte auf ihren Arbeitsplatz zurückkehren:
In den von den Armeniern verlassenen Orten bediente sich die Bevölkerung selbst. Die Frau des Waisenhausleiters in Kharput, Ehmann, schreibt,
Vor allem aber profitierten jene von dem Verschwinden der Armenier, die die Deportationen veranlaßten und durchführten. Das galt schon für Armenier, die vor den großen Deportationen ihre Wohnorte verlassen mußten. Der deutsche Missionar Blank berichtet über die Deportierten von Zeitun:

Unter den Angekommenen war kein einziger von denen dabei, die sich gegen die Regierung auflehnten, sondern es waren alles von den besseren, vermögenden Leuten. ... Es waren Leute darunter die alles taten, um den Willen der Regierung zu erfüllen und dennoch müssen sie in die Verbannung, warum wohl? Weil sie vermögend sind! [1915-05-27-DE-001]

Die größten Reichtümer der deportierten Armenier waren ihre Immobilien und die zurückgelassenen Waren der Händler. Auf sie hatten es besonders die jungtürkischen Enteigner und ihre Helfeshelfer abgesehen. Konsul Bergfeld berichtet aus Trapezunt über die Nachlassenschaften der Armenier, die von der Regierung – vorerst – beschlagnahmt wurden:


Oberstleutnant Stange berichtet davon
Konsul Bergfeld berichtet aus Trapezunt:
Sie hatten sich nicht getäuscht. In seinem nächsten Bericht schreibt Bergfeld:
Bergfeld spricht von der
Niemand in den Ministerien von Konstantinopel plante die Rückgabe von konfiszierten Gütern. Botschafter Wolff-Metternich bat im Innenministerium um die Rückkehr einer bestimmten Gruppe von Armeniern. Seine Gesprä chspartner erklärten ihm:
Türkische Politiker oder der Staat bereicherten sich nicht nur am Nachlaß der Armenier, sondern schröpften auch die Geschä ftspartner der Deportierten. Vize-Konsul Hoffmann spricht von den
Der Direktor der Deutschen Bank kommentiert denn auch spöttisch das „ Loi provisoire“ genannte Liquidationsgesetzt, nach dem die Nachlässe der vertriebenen Armenier geregelt werden:
Konsul Graf Spee berichtet aus Smyrna:
Manchmal half den Armeniern die Geldgier der einheimischen Türken. So vermutet Vize-Konsul Hoffmann, die Armenier von Aleppo hätten ihre weitgehende Verschonung bis zu diesem Zeitpunkt
2) Vernichtungswille der türkischen Hardliner

Mit der Anstachlung zur Bereicherung wäre die Ausschaltung der Armenier im Osmanischen Reich wohl nicht zu bewerkstelligen gewesen. Die Verantwortlichen des Völkermords gingen mehrere Schritte weiter. Sie deportierten und töteten nicht nur die von ihnen des Widerstandes gegen die Staatsgewalt, des Aufruhrs und des Landesverrats Verdächtigten, sondern gingen bis zur Solidarhaft eines ganzen Volkes für eventuelle Verbrechen einzelner.

Konsul Rößler klagte :


Einen Tag später schreibt Rößler:
Vize-Konsul Kuckhoff aus Samsun:
Konsul Rößler schreibt, die türkische Regierung habe
Oberstleutnant Stange empört sich über „die Behörden“, denn sie scheinen
Wie selbstverständlich ordneten politische oder militärische Fü hrer Sippenhaftungen an, bei denen ganze Familien von vermeintlich Schuldigen oder sogar ganze soziale Schichten büßen sollen. Botschafter Neurath zitiert einen Fall, wo er um die Rettung von Armeniern in deutschen Diensten, mithin eines verbündeten bat. Der zuständige türkische General (Fakhri Pascha)
Botschafter Wolff-Metternich sagt über die Reaktionen der wichtigsten Jungtürken:
Innenminister Talaat, so Wolff-Metternich, habe ihm im Gespräch gesagt,
Wolff-Metternich wunderte sich über Talaat und seine Kollegen:
Und:
Selbst in einer höchst offiziellen Antwort der Hohen Pforte auf Eingaben der deutschen Botschaft spricht die türkische Regierung von „Maß ;nahmen gegen die armenische Bevölkerung“ und nicht gegen Verantwortliche für bestimmte Taten:
Ernst I. Christoffel, Vorsteher des Blindenheims Malatia, über das im Osmanischen Reich zumeist „Nation“ genannte das armenische Volk:
Diese armenische „Nation“ war Teil der osmanischen, und der mit Abstand älteste. Schon der türkischen Sultan Abdul Hamid hatte im 19. Jahrhundert seinen Haß auf Armenier auf die ganze Nation gelenkt . Jetzt habe die türkische Regierung, so Vize-Konsul Scheubner-Richter,
Haß auf die Armenier ist ein in den deutschen Quellen immer wieder vorkommender Topoi. Vier Dokumentenstellen mögen ihn exemplarisch belegen.

Ein Augenzeuge berichtete Rößler:


Oberstleutnant Stange berichtet, die Deportation der Armenier von Erzerum sei
Der deutsche Ingenieur Bastendorff beschreibt eine Szene am Bahnhof in Ras-ul-Ain:
An anderer Stelle schreibt Bastendorff:
Auch Unterstaatssekretär Zimmermann mußte zugeben:
Es gibt in den deutschen Berichten deutliche Belege für eine kollektive Tötungsabsicht seitens der türkischen Hardliner. Eine der schärfsten Beobachter des Völkermord, Vize-Konsul Scheubner Richter, spricht in einem seiner Bericht vom :
Er beschreibt in den Akten, wer diese Endlösung anstrebt und wodurch seiner Meinung nach diese Ziel erreicht werden kann: Von den Anhängern des örtlichen Komitees, so Scheubner-Richter
Das Ziel dieser Gruppe sei
Darin bestärkt ihn der ansonst eher vorsichtige Botschafter Wangenheim:
Konsul Rößler aus Aleppo:
Vizekonsul Hoffmann meldet aus Aleppo über 300000 Armenier, die nach Süden deportiert werden:
Der deutsche Ingenieur der Bagdadbahn Bastendorff in einem Bericht für Rößler, den der deutsche Konsul guthieß und nach Berlin weiterschickte:
Rößler berichtet aus Aleppo, wo die Zentrale für die Endlö sung der Armenier befand:
Vize-Konsul Hoffmann präzisiert:
(III) Die Dimension des Völkermords

Belegen schon die Aussagen der deutschen Diplomaten und ihrer Informanten zu den einzelnen Aspekten der Deportationen, daß die Dezimierung beziehungsweise Vernichtung der Armenier im Osmanischen Reich das Hauptziel der Jungtürken ist, so ergeben die Kernzitate auch der deutscher Diplomaten und Beobachter eindeutig, daß es sich nach ihrer Meinung bei den Deportationen um einen Völkermord handelt.

Scheubner-Richter aus Erzerum:


Konsul Bergfeld aus Trapezunt:

Ich teile die Ansicht meiner sämtlichen Kollegen, daß der Transport der Frauen und Kinder ... an Massenmord grenzt. [1915-06-29-DE-017]

Botschafter Wangenheim spricht von


Bergfeld berichtet, daß in seinem Amtsort noch keine Deportationen stattgefunden hätten, allerdings wurden Anzeichen darauf hindeuten,
Vize-Konsul Kuckhoff aus Samsun schreibt:
Ferner spricht er von der
Konsul Rößler schreibt, daß die türkische Regierung
Und noch am gleichen Tag:
Scheubner-Richter berichtet, daß die
Scheubner-Richter spricht von dem Versuch der türkischen Regierung
In einem anderen Dokument legt der deutsche Vize-Konsul von Erzerum dar,
Scheubner-Richter spricht von einer
Der Botschafter in außerordentlicher Mission, Fürst Hohenlohe-Langenburg, schreibt an verschiedene deutsche Konsulate:
In einem Bericht an den Reichskanzler Bethmann Hollweg spricht Botschafter Hohenlohe-Langenburg von der
sowie von
In einem Memorandum teilt die deutsche Botschaft der osmanischen Regierung mit, sie bedaure feststellen zu müssen, daß
Konsul Rößler spricht von der
und schlußfolgert, daß
Die Deutschen Seeger, Biegel und weitere Unterzeichner schreiben:
Oberstleutnant Stange über die Ausweisung der Armenier aus Erzerum, obgleich bekannt war, daß die Deportationswege unsicher waren bzw. dort Mördertrupps auf die Armenier warteten:
Im gleichen Bericht spricht Stange davon, daß
Ferner vermutet Stange, die Regierung wolle nach einem
Hohenlohe-Langenburg zitiert Rößler:
Konsul Rößler in einem Schreiben:
Der für die Türkei verantwortliche Legationsrat im Auswärtigen Amt Frederic Hans von Rosenberg spricht von der
Der deutsche Journalist von Tyszka:
Und:
Und:
In einer Aufzeichnung spricht der für die Türkeipolitik zustä ndige Legationssekretär im Auswärtigen Amt, Rosenberg, von der
Vizekonsul Hoffmann aus Aleppo:
Der deutsche Rot-Kreuz-Arzt Neukirch aus Ersindjan berichtet:
Die deutschen protestantischen Christen in einer Eingabe an den Reichskanzler:
Sie seien davon überzeugt, daß dem armenischen Volk in der Tü rkei
Der Missionsausschuss des Zentralkomitees für die Generalversammlungen der Katholiken Deutschlands spricht von
Außenminister Jagow bittet seinen Botschafter, bei der türkischen Regierung
Botschafter Wolff-Metternich berichtet:
Wolff-Metternich schreibt an Bethmann Hollweg, er habe den Großwesir darauf hingewiesen,
Der Botschafter spricht davon,

daß die Austreibung der Armenier in der Hauptsache beendet ist. [1915-12-27-DE-002]

Vize-Konsul Hoffmann aus Alexandrette:


Diese Verschickung sei, so Hoffmann,
Hoffmann spricht ferner von dem
Der deutsche Konsulatmitarbeiter Lechnig über die Lagerinsassen von Tell Abiad, die angeblich nicht weiter deportiert werden konnten, weil Beduinen die Wege belagerten:
Der deutsche Realschullehre in Aleppo, Martin Niepage, spricht von
Seine Kollege und Schuldirektor Eduard Graeter von
Botschafter Wolff-Metternich nennt als
Konsul Rößler spricht von dem
Der Konsul aus Täbris, Wilhelm Litten, schreibt nach einer Reise über die Todesrouten der Armenier:
Der deutsche Reichstagsabgeordnete und spätere Außenminister Matthias Erzberger nach einer Reise nach Konstantinopel:
Konsul Rößler:
Konsul Loytved Hardegg aus Damaskus berichtet über ein Gespräch mit früheren Vali von Saloniki und Aleppo, Hussein Kasim Bey. Der habe die Befürchtung geäußert, daß man die Armenier
Botschafter Wolff-Metternich:
Der deutsche Pfarrer Ernst Jacob Christoffel:
Botschafter Wolff-Metternich über die Zusammenlegung der beiden Katholikosate von Sis und Aghtamar mit den Patriarchaten von Konstantinopel und Jerusalem:
Unterstaatssekretärs Zimmermann spricht in einer Aufzeichnung von
Vize-Konsul Scheubner-Richter resümiert die Deportationen:
Der Botschafter in außerordentlicher Mission in Konstantinopel Kü hlmann spricht von davon,
Schließlich mußte einer der Leiter der deutschen Auß enpolitik, Arthur Zimmermann, in einem Bericht, in dem es ihm vor allem darum ging, die Tragweite der Deportationen herunterzuspielen und jede Anspielung auf einen Völkermord zu vermeiden, zugestehen
(IV) Die Statistiken des Völkermords

Über die Zahl der deportierten und ermordeten Armenier gibt es mehrere Angaben, die sich manchmal nur auf Teilbereiche beziehen. Sie mögen aber einen Eindruck von der Größenordnung geben, den die Beobachter vor Ort gewonnen haben.

Konsul Rößler meldet:


Nach seiner eigenen Rechnung glaubt er bereits Mitte 1915:
Aus Adana berichtet Konsul Büge:
Der deutsche Journalist von Tyszka weigert sich, eine Hochrechnung aufzustellen, denn:
Die deutschen protestantischen Christen hingegen geben in einer Eingabe an den Reichskanzler ihr Schätzung wieder:
Über die Gesamtzahl der Opfer schreiben die protestantischen Christen:
Der Vorsitzende der Deutsch-Armenischen Gesellschaft Johannes Lepsius spricht
Der Reichstagsabgeordnete Matthias Erzberger ließ sich von zwei „ absolut sicheren Vertrauensmännern“ berichten:
Nach den Erhebungen der Schweizer Schwester Rohner rechnet der Geschä ftträger der Botschaft in Konstantinopel, Radowitz, die Gesamtzahl der Opfer hoch und konfrontiert sie mit den Zahlen, die in der Hauptstadt kursierten:
Eine - notgedrungen sehr private - Schätzung gibt der Vorsteher des Blindenheims Malatia, Ernst I. Christoffel:
Der österreichisch-ungarische Vertreter in Tiflis, Georg Freiherr von und zu Franckenstein, hatte eine im Archiv des Auswärtigen Amt dokumentierte Unterredung mit dem Innenminister der Armenischen Republik, Aram Manukian. Franckenstein:
(V) Verschleierung und Leugnung des Völkermords

Bis heute wird der Völkermord an den Armeniern verleugnet, von der betroffenen, der türkischen Regierung, aber auch von Wissenschaftlern. Erleichtert wird den Leugnern des Genozids die Arbeit, zumindest scheinbar erleichtert, durch Befehle und Gegenbefehle der osmanischen Führung, die damit in der Regel die von ihre angeordneten Verbrechen zu vertuschen suchte. Erschwert wird die Bewertung dergleichen Befehle, weil einer der wichtigsten Mitglieder des Triumvirats – der Marineminister und Oberkommandierende der im Süden stationierten 4. Armee, Djemal Pascha, zumindest nach den deutschen Quellen nicht voll hinter der offiziellen Linie stand, die auf die Vernichtung der Armenier ausgerichtet war.

Schon vor dem Beginn der Deportationen im großen Maßstab hatte Djemal Pascha Befehl gegeben, meldet Rößler,


Der französische Text des Djemal-Befehls lautete:
Diese Politik setzte Djemal, wenngleich in abgeschwächter Form, auch später fort. Rößler meldet aus Aleppo:
Von eindeutig anderem Kaliber sind Aussagen und Befehle der jungtürkischen Führung, die angesichts der Berichte der deutschen Beobachter nur als zynisch angesehen bezeichnet werden können.

Armenien-Spezialist Mordtmann notiert nach einem Gespräch mit Talaat:


Konsul Bergfeld berichtet aus Trapezunt:
Das es zumindest zweierlei Befehle gab, die sich gegenseitig ausschlossen, meldet Rößler:
Aus Konstantinopel meldet Botschafter Hohenlohe-Langenburg:
Es ist schon erstaunlich, wie lange die deutschen offiziellen Stellen diesen Gegenbefehlen einen hohen Stellenwert beimaßen. Botschafter Hohenlohe melde erneut Gegenbefehle als scheinbare Konzession, wenngleich schon mit leisem skeptischen Unterton:
Der ”zur kommissarischen Beschäftigung” der Botschaft Konstantinopel zugeteilt Urlaubsvertreter für den Botschafter Kü hlmann, der Legationsrat und vortragender Rat im Berliner Außenamt, Otto Robert Moritz Göppert, sah ebenfalls keine Falle und meldet:
Der Armenien-Experte der Botschaft Mordtmann berichtet:

Auf dem Ministerium des Innern erklärte mir heute Aziz bej, Vertreter des Djanbulad bej folgendes:


Die Deutsche Botschaft Konstantinopel telegraphiert an verschiedene Konsulate:
Noch eine andere Information gab Mordtmann zu den Akten, die er angesichts der Tatsache, daß bei dem zitierten Vorgang völlig wehrlose Armenier schwer gerüsteten Türken gegenüberstanden, von sich aus in Anführungszeichen setzte, nämlich
Mehr an Mißtrauen machte sich bis zu diesem Zeitpunkt in der deutschen Botschaft in Konstantinopel nicht breit. Erst die deutschen Vertreter vor Ort erkannten den wahren Wert dieser Gegenbefehle. Konsul Büge aus Adana rückantwortet:
Erst jetzt erkannte auch Botschafter Hohenlohe die Doppelnatur dieser Befehle und drahtet an das Auswärtige Amt, mehrere Vorfälle stünden
Als Konsul Rößler in Aleppo seinerseits die Doppelbödigkeit von Gegenbefehlen aufzeigte, die erst nach der Deportation der katholischen und protestantischen Armenier erfolgten:
antwortete die Botschaft Konstantinopel ziemlich kleinlaut:
Botschafter Hohenlohe-Langenburg mußte nun auch nach Berlin melden, daß er getäuscht worden sei:
Von Konsul Roessler war zuvor folgendes Telegramm eingegangen:
Erneut mußte Hohenlohe-Langenburg eingestehen:
Wie sehr die für den Völkermord verantwortlichen Türken die Spuren ihrer Taten vernichten wollten, zeigt das Beispiel der Photographierverbote. Konsul Rößler berichtet:
Der türkische Militärkommissar richtete am 10. September 1915 folgendes Schreiben an den Chefingenieur der Bauabteilung III der Bagdadbahn:
Der deutsche Journalist von Tyszka zeigte eine andere Variante der Tä uschungen auf:
Der Botschaftsrat der türkischen Botschaft in Berlin, Edhem Bey, verstieg sich in einem Gespräch mit dem AA- Sachbearbeiter Rosenberg dazu:
Rosenberg hatte die Unterredung mit Edhem ohne kritische Kommentare kommentiert. Botschafter Wangenheim war nach der Ermordung von Armeniern in Djeziré schon vorsichtiger, als er die Antwort Talaats wiedergab, der erklärte habe:
Botschafter Wolff-Metternich hingegen trocken:
Aber gerade die deutschen Diplomaten in Konstantinopel gingen gern auf Beteuerungen der jungtürkischen Führung ein, weil sie darin einen gewissen Erfolg ihrer Bemühungen um Erleichterungen für die Armenier sahen. Selbst der kritische Wolff-Metternich macht da keine Ausnahme:
Auch der Zentrumspolitiker Matthias Erzberger fiel auf die Versprechungen rein. Nach Unterredungen mit Enver und Talaat notiert er:
Das ging dem deutschen Botschafter denn doch zu weit. Wolff-Metternich zum Bericht Erzbergers:
Wolff-Metternich mehrere Wochen später:
Nach der Lektüre einer Statistik der Schwester Beatrice Rohner mußte der Legationsrat Radowitz eingestehen:
Auch der Legationsrat Göppert mußte zugeben, getäuscht worden zu sein:
Der Botschafter in außerordentlicher Mission in Konstantinopel Kü hlmann verfiel nach der praktischen Vernichtung der Armenier erneut in die alte Blauäugigkeit zurück:
Eine Woche steigerte sich Kühlmann zur Wiedergabe einer Äuß erung des frisch ernannten Großwesirs Talaat Pascha, die in ihrem Zynismus kaum zu überbieten ist:
Es waren vor allem die deutschen Diplomaten vor Ort, die Fraktur redeten und sich nicht täuschen ließen. Was sie am meisten empörte, waren die unerhörten Lügen, die die türkische Presse ihren Lesern auftischten, und die von den regierungshörigen deutschen Zeitungen unkommentiert und uneingeschränkt wiedergegeben wurden. Einige dieser Zeitungsberichte kommentiert Vize-Konsul Holstein so:
Zu einer wahren Philippika holte Konsul Rößler aus, um seiner Empörung Luft zu machen, nachdem er in der offiziösen deutschen „ ;Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ eine Erklärung der offiziösen türkischen Nachrichtenagentur „Milli“ gelesen hatte. Rö ßler:

Kapitel 5: Die Verantwortlichen des Völkermords

Wer war die treibende Kraft hinter dem Völkermord an den Armeniern? Die deutschen diplomatischen Quellen gehen nur selten direkt auf diese Frage ein. Aber es gibt eine Reihe von Hinweisen, manchmal versteckt, die zeigen, wen die deutschen Beobachter als die Urheber der Deportationen und der Vernichtung der Armenier halten. Manchmal wird einfach von „oben“ gesprochen, manchmal von der „Regierung“, zumeist aber von der Jungtü rken-Partei „Ittihad ve Terakki“, also der „Union für Einheit und Fortschritt“ oder allgemein von den „Komitees“ oder „Klubs“ der Jungtürken.

(I) Die Urheber

1) Die Führung in Konstantinopel

Oft wußten die deutschen Beobachter oder ihre Informanten nicht, von wem die Befehle genau kamen, wenn sie „von oben“ oder „aus Konstantinopel“ schrieben. Sie gaben dann oft „die Regierung“ an, wobei besonders den Beobachtern in der Provinz nicht immer klar war, ob sie die Regierung im engeren Sinne meinten oder allgemein die Führung. So verbirgt sich manchmal hinter der „Regierung“ die Fü hrungsmannschaft der Jungtürken, der radikale Flügel der Partei, das Triumvirat Talaat, Enver, Djemal oder auch nur einer von ihnen. Entscheidend war, daß es sich um Anordnungen, Weisungen oder Befehle „von oben“ handelte.

Der Vali von Aleppo, Djelal Bey, berichtete Rößler, habe ihm gesagt,


Konsul Bergfeld berichtet aus Trapezunt:
In einem Bericht spricht Wangenheim-Vertreter Fürst Hohenlohe-Langenburg von einem
Ohne genau anzugeben, wenn er meint, spricht Konsul Büge aus Adana von den
Konsul Rößler aus Aleppo schreibt:
Geschäftträger Radowitz meldet, der Vali von Smyrna habe gesagt,
Der Botschafter in außerordentlicher Mission in Konstantinopel, Kü hlmann, legt eine Aufzeichnung von Liman von Sanders über die Deportation der Armenier Smyrnas vor:
2) Die Rolle der Jungtürken

In vielen Fällen betreffen die Hinweise auf „oben“ aber eindeutig die Jungtürken-Partei selbst, die Komitees und Klubs. Über die „Säuberung der Erserumer Ebene durch „Freischärler“ ;, wie er sie nennt, berichtete Vize-Konsul Scheubner-Richter:


Die Armenier, schreibt Wangenheim, würden für die Ereignisse verantwortlich machen
Der deutsche Festungskommandant von Erzerum, General Posseldt,
Manchmal sind Hinweise auf jungtürkische Komitees nur durch Zusätze erkennbar, beispielsweise dem, daß die Protagonisten Französisch untereinander sprachen, was typisch war für die Jungtürken. Der Konsul in Trapezunt, Bergfeld, berichtet über den deutschen Kriegsfreiwilligen Schlimme, der die Strecke Erzerum-Ersindjan-Trapezunt abgeritten sei und berichtet
Bergfeld berichtet ferner,
Botschafter Wangenheim:
Scheubner-Richter selbst berichtet, dem anfangs vergleichsweise mildem Vorgehen
Und über die Hintermänner der Erzerumer Komitees schreibt Scheubner-Richter:
Ferner berichtet der deutsche Vize-Konsul in seinem Report,
Wichtiges Insiderwissen hatte der in Erzerum stationierte Oberstleutnant Stange:
Konsul Bergfeld in Trapezunt macht die Jungtürken indirekt verantwortlich:
Gleiche Beobachtungen machte Konsul Rößler in Aleppo. Er schreibt:
Konsul Büge aus Adana meldet, es habe
Wangenheim berichtet über den armenischen Arzt Tschilinguirian, der zu den am 24. April 1915 verhafteten armenischen Intellektuellen gehörte und auf ungeklärte Weise ums Leben kam.
Geschäftträger von Radowitz meldet:
Vize-Konsul Scheubner-Richter schreibt über einen türkischen Offizier:
Vize-Konsul Scheubner-Richter spricht von den
Der Botschafter in außerordentlicher Mission in Konstantinopel Kü hlmann machte das Fortbestehen armenischer und griechischer revolutionärer Parteien für den Gesinnungswandel der jungtürkischen Führung verantwortlich. Das führte, schreibt er,
Nur ein Deutscher nennt ohne Umschweife Roß und Reiter: Otto Liman von Sanders. Der preußischer General war 1913 zum Chef der deutschen Militärmission in der Türkei und zum Reorganisator der tü rkischen Armee ernannt. Er leitete als türkischer Marschall und kommandierender General die Dardanellen-Verteidigung. Wie alle deutschen Spitzen-Militärs hatte er wichtige Kenntnisse von den türkischen Interna, vermutlich mehr, als die deutschen Spitzen-Diplomaten. Liman über die angeordnete Deportation der Armenier Smyrnas
Talaat

Nach Meinung der deutschen Beobachter war Innenminister Talaat tatsächlich der Hauptverantwortliche für den Völkermord. Der Marineminister und Kompagnon im Triumvirat, Djemal, habe über Talaat gesagt, berichtet Generalkonsul Schmidt aus Jerusalem:


Der deutsche Journalist von Tyszka über Talaat:
Botschafter Wolff-Metternich präzisiert:
Von Tyszka charakterisierte die Persönlichkeit Talaats so:
Talaat dekretierte nicht nur gleichgültig, sondern auch zynisch. Talaat, so der Armenienspezialist der deutschen Botschaft in Konstantinopel, Johann Mordtmann, habe ihm gesagt:
Nachdem ein Großteil der Armenier deportiert oder bereits ermordet worden war, notiert der Legationsrat Göppert, sei Talaat auf die Botschaft gekommen und habe die armenische Frage für erledigt erklärt,
Und auf dem Höhepunkt der Tötungsaktionen im Südosten, so Botschafter Wolff-Metternich, habe ihm Talaat mitgeteilt:
Halil

Auf der anderen Seite gab es auch in der Führungsetage türkische Staatsmänner, die offensichtlich den Völkermord an den Armeniern ablehnten. Zu ihnen gehörte der Kammerpräsident Halil Bey, der, so Botschafter Hohenlohe-Langenburg, anscheinend das Vorgehen der Regierung gegen die Armenier nicht billigt und


Halim

Auch Großwesir Said Halim gehörte nach dem Zeugnis der deutschen Diplomaten zu Gegnern der Deportationen. Wolff-Metternich:


Wolff-Metternich berichtet nach Berlin, der Großwesir
Djemal

Schwieriger zu beurteilen war offensichtlich der Marineminister Djemal Pascha. Botschafter Paul Graf Wolff-Metternich über ihn:


Auch Konsul Rößler berichtet,
Metternich berichtet, Konsul Loytved aus Damaskus habe im Zusammenhang mit der Frage nach Weiterleitung amerikanischer Hilfe mit Djemal gesprochen, dieser
Allerdings schien Djemals Einfluß bei seinen Kollegen in Konstantinopel doch begrenzt zu sein, was Konsul Loytved Hardegg dem für die Armenier zuständigen Kommissar Hussein Kasim Bey gegenüber andeutet:
3) Die Verantwortlichen in der Provinz:

a) Die Scharfmacher

Besser als über die fernen Verantwortlichen in Konstantinopel wußten die deutschen Konsuln und Beobachter über diejenigen Bescheid, mit denen sie oft täglich zusammenarbeiteten.

Der deutsche Festungskommandant von Erzerum, General Posseldt, meldet:


Als Verantwortliche für den Völkermord in Erzerum nennt der in Erzerum stationierte Oberstleutnant Stange:
Rößler aus Aleppo:
Ein besonders grausamer Vali war der von Diarbekir, Reschid Bey . Als sich Vize-Konsul Holstein aus Mossul beim Vali seiner Region über Verbannte aus Diarbekir klagte, die alle getötet worden seien, habe dieser gesagt
Botschafter Wangenheim schreibt in einem Memorandum an die Hohe Pforte, das Talaat persönlich übergeben worden sei:
Gegenüber Konsul Holstein habe der frühere Mutessariff von Mardin gesagt:
Holstein kurze Zeit darauf:
Vize-Konsul Hoffmann aus Aleppo:
Über andere Provinzbeamte gibt es in den hier veröffentlichten Dokumenten nur kurze Hinweise. Der deutsche Beamte der Tabak-Regie, von Holbach, der seit vielen Jahren in der Türkei lebt, berichtete dem mit der Berichterstattung über die Armenier in der Türkei betrautem deutschen Generalkonsul Mordtmann, der Vali von Adana, Hakki Bey
Nach einem Gespräch mit der in Diensten des „Deutschen Hü lfsbundes für christliches Liebeswerk im Orient“ tätigen schwedischen Schwester Alma Johansson in Musch notiert Mordtmann:
Der deutsche Konsulats-Mitarbeiter Lechnig meldet über den für Tell Abiad zuständigen Kaimakam Ghareb Bey:
Der deutsche Bagdadbahn-Ingenieur Bastendorff berichtet aus Ras ul Ain:
Der Schweizer Diakon Jakob Künzler, in Urfa für deutsche Anstalten tätig, berichtet dem zuständigen Konsul Rößler über ein Massaker nahe Urfa, dem etwa 1000 Armenier zum Opfer fielen:
Vize-Konsul Scheubner-Richter reiste mit türkischen Komitee-Mitgliedern durch den Osten und schreibt über sie:
b) Die Gemäßigten

Es gab mehrere hohe Provinzbeamte, die sich der Armenier-Vernichtung entgegenstellten oder zumindest versuchten, das Schicksal der Deportierten zu mildern. Der bekannteste unter den Valis, die sich weigerten, an der Ermordung der Armenier teilzunehmen, war der Generalgouverneur von Aleppo, Djelal Bey, der wegen seiner milden Politik abgelöst wurde.

Konsul Rößler aus Aleppo:


Weiter berichtet Rößler über ihn:
An anderer Vali, der zumindest versuchte, das Schicksal der armenischen Deportierten zu erleichtern, war Tahsin Bey, der Generalgouverneur von Erzerum. Der deutsche Festungskommandant von Erzerum, General Posseldt, schreibt ü ber ihn:
Vize-Konsul Scheubner-Richter sprach oft mit dem Vali und schätzte ihn. Tahsin, schreibt er,
Scheubner-Richter hatte mit dem Vali mehrere Gespräche über die Verfolgung der Armenier und meldet:
Der in Ersindjan stationierte deutsche Rot-Kreuz-Arzt Neukirch berichtet, daß einige Züge der vertriebenen Armenier aus Erzerum in seiner Stadt in relativer Ordnung eingetroffen seien und schreibt:
Ein anderer Vali, der bemüht war, das Schicksal der Armenier zu mildern, war Heidar Bey in Mossul. Vize-Konsul Holstein aus Mossul schreibt im Zusammenhang mit Verbannten aus Diarbekir, die alle getötet worden seien:
Das bestätigt indirekt Vize-Konsul Wustrow aus Mossul, als er eine Verschlechterung der Lage meldet, weil
Nach dem Zeugnis des deutsche Journalist von Tyszka gehörten auch die Valis von Smyrna und Adrianopel zu den gemäßigten:
Neben den obersten Beamten der Großregionen gab es auch ihnen untergeordnete Unterpräfekten und Regierungspräsidenten, die sich den Deportationen widersetzten und zum Teil dafür mit dem Leben büßen mußten.

Vize-Konsul Holstein meldet aus Mossul:


Konsul Rößler aus Aleppo berichtet:
Und der deutsche Journalist von Tyszka meldet aus Konstantinopel:
Auch der Mutessarif von Deir-es-Zor, Suad Bey, versuchte den Armeniern zu helfen, eher er von einem Tscherkessen abgelöst wurde, der die Vernichtung der wenigen überlebenden Armenier betrieb. Rößler:
(II) Die Ausführenden

Die Ausführenden des Völkermords rekrutierten sich aus verschiedenen Bereichen. Einmal kamen die unteren Beamten der Provinzbehörden als Exekutanten in Frage. In mehreren Berichten werden ferner Soldaten erwä hnt, die an Deportationen und Vernichtungsaktionen teilnahmen. Für die innere Sicherheit verantwortlich war im Prinzip die Gendarmerie, von der in vielen Berichten als Begleitmannschaften die Rede ist. Wie auch die Soldaten hätten sie die Aufgabe gehabt, die Deportierten zu eskortieren und damit zu beschützen. Doch zumeist trieben sie die wehrlosen Armenier nur weiter, oft mit brutalen Mitteln und nahmen auch direkt an Tötungsaktionen teil, wie in den deutschen Quellen hervorgeht. Die vierte maßgebliche Fraktion waren Spezialmannschaften, die sich zum Teil aus Freiwilligen, zum Teil aus rekrutierten Häftlingen zusammensetzten. In manchen Berichten werden sie „Tschettes“ (in unterschiedlicher Schreibweise) genannt oder nach der alten Bezeichnung im 19. Jahrhundert „Bazibazuks“, aber auch „ Irreguläre“ oder nur „Freiwillige“. In mehreren Fällen traten diese Spezialmannschaften auch als ethnische Gruppen auf, als „ Aschirets“, kurdische Milizen, oder einfach in Form ethnischer Gruppen, Kurden vor allem und Tscherkessen.

1) Regierungsorgane

Hinweise auf die Mittäterschaft unterer Beamter sind selten, weil die Identifizierung oft ein Problem war, aber Hinweise auf Regierungsorgane allgemein gibt es an mehreren Stellen, wobei offen bleibt, um welche Regierungsorgane es sich handelt.

Konsul Rößler berichtet über Leichen, die mehr als drei Wochen lang auf dem Euphrat trieben:


Vize-Konsul Holstein:
Konsul Rößler:
Friedrich Schuchardt, der Direktor und Stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Hülfsbundes für christliches Liebeswerk im Orient an Bethmann Hollweg
Rößler nennt in seinem Bericht die Deportationen
und spricht von der
Nachdem die Vernichtung der Armenier weitgehend abgeschlossen war, lösten die türkischen Behörden die zentrale Deportationsstelle in Aleppo auf. Dazu Konsul Rößler:
2) Militärs

Türkische Offiziere wie auch Mannschaften spielten, nach den deutschen Quellen, auch bei der Durchführung sowohl der Deportationen als auch der Vernichtungsaktionen eine Rolle. Naturgemäß sind die deutschen Diplomaten vorsichtig, wenn es um militärische Aspekte ging, denn wä hrend eines großen Krieges waren sie gehalten, sich aus allen militä rischen Belangen herauszuhalten. Trotzdem geben die Quellen auch hier Hinweise auf Verstrickungen der türkischen Militärs in den Völkermord.

Der deutsche Missionar Blank berichtet über einen Offizier, der seine Untergebenen anwies:


Der deutsche Kriegsfreiwillige Schlimme, so Konsul Bergfeld aus Trapezunt, habe angegeben,
Konsul Rößler schreibt über die „ungewöhnlich gut bezeugten Metzeleien in Tell Ermen“:
Scheubner-Richter berichtet über die Vernichtung ganzer Deportationszü ;ge in der Kemagschlucht:
Ein Österreicher beobachtete:
Oberstleutnant Stange schreibt über das Schicksal der aus Trapezunt ausgewiesenen armenischen Männer, sie seien
Über die Vernichtung der gesamten christlichen Bevölkerung von Djeziré (im Vilajet Diarbekir) berichtet Vize-Konsul Holstein, sie sei erfolgt
Hostein berichtet ebenfalls von der Ankunft der
Der deutsche Bagdadbahn-Ingenieur Bastendorff meldet über Ras ul Ain:
Rößler schreibt über ein syrisch-moslemisches Pionierbataillon, das zum Brückenbau abkommandiert worden war:
Die deutsche Schwester Paula Schäfer vom Hilfsbund gibt über ihre Beobachtungen in der Umgebung von Marasch zu Protokoll:
3) Die Gendarmerie

In der Regel waren die Deportationszüge begleitet von Gendarmen. Diese für die innere Sicherheit zuständige Polizei war einst von den Franzosen gut ausgebildet, mußte dann jedoch häufig andere Aufgaben übernehmen. Die Qualität der Neueinstellungen war sehr dürftig. Vize-Konsul Scheubner-Richter schreibt über sie, daß sie


Nach der offiziellen Version sollten die Gendarmen die Armenier schützen. Das jedoch taten nur wenige. Die Wirklichkeit sah ganz anders aus, wie die deutschen Quellen belegen. Über das Vorgehen von Gendarmen berichtet der Kriegsfreiwillige Carl Schlimme, der im Juni 1915 ihm anvertraute Armenier begleitete. Als er und seine Begleiter auf einen Deportationszug stießen, bettelten einige Deportierte bei ihm um Brot:
Türkische Landbewohner hätten ihm gesagt, so Schlimme,
Scheubner-Richter berichtet, bei der Ermordung der Armenier in den Kemagh-Schluch
Über im Osten umgekommenen Armenier schreibt Konsul Rößler:
Rößler berichtet über Mißhandlungen durch Gendarmen, deren Zeuge er beim Durchzug von Deportierten in Aleppo wurde:
Vize-Konsul Hoffmann berichtet von Feststellungen seines Kollegen Holstein:
Konsul Rößler meldet:
In einem weiteren Bericht schreibt Hoffmann:
4) Spezialorganisation und Randgruppen

Soldaten und Gendarmen waren immerhin noch an ihren Uniformen zu erkennen. Spezialorganisationen hingegen handelten in großmöglicher Verborgenheit. Weder ihre soziale noch ihre ethnische Herkunft war leicht zu erkennen. Trotzdem gibt es in den deutschen Quellen auch Hinweise auf sie, manchmal umschrieben als Banden oder Tschetes. Die ersten Hinweise kamen von den Opfern selbst. Für die Vorkommnisse, schrieb Wangenheim, würden von armenischer Seite verantwortlich gemacht:


Konsul Bergfeld berichtet aus Trapezunt:
Konsul Rößler schreibt, die türkische Regierung
Botschafter Wangenheim berichtet im Juli 1915 über die Ermordung der Armenier in Tell Ermen, der deutsche Major von Mikusch habe Konsul Rö ßler berichtet:
Konsul Rößler schreibt, die türkische Regierung
Oberstleutnant Stange berichtet über das Schicksal der aus Erzerum Deportierten:
Die Vernichtung der Armenier, so Stange, sei „wohl organisiert“ und ausgeführt worden
Vize-Konsul Holstein berichtet, daß
Der deutsche Journalist von Tyszka:
Und:
Ein einziges Mal nur wird von „Spezialkommissionen“ gesprochen. Auf Fragen eines Schweizer Hilfswerks antwortete das Konsul Mossul:
(III) Widerstand von Türken gegen die Deportationen

An mehreren Stellen notierten die deutschen Beobachter, daß die Liquidierung der Armenier auch von vielen Türken verurteilt würde. In seinem Bericht über die Ereignisse in Zeitun – also noch vor dem quasi-offiziellen Beginn der Deportationen – schrieb Konsul Röß ler, die Urheber eines Plans zur Deportation aller Armenier aus Zeitun und der Schleifung der Stadt


Der deutsche Missionar Blank schreibt über einen Zug Vertriebener aus Zeitun, das brutale Vorgehen gegen die Armenier
Konsul Bergfeld berichtet aus Trapezunt:
Konsul Rößler zitiert einen türkischen Major:
Vize-Konsul Scheubner-Richter schreibt aus Erzerum:
Und:
Der deutsche Journalist von Tyszka berichtet:
Botschafter Wolff-Metternich meldet nach Berlin:
Vize-Konsul Hoffmann aus Alexandrette schreibt, (es würden):
Konsul Loytved Hardegg berichtet über ein Gespräch mit früheren Vali von Saloniki und Aleppo. Der sei über die Vorgänge erschü ttert gewesen und habe ihm gesagt:

Kapitel 6: Die Rolle der Deutschen

In den von Lepsius herausgegebenen Dokumenten sind sehr oft jene Stellen gekürzt, in denen die Rolle der Deutschen beim Genozid negativ dargestellt wird. Andere Dokumente, in denen die Deutschen unvorteilhaft erscheinen, sind erst gar nicht in die Sammlung aufgenommen worden. Ein Kapitel über die Deutschen und den Völkermord an den Armeniern auf der Grundlage der von Lepsius veröffentlichten Dokumente hat daher nur eine beschränkte Aussagekraft und muß zwangsweise unvollständig sein. Erst nach der vorgesehenen Veröffentlichung aller deutschen Dokumente des Auswä rtigen Amts zum Völkermord kann ein umfangreicheres Kapitel über diesen Problemkreis erstellt werden.

(I) Deutschland und die Armenier des Osmanischen Reichs

1) Antipathien der armenischen Bevölkerung gegenüber Deutschland

Wie bei der Mehrzahl der Jungtürken stießen die Deutschen auch bei den Armeniern weitgehend auf Indifferenz oder gar Antipathien. Diese kritische Einstellung Deutschland gegenüber hatte ihre Wurzeln in den Armenierverfolgungen von 1894 bis 1896, als sich das Deutsche Reich auf die Seite es Sultans Abdul Hamid stellte.

Nach den Kämpfen von Zeitun sieht Deutschlands Konsul in Aleppo, Walter Rößler, im Norden seines Arbeitsgebiets eine


Auch in Adana gäbe es, so der deutsche Botschafter in Konstantinopel, Hans Freiherr von Wangenheim, eine
Das gleiche, so Wangenheim, habe Konsul Büge aus Adana gemeldet. Dort herrsche
Auch der armenische Patriarch von Konstantinopel, Zaven, schreibt Wangenheim, habe sich zu den antideutsche Gefühlen seiner Landsleute geäuß ert, sie jedoch abgeschwächt:
Wangenheim zu den Ausführungen des Patriarchen:
Vize-Konsul Hermann Hoffmann-Fölkersamb berichtet aus Alexandrette:
Vize-Konsul Max Erwin von Scheubner-Richter aus Erzerum schreibt über das Verhältnis der Armenier zu den Deutschen:
Unterstaatssekretär Zimmermann in seinen Notizen für die 86. Sitzung des Reichshaushaltsausschusses am 29. September 1916:
2) Schutzsuche der armenischen Geistlichkeit

Im Gegensatz zum einfachen Volk suchte die armenische Geistlichkeit aus Grü ;nden des politischen Überlebens einen gewissen Schutz bei den deutschen Glaubensbrüdern. Schon vor dem Krieg habe es der Katholikos Kevork V - berichtete der damalige Konsul von Erzerum, Edgar Anders, nach einem Besuch in Etschmiadzin – begrüßt, daß Deutschland eine konsularische Vertretung in Erzerum eingerichtet hat. Anders:


Auch aus Mezere, dem neuen urbanen Zentrum nahe der Provinzhauptstadt Kharput, berichtete Anders kurz vor Kriegseintritt:
Nach Kriegsausbruch und dem ausgerufenen „Heiligen Krieg“ (der sich nur gegen Christen richten konnte) versuchte die armenische Geistlichkeit verstärkt Schutz bei Deutschland. Der armenische Patriarch bat den deutschen Botschafter Wangenheim sogar
Wangenheim hingegen deutete schon eine andere Haltung an, wenngleich noch mit Versprechungen, die Deutschland später nicht einhalten würde. Gegenüber dem armenischen Patriarchen erklärte er,
Eine ausgesprochene Vermittlerrolle lehnte Wangenheim ab, denn, so seine Argumentation,
Der Anders-Nachfolger in Erzerum, Verweser Erwin Max von Scheubner-Richter hingegen versprach sich von einer Einflußnahme zugunsten der Armenier einen – auch ökonomisch - dauerhaften Gewinn für Deutschland:
3) Politischer Druck auf die Armenier

Von Anfang an versuchten die Deutschen, die Armeniern auf eine loyale Haltung gegenüber dem türkischen Verbündeten festzulegen. Der Direktor und Stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Hülfsbundes für christliches Liebeswerk im Orient, Friedrich Schuchardt gibt in einem Brief an Kanzler Bethmann Hollweg ein Beispiel:


Vize-Konsul Hoffmann berichtet aus Aleppo, den Deutschen würde von den Armeniern
Wie diese Einflußversuche noch vor dem beginn des Völkermords von offiziellen Seite erfolgte, beschreibt Unterstaatssekretär Zimmermann in seiner Aufzeichnung für den Reichstagshaushaltsausschuß:
In einer weiteren Aufzeichnung, die Zimmermann für ein Gespräch mit der Großherzogin von Baden Ende September angefertigt hatte, erklärt er:
(II) Deutschlands Haltung zu den Deportationen

Auch nach Beginn der Deportationen und nach den ersten Meldungen über die Ermordung ganzer Deportationszüge setzten die Deutschen ihre Politik der – wenngleich manchmal verbal eingeschränkten – Unterstü tzung für den Kriegspartner Türkei fort. Besonders das Argument, die Deportationen seien „aus militärischen Gründen“ notwendig, akzeptierten teilweise auch die deutschen Konsuln, die sich gegen die Zwangsmaßnahmen ausgesprochen hatten.

1) Billigung der Deportationen

Die Bitte Scheubner-Richters, beim Oberkommando in Erzerum wegen der Deportationen vorstellig zu werden, schränkt Botschafter Wangenheim ein:


Wangenheim schreibt an das Auswärtige Amt, die Maßnahmen der tü rkischen Regierung gegen die Armenier bedeuteten
Johannes Lepsius und den deutschen Armenierfreunden, so Wangenheim, möge mitgeteilt werden,
Zwar müsse Deutschland energisch gegen die „Niedermetzelung der wehrlosen Bevölkerung„ einschreiten, schreibt Wangenheim, doch kö ;nnten die Deutschen
Wangenheim zwei Wochen später:
Selbst Konsul Rößler akzeptiert „militärische Grü nde“:
Verständnis zeigten die deutschen Diplomaten immer bei den angeblich klaren Verhältnissen der Vorgänge in Van. Scheubner-Richter :
Selbst der sehr kritische Oberstleutnant Stange schränkt ein:
In einem Gespräch mit dem türkischen Botschafter läßt auch Unterstaatssekretär Zimmermann gelten, daß
Für die Rechtfertigung vor dem deutschen Reichstag notiert Unterstaatssekretär Zimmermann, Umstände
Sodann verteidigt Zimmermann die von den Türken getroffene
Mehrere deutsche Diplomaten und Beobachten bezweifeln freilich, ob „ militärischen Gründe “ für die Deportationen überhaupt vorliegen würden. Selbst Botschafter Wangenheim gibt zu:
Scheubner-Richter beurteilt die Ausweisung aller Armenier aus Erzerum als
Nach der Ansicht von Oberstleutnant Stange gibt das Vorgehen der Regierung
2) Prinzip der Nichteinmischung in die türkische Politik

Um dem Vorwurf entgegenzuwirken, sich in die türkische Politik einzumischen, empfahl Botschafter Wangenheim seinen Konsuln äußerste Zurückhaltung bei eventuellen Protesten. Da die ersten der deutschen Botschaft in Konstantinopel gemeldeten Deportationen in Erzerum und Umgebung stattfanden, zeigte sich diese Einstellung Wangenheims am deutlichsten in der Korrespondenz mit dem dortigen Vize-Konsul Scheubner-Richter. In einem Erlaß an Scheubner-Richter ordnete Wangenheim an:


Wangenheim empfiehlt seinem Konsul in Erzerum, allenfalls
Scheubner-Richters Antwort:
Aber auch gegenüber anderen Konsuln drängte Wangenheim auf Mä ßigung. Auf Deportationsmeldungen aus Adana antwortet er:

So bedauerlich und in mancher Hinsicht auch für unsere Interessen schä ;dlich die Verfolgung der Armenischen Bevölkerung ist, so dürften doch die letzten Ereignisse in den Grenzprovinzen wie z.B. der Aufstand in Van, und andere Vorgänge im Innern die harten Maßregeln der Behö rden rechtfertigen. Die kais. Botschaft ist daher vorläufig nicht in der Lage diese Maßregeln zu hindern. [1915-05-18-DE-011]

3. Mißbilligung des Völkermords durch Deutsche in der Türkei

Die deutschen Konsuln berichteten ihren Botschaften bzw. die Berliner Zentrale ausführlich und sehr genau über die Ereignisse in ihren Amtsbezirken, wie in den vorangegangenen Kapiteln mehrfach belegt. Manchmal ist ihre Verzweiflung zu spüren, daß die Vorgesetzten zwar vieles wü ßten über den Völkermord, aber offensichtlich nicht bereit oder in der Lage seien, daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. Ein Beispiel für versteckte Kritik deutscher Konsuln an ihren Vorgesetzten ist der in Klammern gesetzte Satz von Vize-Konsul Hoffmann aus Alexandrette:


Die Botschafter in Konstantinopel ihrerseits versuchten ihre Konsuln zu beruhigen. Auch dafür das Beispiel eines Telegramms von Hohenlohe-Langenburg an Rößler:
Die Konsuln und ihre Informanten mißbilligten zum Teil offen Deportationen sowie Vernichtungen und appellierten an ihre Vorgesetzten, gegen diese Maßnahmen einzuschreiten. Konsul Walter Rößler aus Aleppo:
Vize-Konsul Walter Holstein aus Mossul:
Vizekonsul Kuckhoff drahtet aus Samsun an Wangenheim, er erlaube sich
Konsul Rößler:
Vize-Konsul Max Erwin von Scheubner-Richter aus Erzerum hielt es
Impulsiver noch reagierten deutsceh Privatleute auf die Massaker. Röß ;ler berichtet:
Der Leiter der Konia-Filiale der Anatolischen Industrie und Handelsgesellschaft, Willy Seeger, schrieb zusammen mit Freunden in einem Brief an die Botschaft:
Der Armenien-Spezialist der Botschaft, Mordtmann, sprach mit dem Regie-Beamten von Holbach, der seit langen Jahren in der Türkei lebt und protokollierte daraufhin:
Demgegenüber hielten sich die verbalen Proteste der deutschen Spitzendiplomaten in Konstantinopel sehr in Grenzen.

Botschafter Wangenheim schränkte schon vor dem 24. April ein:


Wangenheim in einem Memorandum:
Der Erfolg der zaghaften Interventionen war gleich Null. Wangenheim:
Wangenheim in einem anderen Schreiben:
Wangenheim in einer Antwort auf Kuckhoff:
Mordtmann teilt in einer Aufzeichnung mit, daß
Auf die Bitte nach Freistellung für armenische Angesellten eines Deutschen, so Mordtmann,

hat Talaat bej angeblich entschieden: ”man könne des bösen Beispiels wegen keine Ausnahme zulassen.” [1915-07-21-DE-011]

Wangenheim-Vertreter und Botschafter in außerordentlicher Mission Fü rst Hohenlohe-Langenburg an das Konsulate Aleppo:


Immerhin macht Hohenlohe-Langenburg einen zaghaften Versuch, sich in der Presse von dem Vorgehen der Türken zu distanzieren. An Kanzler Bethmann Hollweg schreibt er:
Der Botschaftsrat Freiherr von Neurath, der nach Wangenheims Tod als Geschä ;ftsträger die deutschen Interessen wahrnehmen sollte, schraubte die Ansprüche an die Moral sofort wieder zurück. An eine Interventionsliste von Mordtmann schreibt er:

Die Punkte können gelegentlich zur Sprache gebracht werden; eine allzu häufige u. detaillierte Intervention schwächt die Wirkung. [1915-09-04-DE-001]

Der Unwillen der deutschen Vertreter, sich tatkräftig für die Armenier wirklich einzusetzen, zeigte sich im Falle der beiden armenischen Abgeordneten Zohrab und Vartkes. Armenien-Spezialist Mordtmann notiert, bei einer Intervention der deutschen Botschaft


Die übergroße Vorsicht der deutschen Diplomaten zeigt sich in einem Erlaß Zimmermanns an seinen Botschafter, den angeblichen Befehl der türkischen Regierung, die Armenier zu schützen, als Strohhalm zu nutzten. Der Unterstaatssekretär bittet seinen Botschafter,
Nur noch einmal machte - nach sehr eindringlichen Berichten deutscher Konsuln - Staatssekretär Jagow einen Versuch, mit verbalen Protesten etwas für die Armenier zu tun. Er schrieb an seinen Botschafter:
Der erste – und einzige – deutsche Botschafter, der bereit zu sein schien, sich wirklich für die Armenier einzusetzen , war der Nachfolger des am 25. Oktober 1915 verstorbenen Wangenheim: Paul Graf Wolff-Metternich:
Der von Wolff-Metternich vorgeschlagene Text war keineswegs übermä ßig hart. Er lautete:
Was Metternich offensichtlich am meisten empörte, war der Hochmut der Türken. Man solle, riet er,
Seinen Textentwurf für den Zeitungsartikel kommentierte Unterstaatssekretär Zimmermann:
Auch Staatssekretär Gottlieb von Jagow stimmte zu:
Dem widersprach energisch Kanzler Theobald von Bethmann Hollweg:
Damit war die Linie für die deutsche Reaktion auf den Völkermord von 1915/16 vorgezeichnet und selbst Wolff-Metternich ordnete sich ihr unter. Der Botschafter in außerordentlicher Mission in Konstantinopel Kühlmann lehnte weitere Proteste schlichtweg ab, denn, seiner Meinung nach,
Künftige Proteste gegenüber den türkischen Verbündeten dienten weniger dem Ziel, den Armeniern in irgendeiner Form zu helfen, als Schaden von den Deutschen abzuwenden.

Ob die Zurückhaltung sich ausgezahlt habe, bezweifelte der Front-Mann Scheubner-Richter in einer späteren Aufzeichnung für das AA:


(III) Deutschland und die Folgen des Völkermords

Daß der Völkermord an den Armeniern von der Welt nicht hingenommen werden würde und die Zukunft der Türkei - aber auch Deutschlands - beeinträchtigen werde, wurde den Diplomaten und Politikern sehr bald klar. Ihr Streben ging denn auch zunehmend dahin, die negativen Folgen des Genozids einzukalkulieren und mit diplomatischen und propagandistischen Mitteln abzufedern.

1) Deutschlands wirtschaftliche Interessen in der Türkei

Die deutschen Investitionen in der Türkei waren in den Jahren vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs deutlich gestiegen. Griechen und Armenier waren die wichtigsten Handelspartnern der Deutschen im Osmanischen Reich, denn sie beherrschten den Handel. Aber auch generell fürchteten die Deutschen wirtschaftliche Nachteile durch das Vorgehen gegen die Armenier. Aus Adana meldet Konsul Büge:


Botschafter Wangenheim:
In einem Memorandum bittet die deutsche Botschaft
Vizekonsul Kuckhoff meldet aus Samsun:
Vizekonsul Hoffmann macht Vorschläge für den Fall, daß
Konsul Graf Spee schreibt zur Deportation der Armenier aus Smyrna:
2) Die Öffentlichkeit in Deutschland:

Zwar herrschte in Deutschland eine strenge Pressezensur, aber insbesondere durch die Veröffentlichungen von Johannes Lepsius und des Direktors des Deutschen Hülfsbundes für christliches Liebeswerk im Orient, Friedrich Schuchardt, zumeist in Kirchenblättern und Missionsschriften, war doch ein Teil der deutschen Öffentlichkeit über den Fortgang des Völkermords an den Armeniern informiert. Proteste kirchlicher Kreise waren die Folgen, auf die Politiker und Diplomanten reagierten - mit Informationsverhinderung oder aber Beschwichtigungen.

Im Zusammenhang mit dem Transport eines Briefes des deutschen Missionars Karl Blank an Schuchardt merkt Wangenheim an, es erscheine geboten,


Immerhin blieben die Berichte der christlichen Missionen nicht ganz ohne Einfluß auf die Diplomaten in Berlin. Der Legationssekretärs im Auswärtigen Amt Rosenberg informierte die türkische Botschaft in Berlin,
Kurz vor der Ablehnung der Vorschläge von Wolff-Metternich durch Bethmann Hollweg hatten die deutschen Christen eine Eingabe an den Reichskanzler gemacht. Die Protestanten hatten darin auf die Berichte aus der Türkei Bezug genommen und gemahnt:
Bethmann Hollweg richtete daraufhin ein Schreiben an den Geschäftsträ ger in Konstantinopel, Neurath:
In seiner Antwort an die evangelischen Christen schreibt Bethmann Hollweg:
Der Vergleich des Bescheids an die deutschen Christen und der harschen Antwort auf Wolff-Metternichs Vorschlag macht deutlich, daß die Proteste in den Augen der deutschen Spitzenpolitiker nur deklamatorischen Charakter hatten. Der Direktor der Orient- und Islam-Kommission des Deutschen Evangelischen Missions-Ausschusses Karl Axenfeld ist denn auch irritiert

durch die unseligen Ableugnungen des tatsächlich Geschehenen seitens deutscher Türkenfreunde, die, wie man im Auslande richtig sieht, dadurch die türkische Regierung gegen die Vorwürfe der übrigen Welt unempfindlich machen und in ihrer Armenierpolitik bestärken. [1918-02-11-DE-001]

3) Die Weltöffentlichkeit

Weit ernster als die deutsche mußten die Diplomaten die internationale Öffentlichkeit in ihr Kalkül einbeziehen, wenn es darum ging, den Friedensvertrag nach dem Ende des Krieges vorzubereiten. Allein das enge Bü ;ndnis mit der Türkei, wußten die Diplomaten, bedeutet eine Mitverantwortung des Deutschen Reichs für den Völkermord.

Botschafter Wangenheim war schon sehr früh klar,


Der deutsche Botschafter versuchte diesem Vorwurf vorzubeugen:
Vizekonsul Kuckhoff aus Samsun warnt:
Wangenheim schreibt, bei der Pforte zugunsten der Armenier interveniert zu haben
Eine reuters-meldung bestätigte die deutschen Befürchtungen:
Die deutschen protestantischen Christen in ihrer Eingabe an den Reichskanzler:
Der Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt, Bussche-Haddenhausen, an die Botschaft in Konstantinopel:
(IV) Deutsche Mitschuld am Völkermord

Eine eventuelle deutsche Mitschuld am Völkermord, die über eine Duldung militärisch motivierter oder auch nicht begründeter Maß nahmen hinausging, war einer der Aspekte, die in den von Lepsius herausgegebenen Dokumenten unterdrückt werden sollte, was freilich nicht ganz gelang.

1) Äußerungen über deutsche Verwicklungen in den Vö lkermord

Aus sehr unterschiedlichen Quellen erfuhren und berichteten die Konsuln und Informanten darüber, daß nicht nur Armenier, sondern auch Tü rken davon ausgingen, die Deutschen hätten beim Völkermord an den Armeniern ihr Hand im Spiel gehabt. Konsul Rößler berichtet aus Aleppo:


Rößler zitiert einen Zeugen: :
Verweser Scheubner-Richter schreibt:
Botschafter Hohenlohe-Langenburg:
Vizekonsul Hoffmann berichtet aus Aleppo:
Die deutschen protestantischen Christen schreiben in ihrer Eingabe an den Reichskanzler:
Der mit der Berichterstattung über die Armenier in der Türkei betraute deutsche Generalkonsul Mordtmann notierte nach einem Gespräch mit der in Diensten des „Deutschen Hülfsbundes für christliches Liebeswerk im Orient“ tätigen schwedischen Schwester Alma Johansson:
Verweser Scheubner-Richter:
Botschafter Wolff-Metternich berichtet dem Auswärtigen Amt, im Land wü ;rde
Vize-Konsul Hoffmann schreibt aus Alexandrette:
Hoffmann gibt auch die Meinung seines Kollegen Holstein aus Mossul wieder:
Vize-Konsul Hoffmann zitiert einen deutschen Offizier, dem ein Araber die Ermordung ganzer Armenierzüge geschildert hatte und der hinzufügte:
Der deutsche Konsul in Smyrna, dem heutigen Izmir, Graf Spee, schreibt zur Deportation der Armenier aus seiner Stadt:
Ernst I. Christoffel, der Vorsteher des Blindenheims in Malatia, berichtet an die Botschaft:
Der Direktor der Orient- und Islam-Kommission des Deutschen Evangelischen Missions-Ausschusses Karl Axenfeld:
2) Proteste wegen einer Verwicklung Deutschlands in den Völkermord

Hielten sich die deutschen Verantwortlichen bei ihren offiziellen Demarchen gegen den Völkermord selbst noch sehr zurück, so intensivierten sie spürbar ihre Proteste gegen die Behauptungen deutscher Mitschuld. Unterstaatssekretär Zimmermann kabelt an Wangenheim:


Botschafter Hohenlohe-Langenburg berichtet seinem Kanzler Bethmann Hollweg,
In einem Memorandum teilt die deutsche Botschaft der osmanischen Regierung mit, sie sähe sich angesichts der fortschreitenden Deportationen
Staatssekretär Jagow an seinen Botschafter in Konstantinopel:
Wolff-Metternich berichtet nach Berlin, er habe mit dem Großwesir ü ber
Gut eine Woche später sprach Wolff-Metternich mit Talaat und berichtete dem Reichskanzler:
3) Deutsche Ansiedlungspläne für Armenier entlang der Bagdadbahn?

Deutschlands wichtigstes Wirtschaftsprojekt im Osmanischen Reich war die Bagdadbahn, die bei Ausbruch des Kriegs bis zur heutigen Grenzstadt zu Syrien Nusaybin fertiggestellt, aber noch nicht durchgängig befahrbar war, denn es fehlten noch wichtige Teilstücke durchs Gebirge, die mit Tunnelbauten erschlossen werden mußten. Entlang eines Teils der Bagdadbahn aber, besonders in Kilikien, siedelten viele Armenier, die auch einen wichtigen Teil der Belegschaft des deutschen Prestigeprojekts stellten. Diese Armenier hatte der Katholikos aller Armenier schon früh deutscher Fürsorge empfohlen. Kevork V, berichtete der damalige deutsche Konsul in Erzerum nach einem Besuch in Etschmiadzin, habe ihm gesagt:


Es gab aber auch Hinweise, die in der Lepsius-Ausgabe gestrichen worden sind, die viel weitergehende Pläne mit Armeniern betrafen. Verweser Scheubner-Richter schreibt:
Der deutsche Journalist Tyszka spricht dieses heikle Thema ebenfalls an und schdreibt:
In seiner Aufzeichnung für die 86. Sitzung des Reichshaushaltsausschusses am 29. September 1916 kommt Zimmermann auf diese Pläne nicht im Detail zu sprechen, sondern schreibt allgemein:
In seiner Aufzeichnung für ein Gespräch mit der Großherzogin von Baden Ende September 1916 findet sich eine ähnliche Passage:
4) Die Bagdadbahn und ihre armenischen Angestellten

Ebenfalls nur am Rande der Lepsius-Dokumente und nur sehr bruchstückhaft kommen die armenischen Angestellten der Bagdadbahn vor. Für sein Amtsgebiet, das östliche Kilikien schreibt Vize-Konsul Hoffmann:


Nur über die Weitergabe von Telegrammen gibt es weitere Hinweise auf die Deportationen der armenischen Angestellten. So meldet die Anatolischen Bahngesellschaft
Zwei Tage später läuft ein Folgetelegramm über die Ticker der deutschen Botschaft:
Und wieder einen Tag später:
Im Frühjahr 1917 erfolgt (in den Lepsius-Dokumenten) die letzte Meldung:
Ausführlich läßt Lepsius im letzten veröffentlichten Dokument den Generaldirektor der Bagdadbahn-Gesellschaft, Franz J. Gü nther, in einem Schreiben an den Verwaltungsrat zu Wort kommen:
(V) Deutsche Rechtfertigungsversuche

Praktisch das einzige Dokument zur Rechtfertigung des deutschen Standpunkts zum Völkermord an den Armeniern ist in den von Lepsius ausgewählten Akten die Aufzeichnungen des Unterstaatssekretärs Zimmermann für die 86. Sitzung des Reichshaushaltsausschusses am 29. September 1916:


(VI) Die deutschen Militärs

Kein Aspekt ist in den von Lepsius herausgegebenen Akten so rigoros gestrichen worden wie der einer Teilnahme deutscher Offiziere an Aktionen gegen die Armenier. Ohnehin spielen die militärischen Angelegenheiten in den dem Völkermord gewidmeten Akten des Auswärtigen Amts nur eine untergeordnete Rolle. So finden sich auch in der bereinigten Fassung der Aktenpublikation nur wenige Hinweise auf die rolle der deutschen Offiziere beim Völkermord.

In Zeitun seien die türkischen Behörden hart gegen armenische Deserteure vorgegangen, berichtet Aleppo-Konsul Rößler, mö glicherweise auf Anweisung der Deutschen.


In seinem Bericht über die Niederschlagung des angeblichen Aufstand von Zeitun berichtete Rößler:
Rößler schreibt an Botschafter Wangenheim:
Einen weiteren Hinweis über das Einschreiten deutscher Militärs gibt Wolff-Metternich:
Der als Verweser abgelöste Reserve-Offizier Scheubner-Richter wurde auf dem Weg nach Persien mit dem Problem konfrontiert, ein armenisches Dorf mit angeblichen Rebellen angreifen zu müssen. Scheubner-Richter:
In den Lepsius-Dokumenten gibt es nur noch zwei Episoden, in denen nachgewiesen wird, daß deutsche Offiziere nicht an Aktionen gegen Armenier teilgenommen haben. Über eine berichtet Rößler:
Über eine weitere Episode schreibt der Botschafter in außerordentlicher Mission Kühlmann:
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