1918-03-02-DE-001
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Quelle: DE/PA-AA/R14099
Zentraljournal: 1918-A-09444
Erste Internetveröffentlichung: 2000 März
Edition: Genozid 1915/16
Praesentatsdatum: 03/02/1918
Zustand: A
Letzte Änderung: 04/22/2012


Der Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt (Bussche-Haddenhausen) an den Botschafter in Konstantinopel (Bernstorff)

Erlaß




Berlin, den 2. März 1918

Abschrift.

Bei künftigen Friedensverhandlungen mit Westmächten werden diese unzweifelhaft Armenierfrage zur Sprache bringen und versuchen, möglichst weitgehende Autonomie ostanatolischer Vilajets durchzusetzen. Gegenüber solchen Versuchen wird Lage der Türkei günstiger sein, wenn sie schon vor Eintritt in Verhandlungen greifbare Beweise dafür gegeben hat, dass sie entschlossen ist, den christlichen ebenso wie den mohammedanischen Bewohnern dieser Provinzen eine gleichmässige, milde und gerechte Behandlung angedeihen zu lassen und ihnen beim Wiederaufbau des durch die Kriegsereignisse Zerstörten behilflich zu sein.

Die Wiederbesetzung des Gebiets vollzieht sich unerwartet schnell. Nach Telegramm Nr. 287 - 8961 - ist mit baldiger Einnahme Erzerums zu rechnen. Sobald dies geschehen, dürfte Zeit gekommen sein, um die Armenier, die noch die Waffen tragen, zu freiwilliger Unterwerfung aufzufordern und ihnen für diesen Fall Straflosigkeit und freie Rückkehr in ihre Wohnsitze zu gewähren. Abgesehen davon, dass auf diese Weise weitere vielleicht schwierige Kämpfe vermieden würden, kann nur so der Anfang dazu gemacht werden, dortige Armenier, die unentbehrliches wertvolles Bevölkerungselement dieser Provinzen darstellen, wieder zu loyalen Untertanen der Türkei zu erziehen. Weiter müssten die geplanten finanziellen Beihilfen zum Wiederaufbau der Dörfer und zur wirtschaftlichen Wiederaufrichtung der Vilajets gleichmässig Christen und Mohammedanern zugute kommen. Auch würde sich empfehlen, die Rückführung der ins Innere des Reichs verbannten armenischen Bewohner in Aussicht zu nehmen.

Ausserdem würde es die Stimmung weiter und einflussreicher Kreise günstig beeinflussen, wenn die türkische Regierung den deutschen Missionsanstalten, die früher unter Armeniern gewirkt haben, gestatten wollte, Vertreter an Ort und Stelle zu entsenden, um unter der Bevölkerung, ohne Unterschied des Glaubensbekenntnisses, Wohltätigkeit zu üben.

Fast ebenso wichtig wie Behandlung der Armenier ist die der Griechen. Bei jetziger Lage besteht kein Grund mehr, die weggeführte griechische Bevölkerung der Küstendistrikte des Schwarzen Meeres von dort fern zu halten. Ihre baldige Zurückführung würde einzuleiten sein.

Ew. Exzellenz bitte ich, in Ihren Besprechungen mit dem Grosswesir, mit dem Minister des Äussern und auch Enver Pascha diesen Gedankengang zu entwickeln und über die Aufnahme Ihrer Vorstellungen zu berichten.


[Bussche-Haddenhausen]


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