1915-04-26-DE-001
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Quelle: DE/PA-AA/R 19977
Zentraljournal: 1915-A-14390
Erste Internetveröffentlichung: 2012 April
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1911.01-1915.05
Praesentatsdatum: 04/26/1915 p.m.
Zustand: A
Letzte Änderung: 06/17/2017


Der Leiter der Zentralstelle für Auslandsdienst (Jäckh) an das Auswärtige Amt (Zimmermann)

Bericht


Berlin, den 26. April 1915

Euer Exzellenz, hochverehrter Herr Unterstaatssekretär!

Darf ich Ihnen in der Beilage einen bei mir eingegangenen Bericht aus Konstantinopel überreichen.


In aufrichtiger Verehrung
Ihr getreuer
Jäckh
Anlage 1

Besprechung mit Enver Pascha am 6. IV. 1915.


1.) Enver Pascha sprach heute über die Mission und Tätigkeit des Ministerresidenten Frhr. v. Oppenheim, der ihm vor einigen Tagen seine Ideen und Absichten entwickelt hat. Er begrüsste die geplante Tätigkeit mit Freude; ganz besonders die Nachrichten-Organisation für Pressezwecke, die hier fehlt und die berufen ist, die Entwicklung zu einem modernen Staatswesen mit gemeinsamen Ideen und Zielen zu fördern.

Nicht einverstanden ist er hingegen mit der - zwar auch von Scherif Salich vertretenen - Absicht, Organisationen zu gründen, die durch Unterorganisationen in der Provinz unter dem Panier des Khalifat-Gedankens einen Zusammenschluss aller muhamedanischen bezw. islamischen Elemente anstreben und fördern sollen.

Die Möglichkeit dieser Propaganda erkennt Enver ohne weiteres an und den Fäden, die man da spinnen will, gibt er das islamische Ausland gern und freudig als Betätigungsfeld. Nur muss das Inland des türkischen Reiches von solchen Organisationen durchaus frei bleiben, allein schon aus dem Grunde, weil für die Türkei nur die Organisationen des Jungtürkischen Komitees erlaubt sind, hingegen jede andere nicht rein wirtschaftliche Art von Organisation, Vereinigung, Verband pp. verboten und mit den strengsten Strafen bedroht ist.

Nach Envers Ausführungen ist diese drakonische und nach seinem eigenen Zugeständnis nicht gerade sonderlich liberale Massnahme notwendig gewesen, um dem Lande die unentbehrliche Ruhe zu verschaffen, um die heftigen Kämpfe zwischen Reaktion und Jungtürkentum in radikalster Weise zu beseitigen. Die Jungtürken handeln da nach den altbewährten Maximen Abdul Hamids, der genau wusste, warum er jede Organisation verbot, und dessen vorsichtige Präventivmaßnahmen sie selbst nur auf dem Umwege über die Freimaurerlogen haben durchbrechen können. Ihr Erfolg und der Gang der Geschichte beweisen, dass beide, Abdul Hamid und seine Überwinder, Recht haben.

Enver weist darauf hin, dass gerade durch den Khalifats-Gedanken eine sehr starke Nuance von religiösem Moment in diese Organisationen hineingetragen sein wird. Dies, wie die Organisation an sich, werden für die jetzt plan- und haltlose Reaktion einen starken Anreiz zum Beitritt abgeben, und einmal in den Organisationen drin, müssen selbst ungewandte Politiker durch den Erfolg der Sache merken, welche Quellen politischer Macht jede Vereinigung erschliessen kann. Diese Macht wird sich dann schleunigst gegen die Regierung kehren.

Wir, d.h. wir Ausländer können nach Envers Ansicht diese Verhältnisse garnicht übersehen und besonders nicht die komplizierten Probleme abschätzen, die dann auch mit den religiösen Gemeinschaften entstehen werden. Nur wenige wissen, wie ungeheuer die Zahl der „Reaktionäre“ noch ausserhalb der wenigen grossen Städte ist. Dieser Punkt, Organisationen im Inland, ist für ihn nicht diskutabel und er bittet darum, diese Idee fallen zu lassen, deren „gute Absicht“ er voll und dankbar anerkennt.

2.) In einer Diskussion über die Bulletins des Grossen Hauptquartiers und über die Mitteilungen, die ich für die Verwertung in der Presse dem Nachrichtenbüro des Reichs-Marine-Amts zukommen lasse (Botschaft - Balkangesandtschaften) räumt Enver Pascha ein, dass die Leistungen seines Pressedezernenten nur wenig den Zwecken einer geschickten Nachrichtenpolitik entsprechen. Den grossen Wert eines gut geleiteten „Nachrichtenbüros“ erkennt er durchaus an. Er verfügt jedoch über keinerlei für diesen Dienst geeignete Persönlichkeit und würde es dankbar begrüssen, wenn ihm von uns aus auch in dieser Hinsicht geholfen würde. Dieser zukünftige „Pressedezernent“ soll entweder in der Etappe, als Nachrichtenzentrale, sitzen oder im Kriegsministerium. Ausser Deutsch muss er gut Französisch, wenn möglich auch Englisch verstehen und schreiben können. Seinen Dienst wird er meiner Ansicht nach bei dem völligen Mangel einer entsprechenden hiesigen Organisation sich sehr weit ausbauen können.

3.) Herr v. Heutig und der indische Prinz können sich der Mission Obedullah anschliessen, jedoch nur als „Reisekameraden“. Jede Form einer Zugehörigkeit zu der an den Emir von Afghanistan entsandten Sonder-Gesandtschaft bittet Enver zu vermeiden. Obedullah wird entsprechend benachrichtigt werden. Er verlässt Konstantinopel in den nächsten Tagen.


Anlage 2

Vertrauliche Mitteilung vom 26. März 1915


1.) Der Bulgarische Gesandte, welcher einige Tage in Sofia weilte und wieder zurück ist, besuchte gestern den Botschafter. Er versicherte diesem, dass die Stimmung in Bulgarien unverändert sei und von einem Gelingen der Aktion des Dreiverbandes, welcher mit Hochdruck in Sofia einarbeite, nicht die Rede sein könne. Der Gesandte widmete in der Unterhaltung mit dem Herrn Botschafter das Hauptaugenmerk der Munitionsbeschaffung. Er führte aus, dass nur durch Hochdruck, d.h. durch Stellung eines Ultimatums an Rumänien die Durchfuhr der Munition zu erleichtern sei. Man dürfe durchaus unbesorgt bleiben, dass Rumänien einem solchen Druck gegenüber versage. Rumänien sei feige und werde einer festen Aktion gegenüber schnell nachgiebig sein. Er würde in diesem Augenblick allerdings zu dieser Aktion nicht raten. Der Fall von Przemysl werde voraussichtlich in Bukarest eine Zeitlang zu gewissen dreiverbandfreundlichen Kundgebungen führen, doch soll man nach einer gewissen Zeit , wenn diese Kundgebungen sich abgeebbt haben, mit Anwendung dieses Mittels nicht zögern.

2). Seine Exzellenz der Botschafter wurde gestern vom Sultan in Audienz empfangen. Der Sultan fragte den Herrn Botschafter über die Bedeutung des Falles von Przemysl. Hierüber wurde ihm die entsprechende Auskunft erteilt. Dann fragte der Sultan über die Möglichkeit von Friedensaussichten. Der Botschafter erwiderte, dass solche Möglichkeiten immer beständen, doch werde der Friede nicht plötzlich als geschlossenes Ganzes sich einstellen, sondern es würden voraussichtlich Abbröckelungen nach der einen oder anderen Seite hin sich einstellen, welche dann langsam Verhandlungen aufkommen lassen werden. Der Botschafter betonte mit Nachdruck, dass selbstverständlich, an welche Seite immer solche Verhandlungen herantreten, die Verbündeten untereinander auf das genaueste unterrichtet sein müssen. Der Sultan war im allgemeinen sehr guter Stimmung. Seine politische Fragen-Stellung ist ihm natürlich suggeriert worden und schwerlich seinem eigenen Gedankenfluge entsprungen. Zum Schluß bat der Sultan, da er seine Verbindung mit englischen und französischen Schneidern abgebrochen habe, dass man ihm von Berlin blaue und sonstige Tuche für seine Uniform übersenden möge.


Anlage 3

Vertrauliche Mitteilungen vom 18. III. 1915.


Mr. Morgentau, der amerikanische Botschafter, welcher gestern von seiner Dardanellenfahrt zurückkam, vereinigte am Nachmittag mehrere diplomatische Vertreter zu einer zwanglosen Konferenz bei sich.

Es waren anwesend: der österreich-ungarische, italienische, persische Botschafter, der holländische, schwedische, spanische und dänische Gesandte.

Morgentau entwickelte den Diplomaten das Geschehene. Er versicherte ihnen, dass die türkischen, seit dem 20. Februar ausgegebenen Bulletins den Tatsachen entsprechen, während es evident sei, dass bei den anderen Bulletins es nicht der Fall war. Bis auf die zwei Aussenforts seien die Dardanellen-Verteidigungen intakt. Morgentau rühmte geradezu enthusiastisch die türkischen Verteidigungsmassregeln, sowie die wundervolle Haltung der Truppen. Nach seiner Ansicht seien die Dardanellen nur unter den allerschwersten Opfern einnehmbar.


Anlage 4

Vertrauliche Mitteilungen vom 15. März 1915.


1.) Der hiesige griechische Marine-Attaché Kryesis, der vor einiger Zeit zur Meldung nach Athen befohlen wurde, ist nunmehr von seinem Posten abberufen.

2.) Der deutsche Journalist Kaufmann ist auf Grund seines Briefes über hiesige Zustände, über die Kaukasus-Expedition und Zustand der „Goeben“ nach Angora verbannt und heute früh dorthin verschickt worden.

3.) Seit zwei Tagen soll man im Palais in der Umgebung des Sultans nur noch von bevorstehendem Frieden reden. Darob allgemeines Aufatmen, besonders im Harem, wo die fertigen Koffer wieder ausgepackt werden.

4.) Seit gestern sind sämtliche Büros der Telephon-Gesellschaft von Organen der Regierung besetzt. Die englischen Angestellten der Telephon-Gesellschaft werden ausgewiesen.

5.) Die Regierung hat 150 000 Exemplare eines öffentlichen Anschlages drucken lassen etwa folgenden Inhalts:


6.) 16 Offiziere sind wegen verdächtiger Umtriebe degradiert worden. Auch gegen andere verdächtige Personen geht die Regierung jetzt mit äußerster Strenge vor.

7. Für die der Türkei ungünstige Berichterstattung über die Vorgänge in den Dardanellen ist es bezeichnend, dass Hussein Djahid, der z.Zt. in besonderer Mission in Rom weilte, Hals über Kopf zurückgekehrt ist, in der Annahme, Konstantinopel sei verloren. Er wollte versuchen, seine Familie noch zu retten.


Anlage 5


Abschrift

Kaiserlich Deutsches Konsulat


Smyrna, den 8. März 1915.

No. 729.

Die seit Freitag früh im äusseren Golf operierenden feindlichen Schiffe, gewöhnlich drei an der Zahl, haben auch gestern und heute mit Unterbrechungen die Beschießung der südlichen Küste des äusseren Golfs fortgesetzt, dabei stellenweise sogar wehrlose Ortschaften eingeäschert, militärischen Schaden aber nicht angerichtet. Die Verteidigung ist augenscheinlich vorzüglich organisiert. Immerhin muß im Falle der Einsetzung stärkerer Kräfte mit der Forcierung des Hafeneingangs in näherer oder fernerer Zukunft gerechnet werden. Smyrna wird in diesem Falle ebenfalls verteidigt werden und die Zivilbevölkerung würde alsdann ins Innere abziehen müssen. Die türkischen Behörden haben bereits ihre Archive im Innern des Landes untergebracht und zahlreiche Familien zur Abreise veranlasst. Ich werde die Sachlage morgen (Dienstag) nachmittag mit den Reichsangehörigen und Schutzgenossen besprechen und behalte mir gehorsamst vor, etwaige Fragen einzeln telegraphisch unter Bezugnahme auf diesen Bericht Euerer Exzellenz vorzulegen.


[Humbert]

an Seine Exzellenz den Kaiserlichen Botschafter pp. Konstantinopel

Anlage 6


Abschrift

Kaiserlich Deutsches Konsulat


Smyrna, den 9. März 1915.

No. 734.

Im Anschluß an meinen gestrigen Bericht.

Die Schießerei im äusseren Golf dauert an. Es scheint, als ob der Feind, wenn er überhaupt einen andern Zweck verfolgt als den, auf die Gemüter zu wirken, das ganze Gelände abschießt, um die Stellung der türkischen Batterien kennen zu lernen.

Eine Erzwingung der Hafeneinfahrt durch Schiffe könnte nur auf der im Schußbereich der Geschütze des Forts Sandjak Kale liegenden, durch Minen versperrten Fahrstrasse erfolgen und würde den Engländern zweifellos einige Schiffe kosten. Sie haben sich selbst heute mittag die Durchfahrt noch mehr erschwert, indem sie einen von den Türken heute früh an die Innenseite der Minensperre gelegten englischen Handelsdampfer bereitwilligst mit drei Volltreffern in den Grund geschossen haben. Zwei andere hier festgehaltene englische Dampfer werden heute oder morgen, mit oder ohne Hilfe der Engländer, ihrem Gefährten folgen, um die Hafeneinfahrt noch mehr zu versperren.

Dem deutschen Levante-Linie-Dampfer Aegina wird türkischerseits ohne meine Zustimmung nichts geschehen.

Seit Sonnabend, den 6. d.M. sind die meisten hiesigen Engländer und Franzosen als Kriegsgefangene interniert.


[Humbert]

Seiner Exzellenz dem Kaiserlichen Botschafter Konstantinopel

Anlage 7


Kaiserlich Deutsches Konsulat zu Damaskus den 20. Februar 1915.

Nr. 100

Seit einigen Tagen weilt in den Mauern von Damaskus eine Abordnung Ibn Reschids, des Emirs von Nedschd und Herrschers der Schammarbeduinen, die wegen ihrer Zahl und Macht zu den einflußreichsten Beduinenstämmen zu rechnen sind. Sie wird geführt von Reschid Pascha, dem Vertrauensmann und Generalbevollmächtigten der Ibn Reschid’schen Regierung, der beauftragt ist, mit der türkischen Regierung über die durch die nachstehend vorgetragenen Ereignisse vollzogenen Änderungen der politischen Lage im Irak zu verhandeln.

Beduinenhistorikern ist bekannt, dass Ibn Reschid und Ibn Seud, der Emir der Beduinen von Riad, in Fehde miteinander liegen. In letzter Zeit nun - und damit beginnen jene Beduinenhändel weitere Beachtung zu verdienen - hat die Pforte versucht, beide Parteien zu einen und sie gegen England zu verwenden. Vor allem sollte sich Ibn Reschid mit seinen Mannen nach Egypten wenden. Die Verhandlungen fanden vor einigen Wochen in Medina statt. Von seiten der türkischen Regierung wurde dabei mit je 10 000 Pfd. für die beiden Emire nachgeholfen. Ausserdem erhielt der Emir von Mekka, Hussen, ein Geldgeschenk von 15 000 Pfd., ob dafür, dass er die Unterhandlungen vermittelte, oder weil man dieses Würdenträgers Treue sich erkaufen wollte, mag dahingestellt bleiben.

Trotz aller materiellen Opfer scheiterten die Einigungsversuche vollständig; sie waren überhaupt aussichtslos, da Ibn Seud, genau wie Ibn Sabbagh, der Scheich von Kueit, im Solde Englands steht. Was Ibn Reschid betrifft, so sagte mir Raschid Pascha, war es für seinen Herrn gänzlich ausgeschlossen, sein Land seiner Streitmach zu entblössen oder sie in einer dem Irak entgegengesetzten Richtung zu verwenden. Erst nach völliger Vernichtung der Macht Ibn Seuds und der Zurückwerfung der Engländer aus dem Schatt el Arab könnten seine Kräfte für die egyptische Sache verfügbar werden.

In der Tat ist Ibn Reschid unmittelbar nach den Verhandlungen in Medina mit seiner ganzen, angeblich aus über 30000 Mann bestehenden Heeresmacht gegen Ibn Seud zu Felde gezogen. In der zweiten Hälfte des Januar, bei Dscherab, halbwegs zwischen Kassim und Bassora, etwa 10 Tagesmärsche von dieser Stadt entfernt, kam es zur Schlacht, in der Ibn Seud völlig geschlagen worden ist. Nach Angaben Raschid Paschas, die mir vom Wali bestätigt werden, blieben 3000 Tote auf dem Schachtfeld; in den vordersten Reihen wurden die Leichen von zwei englischen Offizieren, von denen der eine nach bei ihm gefundenen Visitenkarten der Captain Shakespear von der indischen Armee war, und diejenige des englischen Konsuls von Bassora gefunden. Des letzteren Identität ist mit Hilfe seines bei ihm gefundenen Tropenhelms genau festgestellt worden. Bei dem feierlichen Einzuge der Gesandtschaft Ibn Reschids hat jener Helm eine besondere Rolle gespielt. Dem Zuge wurden 5 erbeutete Fahnen vorangetragen; auf dem Stock der mittleren war der Helm in malerischer Weise aufgespießt und erregte bei der Bevölkerung von Damaskus großen Jubel.

Nach der Niederlage Ibn Seuds, der selbst zu seinem Freunde Ibn Sabbagh nach Kuweit geflohen sein soll, haben sich seine meisten Anhänger angeblich Ibn Reschid unterworfen. Nur die Gebiete um Kassin und Riad selbst sollen noch zu Ibn Seud halten. Gegen sie sind die Truppen der Schammar im Anmarsch.

In den gegenwärtigen Zeiten sind jene Vorgänge der Beachtung wert. Durch den Sieg Ibn Reschids hat die englische Macht im Persischen Golf einen Stoß erlitten, mindestens aber eine moralische Einbusse bei den Arabern erfahren. Waren doch die Ibn-Seud-Leute zweifellos von englischen Offizieren geführt. Aber auch die Gebiete um die heiligen Stätten von Mekka und Medina, wie der ganze Hedschas, sind damit dem englischen Einfluss ferner gerückt. Wenig verständlich ist bei alledem, dass die türkische Regierung noch mit Ibn Seud verhandelt hat zu einer Zeit, wo seinem Bruder von der englischen Seite das Emirat von Bassora angeboten war. Sie kann nur gut daran tun, sich die Gefolgschaft des zufälligen Bundesgenossen Ibn Reschid zu nutze zu machen, denn dieser kann den Engländern im Irak zu schaffen machen.

Es wird hier in ernsthaften Kreisen behauptet, das der Emir von Mekka nicht nur englischer Parteigänger ist, sondern ebenfalls in englischem Solde steht. Dass er der politische Freund von Ibn Seud ist, ging aus Briefen, die sich unter der Kriegsbeute befanden und die ich selbst gesehen habe, hervor. Die Pforte scheint sich über die Persönlichkeit Hussens in einem Irrtum zu befinden. Das geht daraus hervor, dass gerade jetzt der bewährte Wali vom Hedschas, Wahib, abberufen worden ist, um ein Kommando im Kaukasus zu übernehmen. Dieser soll sich über die wahre Gesinnung des Emirs keinen Täuschungen hingegeben haben. Er wird außerdem als ein Mann bezeichnet, der durch seine Persönlichkeit allein - Militär ist in Mekka so gut wie nicht vorhanden - das Eindringen englischen Einflusses in den Hedschas zu verhindern vermocht hätte. Wahib Pascha, der inzwischen in Konstantinopel eingetroffen sein dürfte, macht den Eindruck eines klugen energischen Mannes. Er wird daselbst zweifellos die wünschenswerten Aufklärungen geben. Eine Überschätzung des Ansehens und Einflusses des Emirs von Mekka wird für unbegründet gehalten, aus einer Stellungnahme gegen ihn sollen keinerlei Unzuträglichkeitn an Ort und Stelle zu befürchten sein.

Reschid Pascha reist in den nächsten Tagen nach Konstantinopel und wird sich Euerer Exzellenz vorstellen. Er ist hier mit allen Ehren von Zivil- und Militärbehörden empfangen worden. Ich stehe nicht an, ihn auf seine Bitte dem Wohlwollen Euerer Exzellenz zu empfehlen.


gez. Unterschrift

Seiner Exzellenz dem Kaiserlichen Botschafter pp. Konstantinopel.



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