1916-04-20-DE-004
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Quelle: DE/PA-AA/R 20069
Zentraljournal: 1916-A-12238
Erste Internetveröffentlichung: 2017 Juni
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1915.06-1916.12
Praesentatsdatum: 05/09/1916
Zustand: A
Letzte Änderung: 11/19/2017


Der Leiter der Zentralstelle für Auslandsdienst (Jäckh) an das Auswärtige Amt

Bericht


Berlin, den 20. April 1916

Ganz Geheim.

Bericht von Dr. Jäckh über Konstantinopel im März und April 1916.

Mein damaliger Aufenthalt in Konstantinopel (der zwölfte in acht Jahren) galt der Klarstellung der Frage des „Hauses der Freundschaft“, der Organisation der „Türkisch-Deutschen Vereinigung“ und einer allgemeinen politischen Information über die Stellung der Türkischen Regierung, ihre Stimmung und ihre Absichten. Diese Aufgaben nahmen sechs Wochen in Anspruch, während welcher eine fast tägliche, meist freundschaftliche und vertrauliche Aussprache mit den türkischen Staatsmännern möglich war, ganz besonders mit den Persönlichkeiten des türkischen Triumvirats: Talaat Bey, Enver Pascha und Halil Bey, auch mit den „französischen“ Jung-Türken wie Djavid Bey und Hussein Djahid Bey, dem Vizepräsidenten des Parlaments. Diese Namen sollen als die Hauptquellen vorangesetzt werden. Neben ihnen konnten alle anderen türkischen Minister und Persönlichkeiten (wie der Großwesir, General Ismail, Hakki Pascha, der Scheich-ul-Islam, Dr. Nazim, ferner Abgeordnete, Senatoren, Offiziere und Journalisten) ebenso gehört werden wie die Herren der deutschen Vertretung, am meisten der Militärattaché Oberst von Lossow, mit dem ich (um das gleich festzustellen) in allen Punkten der Beurteilung der politischen wie der wirtschaftlichen Lage völlig übereinstimme. Die Zeit dieser Eindrücke wird charakterisiert militärisch: durch die Wirkung des Falles von Erzerum und durch die Notwendigkeit der Preisgabe von Trapezunt; innerpolitisch: durch die Rückkehr Enver Paschas von Medina und von der Sinai-Halbinsel und durch die Vorbereitung seiner Reise nach Bagdad; wirtschaftlich: durch den Übergang des unwirtlichen Winters in die wirtschaftlichen Erleichterungen des Frühjahrs; und schließlich deutsch-politisch: durch die deutsch-türkischen Verhandlungen über die neue Konvention, die die alten Kapitulationen beseitigen und ersetzen soll – alles das Anlässe genug zu charakteristischen Stichproben.

1. Die politische Lage.

Berlin war bei meiner Abreise am 1. März voll von schlimmen Berichten und Gerüchten über die inneren Schwierigkeiten der Türkei, die wirtschaftlich und politisch so groß seien, daß die Möglichkeit oder gar die Notwendigkeit türkischer Sonderfriedensabsichten in Rechnung gesetzt werden müsse. Auch der Botschafter in Konstantinopel sprach es bei unserer ersten Unterredung (am 4. März) aus: „Die türkische Regierung braucht heute noch nicht an einen Sonderfrieden zu denken, aber vielleicht schon in einem Monat.“

Enver Paschas Auffassung dagegen läßt sich so zusammenfassen: „Unsere gesamte Lage ist besser als vor einem Jahr. Militärisch: In den Dardanellen ist kein Feind mehr; in Mesopotamien ist der Feind zurückgedrängt und der Fall von Kut-el-Amara ist nur eine Frage der schweren Artillerie, die bereits dorthin unterwegs ist und die Mitte April dort ankommen kann. Die Vorbereitungen für den Angriff gegen den Suezkanal gehen gut voran: ich bin selbst auf einer der beiden neuen Automobilstraßen bis 40 km vor den Kanal hingefahren. Bleibt nur Erzerum! Die Russen werden auch noch Trapezunt besetzen, und wir wundern uns nur darüber, daß sie es nicht schon seit Wochen getan haben. Dann wird aber die russische Offensive zum Stehen kommen müssen aus geographischen und militärischen Gründen. Wirtschaftlich: Ich habe es mit eigenen Augen auf der Fahrt durch ganz Syrien bis in die Wüste gesehen, daß das ganze Land zum mindesten Friedensbestellung der Felder hat, vielleicht sogar mehr.“ (Ich verweise auf mein Telegramm, das als Beilage 1 dem Bericht beigefügt ist, sowie auf die bezüglichen Einzelberichte der Militärattachés an den Generalstabschef). „Warum sollten wir an einen Sonderfrieden denken? Nur um den einzigen Freund, den wir besitzen, uns auch noch zum Feind zu machen? Denn unsere jetzigen Feinde werden uns diesen Krieg auch nach einem Sonderfrieden nie vergessen, sie werden immer unsere Feinde bleiben müssen! Sollten wir dazu eine Million Menschen geopfert haben? Nein! Unser Kriegsgewinn und unser Kriegsziel ist: kein Land, aber unsere nationale Freiheit!“

Talaat Bey: „Ich habe im Parlamentsausschuß eine Frage über Erzerum damit beantwortet, daß ich erklärte: wären wir nicht in den Krieg eingetreten, so hätten wir alles verloren; so haben wir wenigstens den übrigen Teil gerettet.“ (Vergleich dazu die gleichfalls beigefügte Depesche in der Beilage 2) „Unser Verhältnis zu Deutschland läßt sich in einem Satz zusammenfassen: ihr könnt alles und wir können nichts! Ihr steht an der Spitze aller Völker auf allen Gebieten: militärisch, wissenschaftlich, wirtschaftlich, organisatorisch. Diese Tatsache hat der Krieg vor aller Welt bewiesen. Ihr allein könnt uns helfen. Aber sagt uns nicht jeden Tag immer wieder, daß wir nichts können; sagt uns auch einmal, daß wir einige angenehme Eigenschaften haben. Ihr müßt uns psychologisch erobern und ich will euch dazu selbst die Methode anraten. Schickt uns vor allem bald endlich einmal die Berater für unsere Ministerien.“

Halil Bey: „Uns einen Sonderfrieden zuzumuten, ist eigentlich beleidigend. Wir sind in den Krieg eingetreten, nicht um der schönen Augen Deutschlands willen, sondern nach reiflicher Erwägung für unser eigenes Lebensinteresse. Dieses gleiche Lebensinteresse macht es uns zur Notwendigkeit, durchzuhalten; und wir werden durchhalten! Ich kenne auch die Quelle der fraglichen Insinuation: das ist der österreichische Botschafter Graf Pallavicini. Ich habe ihn auch gestellt und ihm persönlich meine Verwunderung ausgesprochen, daß er solche Äußerungen tue und daß er auch dem deutschen General von Bronsart gegenüber von einem Sonderfrieden gesprochen habe. Der Botschafter hat sich damit entschuldigt: er habe das nie so ernst gemeint und hätte nur auf den Busch klopfen wollen. Ich habe mir diese Methode ernstlich verbeten.“

Nach meiner Rückkehr erhalte ich aus Konstantinopel die Nachricht, daß die türkische Regierung auf dem Wege Enver-Lossow-Metternich dem Botschafter Pallavicini hat sagen lassen: „daß die Regierung seine türkofobe, aus Pessimismus, Mießmacherei und Verleumdung bestehende Politik nicht mehr ertragen könne: sollte sich das nicht ändern, so würde man vor einem Affront nicht zurückschrecken, der sein Verbleiben auf dem Botschaftsposten unmöglich macht.“

Hussein Djahvid Bey, intimster Freund von Djavid Bey, Vizepräsident der Kammer und türkischer Delegierter bei der Dette publique: „Sie wissen, ich liebe Frankreich, seine Kunst und Literatur. Ich fühle mich kulturell zu Frankreich hingezogen, und ich bemitleide jetzt die französische Nation, die in diesem Kriege zu Grunde geht. Aber all das hat mit meiner politischen Rechnung nichts zu tun. Meine politische Rechnung war immer: irgendein Bündnis ist für die Türkei notwendig; wir müssen heraus aus der Isolierung. Unsere Regierung hat für Deutschland entschieden: diese Entscheidung ist eine Tatsache, an der nichts mehr zu ändern ist: deshalb gibt es auch für mich keine Schwankung mehr. Sie wissen auch: ich bin gegen die Kriegsbeteiligung der Türkei gewesen. Aber auch das ist heute keine Frage mehr; es besteht nur noch eine Tatsache: wir haben uns für den Krieg entschieden, wir führen den Krieg und müssen ihn in unserem eigenen Interesse durchhalten an der Seite Deutschlands. Das Schicksal der Türkei ist durch diese Entscheidungen an Deutschland geknüpft auf Gedeih und Verderben. Alle Erwägungen, die früher einmal möglich waren, sind jetzt unzeitgemäß geworden. Deshalb trete ich auch persönlich in den Vorstand der „Türkisch-Deutschen Vereinigung“ ein, weil mein Fernbleiben sonst Anlaß zu Folgerungen geben würde, die falsch wären und die schädlich wirken würden.“

Die gleiche Klarheit eines realpolitischen Denkens und Willens habe ich bei allen türkischen Persönlichkeiten gefunden: das deutsch-türkische Bündnis gilt ihnen als die einzige Sicherheit für die türkische Zukunft. Ich behaupte mit aller Zuversichtlichkeit: kein einziger der türkischen Machthaber ist willens oder fähig, an Sonderfriedensmöglichkeiten zu denken (Vergleiche auch die Beilage 3: einen Bericht des Marineattachés). Es fragt sich nur, ob die türkischen Machthaber auch wirklich die Macht haben. Auch diese Frage ist zu bejahen. Es gibt nur eine einzige politische Organisation in der Türkei: das Komitee. Dieses Komitee hat die Macht; durch die Armee und durch die Verwaltung. Das Komitee ist die Regierung. Wer sollte dieses Komitee und diese Regierung stürzen können? Außerhalb der Komiteepartei niemand, weil es (wie gesagt) keine einzige Partei, keine eigentliche „Opposition“ gibt, geschweige denn irgend eine Organisation von Opposition. Es gibt Notleidende und Unzufriedene: das sind einzelne Individuen; aber es gibt keine Organisation und keine Möglichkeit von Machtgewinnung. Bleibt noch die Möglichkeit eines Sturzes der jetzigen Regierung durch andere Mitglieder des Komitees – etwa durch Djavid Bey oder durch Djemal Pascha. Djavid Bey wird nie eine Machtorganisation hinter sich haben können – aus Gründen seines nicht gerade mutigen Charakters wie seiner zivilen Stellung. Djavid Bey macht wohl gelegentlich Schwierigkeiten, besonders wenn er unnötigerweise über deutsche Absichten informiert wird, worüber Enver Pascha selbst sich beschwerte; aber seine Komiteefreunde stürzen wollen – hieße doch -: sein Komitee schwächen wollen; und das will auch er nicht. Djemal Pascha hätte als ehrgeiziger Gewaltmensch wohl das Zeug zu mancherlei Gewalttätigkeiten; aber wozu sollte er einen Bürgerkrieg wollen? Er ist vor allem anderen Türke, er arbeitet mustergültig für die türkische Einheit in ganz Syrien und er ist aufrichtig mit Enver Pascha befreundet, ist auch für uns zuverlässig. Das ist auch der feste persönliche Eindruck des Militärattachés von Lossow, den Djemal Pascha ausdrücklich gebeten hat, dem „dummen Geschwätz“ über seine Unzuverlässigkeit in Berlin entgegenzutreten. Ist man doch deutscherseits soweit gegangen, die Söhne Djemal Paschas, die dieser nach Berlin zur deutschen Erziehung gegeben hat, als „Geisseln“ zu bezeichnen! Djemal Paschas türkische Arbeit in Syrien hat so gewirkt, daß – wie ein deutscher Augenzeuge berichtete – „Syrien jetzt zur Türkei gehöre.“ (Vergleiche auch hierüber die Beilage 1): Es erfüllt sich jetzt das Wort Moltkes, daß die Türkei ihre eigenen Provinzen erst noch zu erobern hat: das ist das türkische Verdienst Djemal Paschas in Syrien während dieses Krieges.

Freilich im Dezember hat es geheißen, Djemal komme nach Konstantinopel, um Enver zu stürzen! In Wirklichkeit lagen die Dinge so: Enver war in Orsowa mit General von Falkenhayn zusammengekommen und hatte mit ihm auch die Vorbereitungen für die Suez-Expedition besprochen. Auf der Heimfahrt sagte Enver zu Oberst von Lossow: nun sei es an der Zeit, Djemal nach Konstantinopel zu bitten zur Besprechung der mit General von Falkenhayn getroffenen Vereinbarungen. Enver telegraphierte in diesem Sinne im Beisein von Oberst von Lossow am Djemal, und dieser kam auf diese Einladung hin nach Konstantinopel. Das ist die Geschichte von Envers „Gefährdung“ durch Djemal!

Ein anderes Beispiel: Oberst von Lossow war in jenen Dezembertagen Zeuge einer intim-freundschaftlichen Besprechung zwischen Enver und Talaat. Kaum hatte er das Zimmer verlassen, da begegnete er dem österreichischen Militärattaché General von P. (genau wie Markgraf Pallavicini bekannt als Schwarzseher), der ihm sehr wichtig und ganz vertraulich „aus durchaus zuverlässiger Quelle“ berichtete: Enver und Talaat hätten sich seit zehn Tagen nicht mehr gesehen, hätten sich überworfen und Envers Stellung sei gefährdet! Lossow trat dem sofort entgegen durch den Hinweis auf sein eigenes Erlebnis. Aber - es war bereits telegraphiert worden!

Noch ein Beispiel: Enver Pascha will nach Syrien reisen, einmal um in seiner Eigenschaft als Kriegsminister und Vizegeneralissimus eine Inspektion über die Vorbereitungen für die Suez-Expedition vorzunehmen, noch mehr um die Idee der nationalen Einheitlichkeit durch seine Person zu kräftigen, um an der „türkischen Eroberung Syriens“ mitzuwirken. Oberst von Lossow, der bekanntlich die ganze Reise mitgemacht hat, berichtet auch über den wirklich großen nationalen Eindruck und Erfolg dieser Reise, die durch den Besuch von Medina auch noch ihren religiösen Einschlag und Höhepunkt erhielt. In Konstantinopel aber geht das geflüsterte Gerücht: Enver müsse und wolle sich den inneren Schwierigkeiten durch diese Fahrt entziehen. Ja – es wird Enver sogar deutscherseits geraten, sich nicht in die Gefahr zu begeben, die seine Abwesenheit für ihn bringen werde. Darauf erwiderte Enver lachend: „Sagen Sie Ihrem Auftraggeber, mein Hals sei mir näher als sein Hals.“ Solche Beispiele ließen sich noch mehr anführen.

Ich wiederhole: Die Regierung ist unter sich fest und einig und ist dem Volk gegenüber fest und stark. Diese Autorität könnte allerdings erschüttert oder gefährdet werden durch stärkere Ereignisse: wie wirtschaftliche Not, oder militärische Niederlagen, oder politische Mißerfolge.

Zur Frage der wirtschaftlichen Not: Für die Armee hat das durchgreifende, brutale Requisitionsverfahren des Generalintendanten Ismail Paschas das Notwendigste gesichert; für die Bevölkerung ist die schwerste Zeit dieses Jahres bereits vorüber, da seit dem Frühjahrsbeginn das Vieh leichte Weidemöglichkeit erhält und da die Bevölkerung durch das zahlreiche Gemüse und die einheimischen Salate eine Erleichterung verspürt. Oberst von Lossow berichtet, daß die Ernährungsnot im Balkankrieg eine weit größere gewesen ist, als jetzt selbst in diesem Winter, und daß auch damals das einsetzende Frühjahr alles geändert und verbessert habe. Die Bestellung der Felder sieht besser aus als anfänglich die landwirtschaftlichen Sachverständigen berichtet haben: diese sind zu ihrer Schätzung dadurch gekommen, daß sie durch das Landwirtschaftsministerium eine amtliche Statistik eingeleitet haben, die naturgemäß den befragten Bauern und Gutsbesitzer aus Angst vor einer neuen Besteuerung zu ungünstigen Angaben veranlaßt hat. Über die wirtschaftliche Lage in Syrien und Arabien bis in die Sinaiwüste hinein verweise ich wieder auf den Bericht des Augenzeugen Oberst von Lossow (Beilage 1). Von Smyrna und dem Hinterland ist auch Regierungsrat Bücher, der anfänglich sehr pessimistisch berichtet hat, mit besseren Eindrücken zurückgekommen. In manchen anderen Gebieten herrscht sicherlich Not, am meisten wegen des Mangels an Transportmitteln und an einer Organisation der Verteilung. Deutsche und türkische Politiker und Militärs würden sich von der Anwesenheit einiger weiterer Unterseeboote im Schwarzen Meer nicht nur militärisch sehr viel gegen Rußland und auch für eine günstige Wirkung auf Rumänien versprechen, sondern auch wirtschaftlich eine Erleichterung der Zufuhr der reichen Nahrungsmittel, die in Nordanatolien lagern zum Teil noch aus der Ernte des Jahres 1914, die nur zur See und unter dem Schutz von Unterseebooten nach Konstantinopel gebracht werden könnten.

Die Frage militärischer Niederlagen: Erzerum und Trapezunt wurden in dem Sinne getragen, wie Minister Talaat Bey es in der Kammer formuliert hat. Ein weiteres Vordringen der Russen wird deutscher- und türkischerseits als unwahrscheinlich betrachtet (wie gesagt) aus dem geographischen Grund der Geländeschwierigkeit, wie aus dem militärischen Grund der türkischen Verstärkung. Ebenso wird die Frage einer Gefährdung von Mossul-Bagdad durch einen russischen Vormarsch beurteilt. Enver Pascha will selbst wiederum mit dem deutschen Militärattaché und mit Offizieren der deutschen Militärmission nach Erzingian und von dort nach Bagdad. Kut-el-Amara soll fallen, sobald die schwere Artillerie dort angekommen ist. Das wird in der islamischen Welt einen stärkeren Eindruck machen als der Fall von Erzerum: 8000-10000 Engländer gefangen! Die Vorbereitungen für eine Suezkanal-Expedition sind in gutem Fortgange. Die Berichte des deutschen Militärattachés schildern die Arbeit von Djemal Pascha als „mustergültig.“ (Vergleiche Beilage 1): bis 40 km vor den Kanal hin alle 10 km eine Etappe mit Zisterne, Feldbäckerei, Feldschlächterei, Karawanserei, Baracken etc. Der Angriff auf den Suezkanal soll unabhängig von jeder Jahreszeit durchführbar sein. Die Regierung fühlt sich trotz Erzerum politisch und militärisch stark genug, um neben Kut-el-Amara die Offensive gegen den Suezkanal vorzubereiten. pp.


[Jäckh]
Anlage 1.
13. März 1916.

Admiral Berlin

für Unterstaatssekretär Zimmermann.

Militärattaché Lossows Eindrücke von Enverreise militärisch, politisch wirtschaftlich sehr gut. Lossow bezeichnet Djemals Organisationsarbeit vom Taurus bis Wueste grossartig, mustergiltig; Djemal liess deutsche Offiziere Ingenieure grosszügig arbeiten, so dass neue Stadtanlagen entstanden und feste Automobilstrasse die starken Wolkenbruch trotzten, mit völligem Etappenzubehör bis 40 km vor Kanal reichen. Feldbestellung in ganz Syrien bis Wueste gut. Ernteaussichten wie in Friedenszeiten, von Enver sogar noch besser geschätzt. Lossow dementiert unrichtige ängstliche Berichte Handelssachverständiger. Djemal bittet falschen Gerüchten über seine angeblich englisch-französische Gesinnung nicht glauben, wird auch von Lossow als zuverlässig beurteilt, Einvernehmen mit Enver ausgezeichnet, jetzige Regierung als vollkommen fest, hat selbst in franz. Libanon Fuss gefasst. Begeisterung überall gross gemeinsamer Besuch aller muhamedanischen christlichen jüdischen Heiligtümer. Lossow beurteilt innere und militärpolitische Lage als gesichert ruhig, bestätigt, dass niemand an Sonderfrieden denkt, dass keine organisierte Opposition besteht und erwartet keinerlei Ueberraschungen, sodass Türkei 2 Divisionen an österr. Front gibt. Lossow beurteilt Kapitulationsfrage wie meine Depesche: türk. Kriegsziel kann nur politische Unabhängigkeit sein.


[Jäckh durch Humann]



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