1916-02-01-DE-002
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Quelle: DE/PA-AA/R 20047
Zentraljournal: 1916-A-03255
Erste Internetveröffentlichung: 2017 Juni
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1915.06-1916.12
Telegramm-Abgang: 02/01/1916 05:20 AM
Telegramm-Ankunft: 02/04/1916 11:15 PM
Praesentatsdatum: 02/05/1916 p.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 69
Zustand: A
Letzte Änderung: 11/19/2017


Der Gesandte in Athen (Mirbach) an das Auswärtige Amt

Telegraphischer Bericht


Athen, den 1. Februar 1916

Für Chef des Generalstabes Feldheeres.

In einem längeren Gespräch über das Verbleiben der griechischen Truppen in Griechisch-Mazedonien und über die Möglichkeit einer Landung der Entente in Cavalla führte Metaxa am 3. Januar folges aus:

Die Räumung von Griechisch-Mazedonien könne nur auf dem Wasserweg erfolgen. Die ersten Abtransporte würden aber für die Entente das Zeichen zur Besetzung von Cavalla sein. Dem könne sich Griechenland durch Waffengewalt nicht widersetzen; der Generalstab und große Militärkreise seien zwar der Ansicht, daß es die Entente nicht zum offenen Konflikt mit Griechenland kommen lassen werde und seien deshalb für scharfe Maßregeln gegen die Übergriffe der Entente, das heißt gegebenenfalls für bewaffneten Widerstand, eingetreten; die Regierung habe sich aber zu diesem Entschluß nicht durchringen können. Meinen Einwurf, daß Griechenland dann damit rechen müsse, daß Cavalla von uns besetzt würde, da wir bei einer Operation gegen Salonik Cavalla keineswegs der Entente überlassen könnten, billigte Metaxa vollkommen, fügte aber hinzu, daß eine unmittelbare Besetzung von Cavalla durch deutsche Truppen wohl erst notwendig werde, wenn die Entente tatsächlich mit einer Landung drohe und daß es eigentlich genüge, den nördlich und östlich der Stadt laufenden Höhenzug zu besetzen, um jede Landung zu verhindern. Er setze voraus, daß eine Operation gegen Cavalla durch deutsche Truppen erfolgen werde.

Schließlich sagte Metaxa noch, daß England anscheinend das Versprechen geben wolle, von jetzt ab keine weiteren griechischen Gebiete zu besetzen.

Zusätze: Die letzte Äußerung ist wohl mit allergrößter Vorsicht aufzunehmen. Wenn England tatsächlich eine solche Zusicherung gibt, werden eben Franzosen gegebenenfalls die Besetzung versuchen und zwar spätestens bei Beginn unseres Angriffs auf Salonik. Es scheint mir deshalb wichtig, besonders wenn wir die Bahn Xanti-Drama-Serres benutzen wollen, unmittelbar vor Beginn der anderen Operationsbasis Truppen gegen Cavalla vorzuschieben, die in Besitz der die Stadt beherrschenden Höhen setzen. Damit werde wir allerdings voraussichtlich die Verpflegung der in Mazedonien stehenden griechischen Truppen übernehmen müssen, denn die Entente wird dann sicherlich jeden Schiffsverkehr mit Cavalla oder anderen Küstenplätzen Mazedoniens verhindern.

Ob weitere Übergriffe der Entente Griechenland doch noch offen auf unsere Seite führen werden, ist nicht vorauszusehen. Die Stimmung, die jetzt schon in der Armee herrscht, wird vielleicht am besten durch folgende Äußerung Metaxas bezeichnet: „Selbst wenn Venizelos heute die Macht hätte und der griechischen Armee befehlen würde an Seite der Entente zu kämpfen, so würde sich die Armee weigern.“ Die Abhängigkeit von der Entente in der Finanzfrage lähmt aber vorläufig immer noch alle mannhaften Entschlüsse.

Militärattaché Athen.


[Mirbach]



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