1915-12-17-DE-002
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Quelle: DE/PA-AA/R 20035
Zentraljournal: 1915-A-36514
Erste Internetveröffentlichung: 2017 Juni
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1915.06-1916.12
Telegramm-Abgang: 12/18/1915 02:15 AM
Telegramm-Ankunft: 12/18/1915 06:52 AM
Praesentatsdatum: 12/18/1915 p.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 2974
Zustand: A
Letzte Änderung: 11/19/2017


Der Botschafter in außerordentlicher Mission in Konstantinopel (Wolff-Metternich) an das Auswärtige Amt

Telegraphischer Bericht


Constantinopel, den 17. Dezember 1915

Bei zufälliger Begegnung teilte der Großwesir Frh. von Neurath mit, der Sultan beabsichtige Feldmarschall von Mackensen nach Konstantinopel einzuladen.

Ich halte den Besuch des Feldmarschalls im jetzigen Augenblick für verführt und unzweckmäßig.

I. Die uns ungünstig gesinnte Bevölkerung in der Türkei wird verbreiten:

Sehr Ihr, jetzt kommt schon ein deutscher Feldmarschall mit seinem Stab, die deutsche Eroberung der Türkei schreitet fort.

Die uns freundlich gesinnten Türken werden in dem Besuch eine Huldigung erblicken und ihre Eitelkeit wird unnötig gesteigert werden.

II. Feldmarschall von Mackensen hat den Weg nach Konstantinopel geöffnet. Die Feinde stehen aber noch an den Dardanellen. Der Zweck des serbischen Feldzugs war, die Dardanellen zu befreien. Ob dies gelingt, ist eine Frage der Zukunft. Wenn es nicht gelingt, was auch möglich ist, so würde der Besuch von unseren hiesigen Gegnern als Vorschußlorbeeren ausgelegt werden, die nachher ausbleiben.

Der Besuch sollte daher stattfinden, wenn die Dardanellen befreit sind. Dann hat der serbische Feldzug des Feldmarschalls seinen vollen Zweck erreicht und die überwiegende Mehrheit der Türken wird unter dem frischen Eindruck des endgiltigen Dardanellenerfolgs den Feldmarschall als Befreier begrüßten. Vorher nicht.

Ich halte es daher für richtig, daß die Einladung des Sultans vorläufig mit Dank abgelehnt und auf einen späteren noch nicht zu bestimmenden Zeitpunkt verschoben wird, da der Feldmarschall augenblicklich wichtige militärische Aufgaben zu erfüllen habe und er daher noch nicht abkömmlich für eine Reise nach Konstantinopel sei.

Ich bedaure, daß ich nicht um meine Ansicht gefragt worden bin bevor die Einladung suggeriert worden ist.


[Metternich]



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