1918-10-14-DE-001
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Quelle: DE/PA-AA/R14104
Zentraljournal: 1918-A-43240
Erste Internetveröffentlichung: 2003 April
Edition: Genozid 1915/16
Telegramm-Abgang: 10/14/1918 11:15 AM
Telegramm-Ankunft: 10/15/1918 10:00 AM
Praesentatsdatum: 10/15/1918
Zustand: A
Letzte Änderung: 03/23/2012


Das Vorstandsmitglied der Deutsch-Armenischen Gesellschaft Ewald Stier an den Staatssekretär des Auswärtigen Amts (Solf)

Telegramm



Friedrichsroda, den 14. Oktober 1918

Abschrift.
Namens der deutsch-armenischen Gesellschaft bitte ich folgendes vortragen zu dürfen: Die Deutsche Regierung hat die 14 Punkte des Wilsonschen Programms als Grundlage für die Friedensverhandlungen angenommen. Punkt 12 dieses Programms verlangt selbständige Entwicklung für die Völkerschaften des Osmanischen Reichs. Es handelt sich hierbei in erster Linie um die Armenier, deren Schicksal in diesem Weltkrieg vor allem von Seiten Amerikas aufs Lebhafteste beklagt worden ist und besser zur Deportation verurteilte Frauen und Kinder an keinem Volke eine so ergiebige Hülfe erfahren haben als von den Amerikanern. Es ist der Öffentlichkeit unbekannt, in welch hohem Masse die Kreise des deutschen Volkes die über die wirkliche Sachlage unterrichtet waren hiermit mit den amerikanischen sympathisiert haben. Wie denn die amerikanischen Spenden für die Deportierten nach Eintritt Amerikas in den Krieg zugleich mit den nicht unerheblichen Gaben von deutscher Seite durch deutsche Hände den Armeniern übermittelt worden sind. Die Kriegslage verbot bisher der Öffentlichkeit die Schritte bekannt zu geben, die von der Deutschen Regierung, leider vielfach vergeblich für das armenische Volk getan worden sind. Wir richten an die Deutsche Regierung das Ersuchen, dies nunmehr unverzüglich zu tun, nachdem in der Türkei selbst ein Systemwechsel eingetreten und statt des zentralistischen ein dezentralistisches den Armeniern freundlich gesinntes Kabinett an die Spitze getreten ist. Wir geben uns ferner der Erwartung hin, daß die Deutsche Regierung gemäß den von ihr angenommenen Grundsätzen der Wahrung der Rechte der kleinen Völker und des Selbstbestimmungsrechts der Nationen auch ihrerseits für die Befreiung des armenischen Volkes eintreten wird, die endlich diesem Märtyrervolk Sicherheit von Leben und Eigentum eine selbstständige ruhige Entwicklung und ungestörte Entfaltung seiner wirtschaftlichen und kulturellen Kräfte gewährleistet. Wir erheben diese Forderung ebenso im Namen der Humanität und der Idee der Gerechtigkeit wie im wohlverstandenen Interesse des deutschen Volks. Wir bitten zur näheren Erläuterung des vorstehenden Programms wegen der Wichtigkeit der armenischen Frage gerade im gegenwärtigen Augenblick einige Vertreter unserer Gesellschaft in den nächsten Tagen empfangen zu wollen.

[Pfarrer Stier bei Superintendent Burbach, Gotha, Mykoniusplatz 12]

[Antwort Auswärtiges Amt 17.10]

Abschrift.

Euer Hochwürden beehre ich mich auf das an den Herrn Staatssekretär des Auswärtigen Amts gerichtete Telegramm vom 14. d.M in seinem Auftrage zu erwidern, daß der Anregung der deutsch-armenischen Gesellschaft die Bemühungen der Kaiserlichen Regierung zu Gunsten der Armenier der Öffentlichkeit im jetzigen Zeitpunkt mitzuteilen nicht Folge gegeben werden kann.

Der Herr Staatssekretär ist durch anderweitige wichtige Dienstgeschäfte so in Anspruch genommen, daß er in der nächsten Zeit zu seinem Bedauern nicht in der Lage sein wird den Vorstand der deutsch-armenischen Gesellschaft zu empfangen. Dagegen steht der Referent Herr Geheimer Legationsrat Göppert den Herren zu einer Besprechung jederzeit zur Verfügung.



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