1918-04-15-DE-001-V

DuA Dok. 383 (re. gk.)

Der Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt (Bussche-Haddenhausen) an den Botschafter in Konstantinopel (Bernstorff)

Nr. 561

Berlin, den 15. April 1918

Neuerdings mehren sich die Nachrichten über angebliche Greueltaten der vorrückenden türkischen Truppen. Ew. pp. wäre ich für baldige Äußerung dankbar, wie Sie diese Nachrichten beurteilen und was für Meldungen dort etwa aus dem ehemals russischen Gebiet vorliegen. Konsul Bergfeld dürfte vielleicht in der Lage sein, aus anderen Quellen, als türkischen amtlichen Berichten zu schöpfen. Es wäre erwünscht, wenn wir den russischen Funkspruch, der in aller Welt bekannt werden wird, schnell mit einer auf zuverlässigen Nachrichten gegründeten Widerlegung beantworten könnten.

Da wir die Bestimmung des Brester Vertrages über Kars, Ardahan und Batum für die Türken durchgesetzt haben, würden wir in eine äußerst peinliche Lage kommen, wenn die jetzt erhobenen Beschuldigungen auf Wahrheit beruhten. Wir müssen verlangen, daß sie schonend mit der christlichen Bevölkerung umgehen und ihre Rechte in jeder Hinsicht achten. Wir haben auch ein Recht darauf, von den Türken über alle Vorgänge in den genannten Gebieten auf dem Laufenden erhalten zu werden. Ew. pp. bitte ich, in diesem Sinne mit dem Großwesir und dem Minister des Äußeren zu sprechen und den Großwesir an seine Zusagen zu erinnern, alsbald nach der Rückkehr aus Bukarest eine Amnestie für die Armenier zu erlassen. Wir versprechen uns von einer solchen Maßnahme im gegenwärtigen Augenblick eine beruhigende Wirkung auf die aller Orten bereits stark erregte öffentliche Meinung. Auch auf die Armenier in dem ehemals russischen Gebiete dürfte die Maßnahme ihren Eindruck nicht verfehlen. Erwünscht wäre es, wenn General v. Seeckt Entsendung deut. Offiziere durchsetzen würde. Erbitte Drahtbericht.


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