1915-05-03-DE-002
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Quelle: DE/PA-AA/BoKon 96/Bl. 7-8
Botschaftsjournal: 10-12/1915/3397
Erste Internetveröffentlichung: 2010 April
Edition: Deportationsbestimmungen
Zustand: A
Letzte Änderung: 03/23/2012


Die deutsche Firma Otto Scheffels an den Botschafter in Konstantinopel (Wangenheim)

Schreiben


Constantinopel, 3. Mai 1915.

Ew. Excellenz

gestatte ich mir ergebenst zur Kenntnis zu bringen, dass Montag, den 26. April cr. mein Prokurist, Herr Vartanes Mardiguian seitens der hiesigen Polizei-Behoerden arretiert und in dem Zentral-Gefaengnisse am Sultan Ahmed-Platze in Stambul interniert worden ist.

Herr Mardiguian vertritt meinen Herrn Scheffels speziell bei der Bearbeitung von Regierungsgeschaeften, und da eine Reihe wichtiger, vertraulicher Verhandlungen von ihm muendlich gefuehrt worden sind, beeinflusst seine Abwesenheit sowohl die Interessen meines Hauses wie auch diejenigen der dabei in Frage kommenden deutschen Fabrikanten auf das Nachteiligste.

Ich bin durchaus davon ueberzeugt, dass Herrn Mardiguian seitens der tuerkischen Behoerden keinerlei Verschulden nachgewiesen werden können, wie dies auch aus den mir seitens des Herrn Mardiguian zugegangenen Mitteilungen hervorgeht, und hatte gehofft, dass der Haftbefehl in wenigen Tagen zurueckgezogen wuerde.

Leider aber muss ich erfahren, dass bislang keinerlei Untersuchung gegen Herrn Mardiguian eingeleitet worden ist, und erlaube ich mir deshalb an Ew. Excellenz die ergebene Bitte zu richten, unter Beruecksichtigung der tatsaechlichen Gefaehrdung wichtiger deutscher Interessen die hiesige Polizei-Direktion eventuell auf amtlichem Wege ersuchen zu lassen, die Vernehmung des Herrn Mardiguian baldigst anzuordnen, damit ich im Falle einer weiteren Aufrecherhaltung des Haftbefehles Herrn Scheffels, der sich infolge ärztlicher Anordnung zu einer Kur in einem ungarischen Badeort aufhaelt, nach hier zurueckrufen kann.

Ex. Excellenz fuer eine freundlichen Intervention im Voraus verbindlichst dankend, zeichne ich


mit aller Hochachtung und Ergebenheit
ppa. Otto Scheffels
[Unterschrift]


[Antwort Botschaft 10.05.1915]

Auf das Schreiben vom 3.5.1915.

Die Kaiserliche deutsche Botschaft muß zu ihrem Bedauern von einer Verwendung zu Gunsten des Herrn Mardiguian absehen. Ein dahin gehender Schritt, abgesehen davon, daß er nach diesseitiger Kenntnis der Verhältnisse ergebnislos verlaufen dürfte, würde von der Pforte nur als eine unangebrachte Einmischung in innertürkische Angelegenheiten aufgefaßt werden.


N[eurath]



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