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Buch

Unterrichtsmaterial über den Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich 1915/16 von Jörg Berlin

Kapitel

01. Geplanter Tod durch Massaker, Krankheit, Hunger, Durst, Ertränken, Kälte

Dokument 1.04

Hinweise für Lehrkräfte

Konkrete, bewegende Schilderung der brutalen Austreibung der armen. Bevölkerung aus Adrianopel in der europ. Türkei. Beschlagnahme/ Raub der Häuser, Geschäfte etc. Befehl dazu aus Konstantinopel.

Quelle

Haus-Hof- und Staatsarchiv, Politisches Archiv, Wien. Zitiert nach: Ohandjanian, Artem (Hg.), Österreich-Armenien 1872-1936. Faksimilesammlung diplomatischer Aktenstücke, Wien 1995, Bd. VI: 1914-1915, S. 4825 ff.
(Zu den erwähnten Zwangsverkäufe vgl. das Foto in: Die Austreibung des armenischen Volkes in die Wüste : ein Lichtbildvortrag.Armin T. Wegner. Hrsg. von Andreas Meier. Mit einem Essay von Wolfgang Gust, Göttingen 2011, S. 30.)






Dieser unendlich traurige Zug aus der Stadt.

Aus einem Bericht des österreichischen Konsuls in Adrianopel an den Botschafter in Konstantinopel vom 29. Oktober 1915


Die Ausweisung der Armenier, eine Maßregel, die die weitere Durchführung des … Programms des jungtürkischen Komités darstellt, hat [hier] von einem Moment zum anderen begonnen. Vorgestern Abend um 8 Uhr erschienen Polizeiorgane in den Häusern der reichsten und wohlhabenden armenischen Familien und zwangen dieselben innerhalb [einer halben] Stunde, ihr Haus, Weib und Kind zu verlassen. Den bedauernswerten Opfern einer unverständlichen und sinnlosen Politik wurde gestattet nur 40 Piaster und einige unumgänglich notwendige Wäschestücke mitzunehmen. All ihr Hab und Gut, ihre Geschäfte, mit einem Wort Alles mussten sie zurücklassen. Sie wurden auf 164 Wagen verladen und in der Nacht bewegte sich dieser unendlich traurige Zug aus der Stadt …, von wo diese Menschen weiter, angeblich nach Arabien, wahrscheinlich aber nach Mossul, wo bereits 1, 5 Millionen ihrer Konnationalen im Elend schmachten, abtransportiert werden sollen.

Die Szenen, die sich in der Nacht vom 27. Auf den 28. Hier abgespielt haben, spotten jeder Beschreibung, Kranke, Greise und Kinder wurden aus den Betten herausgezerrt und mit Gewalt abgeführt. Keine Rücksichten und kein Erbarmen mit hilflosen unschuldigen Menschen ließ man gelten, nur rohe Gewalt und barbarische Ungerechtigkeit herrschten. … Die Häuser und Geschäfte der Ausgewiesenen wurden versiegelt und bewacht. Gestern begann man diese zu öffnen und denselben alles zu entnehmen, was wertvoll ist. Euer Exzellenz können sich vorstellen, dass die Beute, man kann nur diesen noch milden Ausdruck gebrauchen, eine reiche ist. …

Die noch hier verbliebene armenische Bevölkerung lebt in einem panikartigen Schrecken. Sie fürchtet mit Recht, das Schicksal der Übrigen zu erleiden.

Die hiesigen Lokalbehörden erklären, für diese Vorfälle keine Verantwortung zu tragen, da sie über Befehl aus Konstantinopel handeln. … Jeder, der hier jahrelang lebt und die Armenier genau kennt, ist überzeugt, dass die größte Majorität derselben allen Bestrebungen und Bewegungen gegen die Regierung ferngestanden hat


Abb. 5: Deportierte auf dem Marsch


Deportationszug (im frühen Stadium der Vertreibung)
Der österreichische Wissenschaftler Viktor Pietschmann, der dieses Bild 1915 aufnahm, notierte dazu: „Auch hier konnte man nur sehr, sehr wenige Männer sehen. Außer Kutschern und Gendarmen waren nur Frauen da. Wenn ein Mann zu sehen, dann war er alt und schwach. Es waren sehr alte Männer. Und Kinder, mit traurigen, sorgenvollen Gesichtern oder sie weinten und schluchzten.“ Aus: www.aaainc.org Witness to the Armenian Genocide (Sammlung V. Pietschmann)
Abb. 6: Halt eines Deportationszuges



Abb. 6: Halt eines Deportationszuges



Aus: www.aaainc.org Witness to the Armenian Genocide (Sammlung V. Pietschmann)


Abb. 7: Deportierte Armenier auf dem Todesmarsch

Aus: www.genocide-museum.org. Foto collection. Sammlung Leslie Davis




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