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Buch

Unterrichtsmaterial über den Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich 1915/16 von Jörg Berlin

Kapitel

01. Geplanter Tod durch Massaker, Krankheit, Hunger, Durst, Ertränken, Kälte

Dokument 1.09

Hinweise für Lehrkräfte

Ziel ist Ausrottung der Armenier. Wer tatsächlich bei Deportation bis in die syrische Wüste bzw. bis Rakaa am Euphrat überlebt, wird bis zum Ende im Kreis herumgeschickt.

Quelle

Politisches Archiv des deutschen Auswärtigen Amts. Zitiert nach: Wolfgang & Sigrid Gust (Ed.), www.armenocide.net. A Documentation of the Armenian Genocide in World War I. 1916-1-3.






Auf den Weg nach Rakka.

Der deutsche Eisenbahningenieur Bastendorff beschreibt am 18.12. 1915 seine Wahrnehmungen in Tell-Abiad in der syrischen Wüste


Im November kamen die Frauentransporte von Urfa. Eine Frau, die mich wiedererkannte, bat mich, ihre Kinder zu retten. Der Aufseher trieb sie zurück und rief ihr zu: „Gerettet wird keiner, du wirst gehen, bis du krepierst. Und wo du liegen bleibst, fressen dich die Hunde." Soldaten aus Hama, die diese Gruppe begleiteten, verlangten vom Aufseher, dass er Brot heranschaffe, da die Frauen bereits zwei Tage unterwegs seien; er antwortete: „Krepieren sollen sie, zu essen gibt es nichts." Diese Gruppe wurde nach mehrtägigem Aufenthalt in Tell-Abiad und Ain-el-Arus nach Rakka weitergesandt. Von Rakka wurden selbe nach Tell-Abiad zurückgesandt, da sie angeblich nach Mossul weiter sollten. Von Tell Abiad wurden sie dann wieder nach Rakka zurück gesandt. (Die Strecke von Tell-Abiad nach Rakka beträgt in der Luftlinie rund 90 km.) Inzwischen setzte nachts stärkere Kälte ein, welche jedenfalls das Nötige beitrug, ein nochmaliges Hin- und Hersenden zu erübrigen.

Gegen 10 000 Emigranten kamen im November und Anfang Dezember aus der Richtung Urfa in Tell Abiad durch. In einem Gespräch mit dem Streckenkommandanten Djemil Bey und einem Inspektor Mahmud Bey frug unser Arzt Dr. Farah, wo man alle diese Armenier hintransportiere; Djemil Bey antwortete: „Nach Rakka". Mahmud Bey, der selbst die Art der Behandlung der Armenier missbilligte, entgegnete: „Auf den Weg nach Rakka."

Alle Maßnahmen, die den Armeniern gegenüber getroffen wurden, was ich gesehen habe und beobachten konnte, gehen darauf hinaus, was mir der Direktor der Emigranten Schuekri Bey sagte: „Das Endresultat muss die Ausrottung der armenischen Rasse sein. Es ist der ständige Kampf zwischen Muselmanen und Armeniern, der jetzt definitiv ausgefochten wird. Der Schwächere muss verschwinden."


Abb. 12: Deportierte auf einem abgeernteten Feld

In der Literatur ist umstritten, ob die Menschen Samen und Körner sammeln oder an Typhus und Ruhr erkrankt sind und mangels ordentlicher Aborte ihre Notdurft im Freien verrichten. Die letztere Ansicht vertrat als Augenzeuge solcher Szenen A. T. Wegner. Vgl. Die Austreibung des armenischen Volkes in die Wüste: ein Lichtbildvortrag. Armin T. Wegner. Hrsg. von Andreas Meier. Göttingen 2011, S. 67 f. Aus: www.genocide-museum.am. Collection Armin T. Wegner



Copyright © 2014 Dr. Jörg Berlin: www.armenocide.net A Documentation of the Armenian Genocide in World War I. All rights reserved