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Buch

Unterrichtsmaterial über den Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich 1915/16 von Jörg Berlin

Kapitel

02. Ausplünderung und Beraubung

Dokument 2.7

Hinweise für Lehrkräfte

Regierung verfolgt mit der Deportation und Beraubung der Armenier auch das Ziel, Handel u. Gewerbe in die Hände der Muslime zu bringen. Vor 1915 waren davon etwa 80% im Besitz der Deportierten.

Quelle

Haus-Hof- und Staatsarchiv, Politisches Archiv, Wien. Zitiert nach: Ohandjanian, Artem (Hg.), Österreich-Armenien 1872-1936. Faksimilesammlung diplomatischer Aktenstücke, Wien 1995, Bd. VI: 1916-1917, S. 5275 f.






Auch in wirtschaftlicher Hinsicht.

Aus einem Konfidentenbericht aus Konstantinopel an das österreichische Außenministerium in Wien vom 27.2. 1917


Die jungtürkische Partei lässt sich nicht nur in politischen und Nationalitätenfragen, sondern auch in wirtschaftlicher Hinsicht vom extremen Chauvinismus leiten. Der Krieg diente den Türken als günstige Gelegenheit dazu, um namentlich in Anatolien und Syrien den Handel und die Industrie den Händen der Armenier und Griechen zu entreißen, in Konstantinopel aber die Tätigkeit der europäischen Kommissionäre [hier: Zwischenhändler] lahmzulegen.

Der Impuls hierzu ist von der Regierung, beziehungsweise vom Zentralkomitee der jungtürkischen Partei ausgegangen. Die Valis und Mutessarifs der einzelnen Provinzen gingen umso eifriger an die Verwirklichung der Pläne der Regierung, als ihnen die „Nationalisierung“ des Handels Gelegenheit bot, große Vermögen zusammenzuraffen. – Dass die Valis tatsächlich instruktionsgemäß vorgehen, erhellt aus einem in meine Hände gelangten Jahresberichte des Gouverneurs von Aleppo an das türkische Handelsministerium, worin folgender Passus vorkommt:

„Mit Genugtuung kann ich melden, dass es, den Intentionen der Regierung gemäß, gelungen ist, sowohl hier als auch im Sandjak Marasch eine völlige Änderung der Verhältnisse herbeizuführen. Mein Vilayet ist von christlichen Elementen gesäubert. Während noch vor zwei Jahren mehr als 80% der Kaufleute und Gewerbetreibenden aus Christen bestanden, entfallen derzeit 95% auf die Mohammedaner und nur 5% auf die Christen.“

Für uns [Europäer] erscheint eine solche Gestaltung der Verhältnisse überaus bedenklich, da jene muselmanischen Elemente, die sich jetzt, dank der Gnade der einzelnen Gouverneure und Bezirkschefs, in den Geschäften und Unternehmungen der teils vertriebenen, teils zugrunde gerichteten Armenier und Griechen etabliert haben, zum überwiegenden Teil nicht die geringste kommerzielle oder industrielle Bildung besitzen …



Copyright © 2014 Dr. Jörg Berlin: www.armenocide.net A Documentation of the Armenian Genocide in World War I. All rights reserved