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Buch

Unterrichtsmaterial über den Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich 1915/16 von Jörg Berlin

Kapitel

10. Der Genozid in der offiziellen türkischen Version

Dokument 10.12

Hinweise für Lehrkräfte

Dem Offizier werden von einem Täter der Armenierverfolgung zum Beweis für die Gefährlichkeit der Getöteten Fotos von beschlagnahmten Gewehren gezeigt. Er vermutet versuchte Irreführung und Stimmungmache. Hört außerdem, Russen hätten bereits früher Waffen an Christen verteilt, damit diese einen russischen Vormarsch unterstützten. Kommentiert außerdem: Waffenbesitz der Armenier sei legal und wegen der Unsicherheit im Land sinnvoll gewesen.

Quelle

de Nogales, Rafael, Vier Jahre unter dem Halbmond, Berlin 1925, S. 99 ff.






Ein Berg von Waffen.

Ein venezolanischer Offizier in osmanischen Diensten sieht Photographien von Gewehren


Diese Nacht verbrachte ich auf der Kommandantur als Gast Mehmed-Asim-Beis, des Führers der in diesem Platz stationierten Gendarmeriestreitkräfte und Vollstreckers der Schlächtereien, die sich soeben in Diarbekir abgespielt hatten. Höflich und gebildet wie alle Efendis, überhäufte er mich von Anfang an mit Aufmerksamkeiten und zeigte mir sogar zwei Fotographien, auf denen er und seine Leute hinter einem Berg von Waffen zu sehen waren, Waffen, von denen Mehmed-Asim-Bei behauptete, er habe sie in den Häusern und sogar teilweise in den Kirchen der Armenier gefunden. Betrachtet man jedoch eine dieser Fotographien genau, so springt in die Augen, dass das auf ihnen dargestellte Lager fast gänzlich aus Jagdgewehren besteht, die von einer dünnen Schicht von Militärgewehren überdeckt sind. Daher drängte sich mir die Vermutung auf, dass dieser ganze Apparat von Kriegsgerät ein Werk eben des Mehmed-Asim-Bei war, um irrezuführen und Eindruck auf das Publikum zu machen.

Trotzdem war mir die Darstellung, die mir der Kommandant gab, recht interessant. Er suchte mich nämlich davon zu überzeugen, dass die Russen schon lange vor dem Krieg an die Armenier, Chaldäer und Nestorianer der Provinzen Wan, Bitlis, Diarbekir und Urfa beträchtliche Mengen von Waffen und Gerätschaften verteilt hätten, damit sie sich gleichzeitig mit dem Vormarsch der russischen Heere in Richtung auf den Golf von Alexandrette erheben könnten.

Allerdings wäre es ja nicht unmöglich gewesen, dass dies der Plan der Russen war. Man müsste jedoch erst wissen, ob sich alles tatsächlich so verhielt, oder ob es nur eine blühende Phantasie der Hohen Pforte war. … Es unterliegt keinem Zweifel, dass nicht wenige Armenier über Feuerwaffen verfügten, jedoch, wer hatte keine in jenen Gegenden, wo ein jeder für seine Sicherheit sorgen musste, und die Jungtürken ihnen überdies die Anschaffung erlaubt hatten?



Copyright © 2014 Dr. Jörg Berlin: www.armenocide.net A Documentation of the Armenian Genocide in World War I. All rights reserved