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Buch

Unterrichtsmaterial über den Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich 1915/16 von Jörg Berlin

Kapitel

05. Aussagen ausländischer Zeitzeugen über einen absichtlich und planvoll durchgeführten Genozid sowie die damit angestrebten Ziele

Dokument 5.22

Hinweise für Lehrkräfte

Armenier nahezu ausgerottet. Mitglieder des Jungtürkischen Komités beabsichtigen, türkisches Reich auf rein mohamedanischer, pantürkistischer Grundlage aufzubauen. Dazu unter dem Vorwand von Revolutionsabsichten zuerst Armenier ausgesiedelt und ermordet. Ähnliches Schicksal der christlichen Nestorianer. Araber könnten nächste Opfer sein.

Quelle

Politisches Archiv des deutschen Auswärtigen Amts. Zitiert nach: Wolfgang & Sigrid Gust (Ed.), www.armenocide.net. A Documentation of the Armenian Genocide in World War I. 1916-12-04-DE-001.






Die Befürchtung hat sich leider bewahrheitet.

Aus einem Bericht des ehemaligen stellvertretenden deutschen Konsuls in Erzerum Scheubner-Richter vom 4. Dezember 1916 an den Reichskanzler Bethmann Hollweg


Die in meinem Bericht aus Erserum ausgesprochene Befürchtung, dass die Aussiedelung der Armenier ihrer Vernichtung gleichkommen werde, bzw. dieselbe bezwecken sollte, hat sich leider bewahrheitet. Was von den Ausgesiedelten dieses Volksstammes noch in Mesopotamien lebt, befindet sich in einem trostlosen Zustande. Es ist nicht zu viel gesagt, wenn man ausspricht, dass die türkischen Armenier mit Ausnahme einiger Hundert Tausenden in Konstantinopel und anderen größeren Städten Lebender, so gut wie ausgerottet sind. … Dieses Kapitel ist fürs Erste leider abgeschlossen, und kann sich unsere Fürsorge und unser Interesse nur noch auf die Erleichterung der Lage der sich in Mesopotamien befindenden Überlebenden erstrecken.

Ich halte mich aber andererseits für verpflichtet, die Aufmerksamkeit Euerer Excellenz noch auf Nachstehendes zu lenken: Eine Reihe von Gesprächen mit maßgebenden türkischen Persönlichkeiten, hinterließ bei mir folgende Eindrücke:

Ein großer Teil des Jungtürkischen Komités steht auf dem Standpunkt, dass das Türkische Reich nur auf rein mohamedanischer, pantürkistischer Grundlage aufgebaut werden muss. Die nicht mohamedanischen und nicht türkischen Bewohner desselben, müssen gewaltsam mohamedanisiert und türkisiert, wo das nicht angängig, vernichtet werden.

Zur Verwirklichung dieses Planes scheint diesen Herren die jetzige Zeit die Geeignetste.

Als erster Punkt ihres Programms kam die Erledigung der Armenier.

Für die mit der Türkei im Bündnis stehenden Mächte wurde eine angeblich vorbereitete Revolution der Partei der Daschnakzagan vorgeschützt. Lokale Unruhen und Selbstschutz-Bestrebungen der Armenier wurden außerdem aufgebauscht und zum Vorwand genommen, die Aussiedelung der Armenier aus bedrohten Grenzgebieten zu motivieren. Unterwegs wurden die Armenier auf Anstiften des Komités, von kurdischen und türkischen Banden, stellenweise auch von Gendarmen, ermordet.

2.) Etwa zu gleicher Zeit wurden die Nestorianer im östlichen Kurdistan durch den Wali von Mossul, Haidar Bej, nach tapferer Gegenwehr aus ihren Wohnsitzen vertrieben und zum Teil vernichtet. Ihre Felder und Wohnstätten wurden verwüstet. Die Überlebenden flüchteten zu den Russen und kämpfen jetzt in deren Reihen gegen die Türkei.

3.) Der Feldzug Halil Bej's nach Nord-Persien hatte Massakrierung seiner armenischen und syrischen Bataillone und Vertreibung der armenischen, syrischen und persischen Bevölkerung aus Nord-Persien zur Folge und hinterließ eine große Erbitterung gegen die Türken.

4.) An eine Abrechnung mit den Arabern wird ebenfalls gedacht, doch die im Augenblick ungünstige militärische Lage ließ den Zeitpunkt dafür noch nicht für gekommen erscheinen.



Copyright © 2014 Dr. Jörg Berlin: www.armenocide.net A Documentation of the Armenian Genocide in World War I. All rights reserved