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Buch

Unterrichtsmaterial über den Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich 1915/16 von Jörg Berlin

Kapitel

12. Zu Wirtschaft, Mentalität und Bevölkerungszahlen der Armenier

Dokument 12.08

Hinweise für Lehrkräfte

Missionar beklagt, dass Armenier ständig in Angst vor Massakern leben. Hält das für Hysterie. Zu H. Bauernfeinds späteren Auffassungen und Einsichten vgl. in der angegebenen Quelle bereits die Tagebucheinträge vom Anfang Juli.

Quelle

Hofmann, Tessa; Péhlivanian, Méliné: Malatia 1915: Carrefour des convois de déportés d’après le Journal du missionaire Hans Bauernfeind. In: Revue d’historie arménienne contemporaine. Numéro spécial. L’extermination des déportés arméniens ottomans dans les camps de concentration de Syrie-Mésopotamie (1915-1916). Tome II, Paris 1998: La deuxième phase du génocide, S. 247-325 (Der deutsche Originaltext des Tagebuchs ist als Fußnote enthalten). Online-Ausgabe unter dem Titel „‘Der Schlimmsten Orte einer‘: Malatia 1915-1918“; http://www.aga-online.org/texts/malatia.php?locale=de).






Die Haltlosigkeit solcher Gerüchte.

Der deutsche Missionar Hans Bauernfeind notiert und bewertet in seinem Tagebuch politische Einstellungen der von ihm betreuten Armenier und Armenierinnen in Malatia.


[Aus Tagebucheintragungen vom 28 Mai 1915 und 11 Juni 1915]

Ein wie gefährliches, vom Mutterleib an vergiftetes Volk die Armenier sind, sahen wir auch gestern wieder an den Ansichten, die … [zwei unserer Schülerinnen] in ihrem letzten Aufsatz aussprachen, natürlich unter [dem Einfluss] der weiblichen Erwachsenen.

Das Thema lautete: „Was merken wir hier in Malatia von den Nöten des Krieges?“ Inhalt [der Aufsätze war] eine Schilderung der Grausamkeiten der Regierung gegenüber den unschuldigen Armeniern! … Die Wahrheit wird gehasst und kommt gegen das Gift des Hasses nicht auf. Der feste Punkt der armenischen Geschichte ist das Massaker von 1895/96, diese Erinnerungen beherrschen alles und werden als heiligstes Nationalgut von Glied zu Glied vererbt. Wie wenig damals „Märtyrertum“ dabei gewesen sein kann und wie viel aufrührerische Umtriebe voraufgegangen sein müssen, das sieht man jetzt zur Genüge. … Sie alle wollen nicht die Wahrheit, sondern wollen sich vor Massakern fürchten, Märtyrer sein und als solche beklagt und unterstützt werden. ….

Gestern kam Jesther, eine etwa 18jährige Armenierin aus der Stadt …. [Sie erklärte:] Heute würde ein Massaker sein, ob sie nicht hier bleiben dürfe. Entsetzlich, wie einzelne gewissenlose Leute, … meist Frauen, das ganze Volk ängstigen. Die verdienten die härtesten Strafen. Und das [armenische] Volk ist teils zu dumm, um die Haltlosigkeit solcher Gerüchte zu begreifen, andererseits wälzen sie sich ja mit einer krankhaften Wollust in der Furcht. Wir nahmen Jesther natürlich nicht an.



Copyright © 2014 Dr. Jörg Berlin: www.armenocide.net A Documentation of the Armenian Genocide in World War I. All rights reserved