
Deutsch | 
|

| 
|

Buch | 
Unterrichtsmaterial über den Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich 1915/16 von Jörg Berlin |

Kapitel | 
07. Gebietsverluste des Osmanischen Reiches vor dem I. Weltkrieg |
 | 
Dokument 7.03 |

Hinweise für Lehrkräfte | 
Armenische Reformforderungen, u. a. Bildung einer einzigen, weitgehend autonomen Provinz in Ostanatolien. Die Forderungen entsprechen Vorschlägen Russlands. An eine von Russland beabsichtigte Lostrennung dieser neuen, großen Provinz wollen Armenier jedoch nicht. |

Quelle | 
Haus-Hof- und Staatsarchiv, Politisches Archiv, Wien. Zitiert nach: Ohandjanian, Artem, Österreich-Armenien 1872-1936. Faksimilesammlung diplomatischer Aktenstücke, Wien 1995, Bd. V: 1910-191, S. 4093 ff. |

| 
|

| 
|
Es fällt sofort die völlige Übereinstimmung auf.
Der österreichische Botschafter in Konstantinopel berichtet am 22. Juli 1913 dem Außenministerium in Wien über den Inhalt eines ihm überreichten Memorandums des armenischen Patriarchen
Vor allem wird betont, dass die Armenier keinerlei politische Aspirationen haben, sondern nur Garantien für die Sicherheit, politische Gleichstellung der Christen und Mohamedaner und das Recht der freien kulturellen und nationalen Entfaltung beanspruchen. …
Die Hauptforderungen : 1) die Bildung einer einzigen Provinz aus den von Armeniern bewohnten ost-anatolischen Vilajets [= Provinzen], 2) die Einsetzung eines fremden, mit Zustimmung der [europäischen Groß-]Mächte ernannten Generalgouverneurs, 3) Gleiche Anzahl Armenier und Mohammedaner in den Provinziallandtagen … und den öffentlichen Ämtern, 4) Zulassung der armenischen Gerichtssprache und Publizierung der Gesetze [auch] in jener Sprache, 5) Justizreform, 6) Rückgabe der [Armeniern von Kurden] geraubten Ländereien,
7) Europäische Kontrolle.
Bei der Durchsicht des Memorandums fällt sofort die völlige Übereinstimmung desselben in allen Hauptpunkten mit dem russischen [Vorentwurf für eine Reform] auf. …
Am Tage nach der Übergabe [führte der Botschafter ein Gespräch mit dem armenischen Redakteur und Politiker Kelekian, in welchem dieser] … versicherte, dass den Armeniern jeder Gedanke von separatistischen Tendenzen fern liege. Sie wollten ottomanische Staatsangehörige bleiben, nur beanspruchten sie gleiche Rechte und gleiche Behandlung wie die Mohamedaner.
Ich glaube selbst, dass diese separatistischen Tendenzen und der Gedanke einer Lostrennung der armenischen Provinzen von der Türkei, welche von russischer Seite stets propagiert wurden, unter den leitenden armenischen Notablen bisher keine Anhänger haben. Dieselben möchten vielmehr eine möglichst autonome Provinz aus den sechs Vilajets gebildet wissen, in welcher sie dann eine große Rolle zu spielen hoffen. |