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Buch

Unterrichtsmaterial über den Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich 1915/16 von Jörg Berlin

Kapitel

05. Aussagen ausländischer Zeitzeugen über einen absichtlich und planvoll durchgeführten Genozid sowie die damit angestrebten Ziele

Dokument 5.07

Hinweise für Lehrkräfte

In Erserum Ausweisung zunächst nicht brutal. Anhänger des jungtürkischen Komitees ändern dies, äußern unmissverständlich, Endziel ihres Vorgehens gegen die Armenier sei deren gänzliche Ausrottung.

Quelle

Politisches Archiv des deutschen Auswärtigen Amts. Zitiert nach: Wolfgang & Sigrid Gust (Ed.), www.armenocide.net. A Documentation of the Armenian Genocide in World War I. 1915-07-28-DE-015.






Von den Anhängern wird unumwunden zugegeben.

Aus einem Bericht des stellvertretenden deutschen Konsuls in Erzerum, Scheubner-Richter, vom 28. Juli 1915 an den Botschafter in Konstantinopel Wangenheim


Bisher ist in Erserum, im Gegensatz zu den anderen Städten, einigermaßen mild gegen die Ausgewiesenen vorgegangen worden. So stellte, z.B. die Regierung vielen mittellosen Familien Ochsenkarren bis Ersindjan und Siwas zur Verfügung. Der Wali erlaubte ferner, dass Kranke, Familien ohne männliche Mitglieder, alleinstehende Frauen in Erserum bleiben dürfen.

Diesem humanen Vorgehen für das auch ich eingetreten bin, wurde plötzlich durch irgendwelche Komitee-Einflüsse ein Ende bereitet. Nunmehr hat auch noch Mahmud Kiamel Pascha [der Oberkommandierende der III. Armee] die sofortige und rücksichtslose Ausweisung aller Armenier angeordnet. Den noch in der Stadt gebliebenen Frauen und Kranken wurden die bereits erteilten Aufenthaltsscheine wieder abgenommen und sie auf die Landstraße getrieben - einem sichern Tode entgegen. …

Mir scheint hierbei, dass der hiesige Wali, Tahsim Bey, der in der Behandlung der Armenierfrage eine etwas humanere Auffassung wie die andern haben dürfte, gegen die schroffe Richtung machtlos ist.

Von den Anhängern letzterer wird übrigens unumwunden zugegeben, dass das Endziel ihres Vorgehens gegen die Armenier die gänzliche Ausrottung derselben in der Türkei ist. Nach dem Kriege werden wir „keine Armenier mehr in der Türkei haben" ist der wörtliche Ausspruch einer maßgebenden Persönlichkeit.

Soweit sich dieses Ziel nicht durch die verschiedenen Massakers erreichen lässt, hofft man, dass Entbehrungen der langen Wanderung bis Mesopotamien und das ungewohnte Klima dort ein Übriges tun werden. Diese Lösung der Armenierfrage scheint den Anhängern der schroffen Richtung, zu der fast alle Militär- und Regierungsbeamte gehören, eine ideale zu sein. Das türkische Volk selbst ist mit dieser Lösung der Armenierfrage keineswegs einverstanden … .



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