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Buch

Unterrichtsmaterial über den Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich 1915/16 von Jörg Berlin

Kapitel

07. Gebietsverluste des Osmanischen Reiches vor dem I. Weltkrieg

Dokument 7.13

Hinweise für Lehrkräfte

Der Vertreibung von Muslimen/Türken aus Europa folgt erzwungene Flucht von Griechen aus Kleinasien. Gegenseitige Vorwürfe.

Quelle

Politisches Archiv des deutschen Auswärtigen Amts. Zitiert nach: Wolfgang & Sigrid Gust (Ed.), www.armenocide.net. A Documentation of the Armenian Genocide in World War I. 1914-06-19-DE-001.






Glaubensgenossen in Kleinasien und Mazedonien.

Der Konsul in Saloniki Walter berichtet am 19. Juni 1914 an den Reichskanzler Bethmann Hollweg


Die gegenseitigen Beschuldigungen wegen Verfolgung und Misshandlung ihrer Glaubensgenossen in Kleinasien und Mazedonien und die daraus entstandene Spannung zwischen Griechenland und der Türkei haben hier die Lage verschärft und einen fast völligen Geschäftsstillstand in den letzten Wochen verursacht, weil mit einem neuen Kriegsausbruch gerechnet wurde. …

Saloniki ist nach der thrazischen Einwanderung [von aus Thrakien geflohenen Türken] jetzt von [griechischen] Flüchtlingen aus Kleinasien überschwemmt und es ist schwer, für sie Unterkunft und Unterhalt zu schaffen. …

Die Flüchtlinge lagern in den Vorstädten, am Hafen zum Teil unter freiem Himmel und erhalten Brotrationen, über die in der Presse Klagen laut werden. Man erwartet Zelte und Lebensmittel aus Athen. Sie erzählen von ihren Leiden und Bedrängnissen in der Türkei, zeigen ihre Wunden und die Presse übertreibt, wie gewöhnlich, das Erzählte. … Andrerseits wissen aber auch die Muselmanen in Mazedonien von Gewalttaten und Drangsalierungen durch die Griechen zu erzählen und der türkische Generalkonsul, der … Ostmazedonien besucht hat, nimmt offen Partei für sie und erklärt die griechischen Beschuldigungen von Komplotten unter ihnen [d. h. den Muslimen in Thrakien] für eitel [hier: bloße] Vorwände, um sie einzusperren, zu martern und Geständnisse von ihnen zu erpressen. Es ist mit Griechen schwer über diese Dinge zu sprechen, weil sie derartiges mit der größten Entrüstung ableugnen. Der französische Vizekonsul, der am Mittagstisch gesprächsweise zu bemerken sich erkühnte, dass auch bei den Griechen Excesse vorkämen, erhielt von dem früheren Leiter des Pressebüros dafür Ohrfeigen angeboten.


Abb. 41: Von Bulgaren ermordete Griechen (1912)

Aus: Report of the International Commission to inquire into the Causes and Conduct of the Balkan Wars, (Ed). Carnegie Endowment for International Peace. Division of Intercourse and Education. Publication No. 4, Washington 1914, S. 241.


Copyright © 2014 Dr. Jörg Berlin: www.armenocide.net A Documentation of the Armenian Genocide in World War I. All rights reserved