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Buch

Unterrichtsmaterial über den Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich 1915/16 von Jörg Berlin

Kapitel

01. Geplanter Tod durch Massaker, Krankheit, Hunger, Durst, Ertränken, Kälte

Dokument 1.08

Hinweise für Lehrkräfte

Versprochene Neuansiedlung faktisch nicht möglich. Deportierte lagern im Freien, leiden an Hunger u. Seuchen, sind dem „Untergang geweiht“. Überlebende Kinder verlieren Nationalität, werden Türken u. Mohammedaner.

Quelle

Haus-Hof- und Staatsarchiv, Politisches Archiv, Wien. Zitiert nach: Ohandjanian, Artem (Hg.), Österreich-Armenien 1872-1936. Faksimilesammlung diplomatischer Aktenstücke, Wien 1995, Bd. VI: 1914-1915, S. 4834.






Der Ausdruck ´Ansiedlung´ ist freilich nicht der richtige.

Aus einem Bericht des österreichischen Konsuls in Damaskus an den Botschafter in Konstantinopel vom 7. November 1915


In den letzten Wochen wurden die … Transporte von … zwangsweise deportierten armenischen Familien wieder aufgenommen. …

Die Ansiedlung aller dieser Colonisten erfolgt … in dem Lande östlich des Jordan und des Toten Meeres. Der Ausdruck „Ansiedlung“ ist freilich nicht der richtige. Es fehlt den Einwanderern so ziemlich an allem hierzu. Selbst wenn die Regierung ihnen Ländereien überlässt, werden sie ohne Arbeitszeug, ohne Zugvieh, ohne Sämereien damit nichts anfangen können. Gegenwärtig lagern sie in denen ihnen zugewiesenen Gebieten außerhalb der besiedelten Orte, ohne Obdach im freien Felde und den Unbilden der jetzt beginnenden Regenzeit ausgesetzt. Ihre etwaigen Geldmittel, soweit sie solche aus dem Erlös ihrer früheren Habe besitzen, werden wohl nicht lange vorhalten, während das ihnen in Damaskus gewährte Zehrgeld von 1 Piaster per Person, vorausgesetzt, dass es ihnen noch längere Zeit weiter gezahlt wird, sie kaum vor dem Hungertode zu schützen vermag.

Es ist wohl anzunehmen, dass die „Ansiedler“ größtenteils dem Untergang geweiht sind. Hunger und Seuchen hausen schon jetzt fürchterlich unter ihnen. … Für eine ziemliche Anzahl von Kindern ist es ein Glück zu nennen, das sie teils mit Gewalt, teils freiwillig von ihren Angehörigen an hiesige meist mohammedanische Familien überantwortet wurden. Sie werden hiedurch wenigstens dem Hungertode entgehen, wenn gleich sie ihre Nationalität und ihre Religion mit der ihrer Herren werden vertauschen müssen.



Copyright © 2014 Dr. Jörg Berlin: www.armenocide.net A Documentation of the Armenian Genocide in World War I. All rights reserved