Dokument 10.21

Deutsch

Buch	Unterrichtsmaterial über den Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich 1915/16 von Jörg Berlin
Kapitel	10. Der Genozid in der offiziellen türkischen Version
	Dokument 10.21
Hinweise für Lehrkräfte	Armenier sollen in Bittschrift an Regierung alle Vorwürfe wegen Verbrechen zugeben wollen. Initiative dazu ging möglicherweise von Regierung aus; so könnte diese die Gräueltaten und ihr Verhalten entschuldigen.
Quelle	Haus-Hof- und Staatsarchiv, Politisches Archiv, Wien. Zitiert nach: Ohandjanian, Artem, Österreich-Armenien 1872-1936. Faksimilesammlung diplomatischer Aktenstücke, Wien 1995, Jg. 1912 ff., Bl. 595 ff

Die Regierung nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet.

Aus einem Schreiben des österreichischen Botschafters in Konstantinopel vom 7. Dezember 1915 an den Außenminister in Wien

Nun höre ich, die Armenier beabsichtigen in einer Petition [Bittschrift] an die Regierung, in welcher sie gleichzeitig zugeben würden, dass sie sich hochverräterische Handlungen hätten zuschulden kommen lassen, zu versprechen, sich in Zukunft als loyale Untertanen zu erweisen und die Gnade der Regierung anzurufen. Wie mir ein Armenier, der bei den einschlägigen Verhandlungen eine führende Rolle spielt, … erzählte, hätte man bei Talaat Bey [dem führenden jungtürkischen Politiker] angefragt, ob eine solche Petition von der Regierung angenommen würde, worauf eine zustimmende Antwort erteilt worden sei. Die Petition soll dieser Tage dem Großvezier überreicht werden.

Ich möchte dahingestellt sein lassen, ob nicht die ganze Petition von Seite der Regierung bestellt oder wenigstens suggeriert [eingeflüstert, veranlasst] wurde. …

Durch die geplante armenische Petition wäre das Odium für die unerhörten Gräueltaten bis zu einem gewissen Grade von der Regierung abgewälzt. Sie könnte darauf hinweisen, dass die Armenier es selbst zugegeben haben, sich des Hochverrats schuldig gemacht zu haben, und dass daher die Regierung nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet gewesen wäre, energische Maßnahmen zu ergreifen.