[Close]
[de]

Deutsch




Buch

Unterrichtsmaterial über den Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich 1915/16 von Jörg Berlin

Kapitel

08. Reformvorschläge für Türkisch-Armenien vor 1914

Dokument 8.2

Hinweise für Lehrkräfte

Formale Berechtigung der europäischen Mächte wegen der Armenier zu intervenieren resultiert aus Friedensverträgen. Im Frieden von St. Stefano verpflichtete das Osman. Reich sich gegenüber dem im vorherigen Krieg siegreichen Russland zu sofortigen Reformen. Auf der Berliner Konferenz wurde dies abgeschwächt. Den Mächten mussten Reformschritte bekannt geben werden und konnten nur durch gemeinsame Stellungnahmen und Initiativen der Mächte pro oder kontra beeinflusst werden.

Quelle

Lepsius, Johannes, Armenien und Europa, 5. Aufl. Berlin 1897, S. 76 f.






In den von Armeniern bewohnten Provinzen Verbesserungen und Reformen ins Werk setzen.

Reformversprechungen und internationale Verträge


Nach der siegreichen Beendigung des russisch-türkischen Krieges [1877/78] hatte sich Russland im Vertrage von St. Stephano [März 1878] als eine der Früchte des Sieges den Schutz des unglücklichen armenischen Volkes ausbedungen. Artikel 16 des Vertrages lautete:

„Da der Abzug der russischen Truppen aus dem von ihnen besetzten armenischen Gebiete, das den Türken zurückgegeben werden soll, Veranlassung zu Konflikten und Verwicklungen geben könnte, die die Aufrechterhaltung der guten Beziehungen zwischen den beiden Ländern unmöglich machen würde, so verpflichtet sich die Hohe Pforte, ohne weiteren Verzug die durch örtliche Bedürfnisse in den von Armeniern bewohnten Provinzen erforderten Verbesserungen und Reformen ins Werk zu setzen und den Armeniern Sicherheit vor Kurden und Tscherkessen zu garantieren.“

Die christlichen Großmächte … schoben im Berliner Vertrag [Juli 1878] auf Vorschlag Englands, den Artikel 16 des Vertrages von St. Stephano beiseite und ersetzten ihn durch die solidarische Bürgschaft aller Signatarmächte für die Einführung von Reformen und den Schutz der armenischen Christen:

„Die Hohe Pforte“, so lautet der 61. Artikel des Berliner Vertrages, „übernimmt die Verpflichtung, ohne weiteren Verzug, die durch lokale Bedürfnisse in den von den Armeniern bewohnten Provinzen erforderten Verbesserungen und Reformen ins Werk zu setzen und den Armeniern Sicherheit vor Kurden und Tscherkessen zu garantieren. Sie wird die in dieser Richtung getanen Schritte in bestimmten Zeitabständen den Mächte bekannt geben, die ihr Inkrafttreten überwachen werden.“


Abb. 42: Anzahl der Armenier in den östlichen Provinzen des Osmanischen Reiches

Nach: Rohrbach, Paul, Beiträge zur armenischen Landes- und Volkskunde. Hg. auf Veranlassung der Deutsch-Armenischen Gesellschaft, Stuttgart 1919, S. 107 (armenische Angaben); Sonyel, S., The Great War and the tragedy of Anatolia, Ankara 2000, S. 24 (osmanische Angaben) Graphik: A.Klenner




Abb. 43: Die ethnischen Verhältnisse in den sechs westarmenischen Provinzen 1912-1914

Aus: Koutcharian, Gerayer, Der Siedlungsraum der Armenier unter dem Einfluss der historisch-politischen Ereignisse seit dem Berliner Kongress 1878: Eine politisch-geographische Analyse und Dokumentation, Berlin 1989, Anhang.



Copyright © 2014 Dr. Jörg Berlin: www.armenocide.net A Documentation of the Armenian Genocide in World War I. All rights reserved