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Buch

Unterrichtsmaterial über den Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich 1915/16 von Jörg Berlin

Kapitel

12. Zu Wirtschaft, Mentalität und Bevölkerungszahlen der Armenier

Dokument 12.11

Hinweise für Lehrkräfte

Nach dem Gleichheitsversprechen der jungtürkischen Revolution Eintreten für ungeteiltes osmanisches Reich. Die geforderten Reformen und Rechte im Staat besaßen auch die Muslime nicht: Autonomie, Rede, Presse- und Versammlungsfreiheit, gleiches und geheimes Stimmrecht.

Quelle

Paul Rohrbach, Armenien. Beiträge zur armenischen Landes- und Volkskunde. Herausgegeben auf Veranlassung der Deutsch-Armenischen Gesellschaft, Stuttgart 1919, S. 45 ff.






Eine große Zahl verschiedenartiger Nationalitäten und Rassen.

Aus dem Programm der „Daschnakzutiun“ nach dem Machtantritt der Jungtürken und der „Wiederherstellung“ der türkischen Verfassung 1908


Die revolutionäre armenische Föderation Daschnakzutiun … hält fest an dem Grundsatz, dass die Freiheit und die Gleichheit unantastbare Rechte darstellen sowohl für die Individuen als auch für die Nationen oder die religiösen Gemeinschaften, unabhängig von der Zahl ihrer Personen, die zu ihnen gehören;

sie ist überzeugt, dass das System der Föderation und Dezentralisation dasjenige ist, das jedem Staat am meisten frommt, ganz besonders aber dem ottomanischen Reiche, das eine große Zahl verschiedenartiger Nationalitäten und Rassen in sich schließt …

Leitende Gesichtspunkte

1. Das ottomanische Reich soll, solange es sich einer konstitutionellen demokratischen Regierung erfreut, als unabhängig und unteilbar betrachtet werden.

2. Das türkische Armenien bildet einen integrierenden Bestandteil des Reiches und ordnet seine lokalen Angelegenheiten nach dem System der Dezentralisation …

3. Die ottomanische Zentralregierung, auf der Grundlage der Volksvertretung begründet, sorgt für die allgemeinen Angelegenheiten des Staates: die auswärtige Politik, das Heer, die Finanzen, den Zoll, die Eisenbahnen, Post und Telegraph und so weiter, und überlässt die Angelegenheiten lokalen Interesses den Provinzial- und Kommunalbehörden.

4. Das Parlament, die Gerichts- und die kommunalen Verwaltungsbehörden sollen durch das Mittel des allgemeinen, gleichen, geheimen und proportionellen Stimmrechts gewählt werden. Dieses Prinzip ist anwendbar auf alle Nationalitäten und religiösen Gemeinschaften ohne Unterschied.

5. Die Wilajets [Provinzen] sollen in der Verwaltung der lokalen Angelegenheiten die weitestgehende Autonomie genießen, ebenso die Kommunen für die kommunalen Angelegenheiten. …

6. Abgesehen von den Walis [Provinzgouverneuren], den Mutessarifs [Bezirksgouverneuren], den Prokuratoren [hier: Leitern] der Berufungsgerichte und den Präsidenten der Gerichte sollen die anderen Beamten durch die entsprechenden lokalen Vertretungen ernannt werden.

7. Bei der Begrenzung der Wilajets muss im Gegensatze zu dem unter dem alten Regime befolgten System auf den völkischen Charakter und den Bildungsstand der Bewohner Rücksicht genommen werden, damit so viel wie möglich homogene Vereinigungen zustande kommen.

8. Vollkommene Gleichheit für alle Nationalitäten und alle religiösen Gemeinschaften. …

Die Angehörigen der verschiedenen Nationalitäten sollen Zugang zu den öffentlichen Ämtern, zentralen wie provinziellen, haben, im Verhältnis zur Zahl ihres Volksteils. Diese Ordnung ist auf alle Unternehmungen anzuwenden, die vom Staate abhängig sind.

9. a) Revision der Konstitution im Geiste der Dezentralisation;

b) Verantwortlichkeit der Minister vor der gesetzgebenden Körperschaft;

c) der Souverän und die Armee sollen den Treueid auf die strikte Befolgung der Konstitution leisten. …

10. Peinliche Wahrung der Gewissensfreiheit, Redefreiheit, Pressfreiheit, Versammlungsfreiheit, der Freiheit zum Streik, Unverletzbarkeit der Personen, des Wohnsitzes, der Korrespondenz, Freizügigkeit, Abschaffung der Inlandspässe.

(11. – 27.: weitere Punkte)



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