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Buch

Unterrichtsmaterial über den Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich 1915/16 von Jörg Berlin

Kapitel

01. Geplanter Tod durch Massaker, Krankheit, Hunger, Durst, Ertränken, Kälte

Dokument 1.10

Hinweise für Lehrkräfte

Nach Treiben in eine Scheune werden armenische Dorfbewohner dort verbrannt.

Quelle

Svazlian, Verjine, The Armenian Genocide and Historical Memory, Yerevan 2004, S. 49 f.






In die Scheunen des Dorfes.

Der Armenier Shogher Tonoyan ( geboren 1901) erzählt von seinen Erinnerungen an Ostern 1915 im Dorf Avzut bei Mush


Sie kamen in unser Dorf und raubten aber auch alles. Sie stahlen unsere Schafe, die Ochsen, alles, was wir besaßen. Jene [Mädchen], die gut aussahen, wurden weggeschleppt. Der junge Sohn meiner Tante, der bei mir war, wurde mit allen Männern des Ortes weggeführt. Sie trieben die jungen und die alten Menschen in die Scheunen des Dorfes Avzut, steckten diese an und verbrannten sie bei lebendigem Leibe. … Sie stapelten Heuhaufen um sie herum, kippten Petroleum darüber und setzten es in Brand. Ich wünsche nicht einmal meinem Feind, dass er solche Tage sieht, wie ich sie gesehen habe … Nur mein Bruder und ich wurden gerettet. … Die Scheune war voller Rauch und Feuer, Menschen fingen an zu husten und zu ersticken. Mütter kümmerten sich nicht mehr um ihre Kinder, mein Kind. Das war wirklich Sodom und Gomorra. Brennende Menschen liefen hin und her, schlugen gegen die Wände, trampelten über Säuglinge und Kinder, die auf die Erde gefallen waren. Was habe ich bloß mit meinen Augen ansehen müssen … Nicht einmal den Wölfen in den Bergen wünsche ich, so etwas ansehen zu müssen. Bei diesem Chaos erstickten die meisten und krepierten. Das Scheunendach brach ein und stürzte auf die Toten. Ich wünschte mein kleiner Bruder und ich wären verbrannt und hätten nicht ansehen müssen, wie sechzig Seelen bei lebendigem Leib verbrannt wurden. …

Als das Dach der Scheune einstürzte, konnten die Flammen und der Rauch nach oben entweichen und Luft kam in die Scheune. Die Tochter meines Onkels … und ich packten meinen bewusstlosen Bruder an Armen und Beinen und wir kamen über brennende Balken und Leichen weg durch ein Loch in der Wand hinaus.



Copyright © 2014 Dr. Jörg Berlin: www.armenocide.net A Documentation of the Armenian Genocide in World War I. All rights reserved