Ingenieure der Studienkommission für die Bagdadbahn sind zur Aufnahme der Strecke Alexandrette-Aleppo am 7. ds. Mts. von Mersina in Alexandrette eingetroffen und hat der hiesige Wali auf diesseitiges Ersuchen die Kaimakame von Alexandrette und Beilan angewiesen, alles Nötige für die Sicherheit derselben zu tun und ihnen zu ihrer Sicherheit eine Eskorte unter dem Befehl eines Offiziers zu stellen. Der Kaiserliche Vizekonsul bezeichnet die Lage im Allgemeinen als ruhig, wenn auch die Christen noch immer ängstlich seien. Von den beiden Brigaden der Ingenieure welche zur Zeit auf der Strecke Ras-ul-ain - Haran der Bagdadbahn arbeiten, sind bisher ungünstige Nachrichten nicht eingelaufen und war es nach dem letzten bis zum 30. April reichenden Nachrichten in dortiger Gegend ganz ruhig geblieben.
In Aleppo ist es gleichfalls ruhig, der Geschäftsverkehr ruht aber noch immer fast vollständig; niemand will Wechsel escomptieren und es kommen nicht nur keine Käufer aus dem Innern, sondern zahlreiche für den Herbst erfolgte Bestellungen werden rückgängig zu machen versucht, da noch kein rechtes Vertrauen zu der Fortdauer der Ruhe vorhanden ist. Die Garnison hier soll jetzt ca. 300 Mann zählen.
Die Stimmung der großen Mehrzahl der mohammedanischen Bevölkerung scheint andauernd keine sehr zufriedene zu sein; auch der Wali wird von vielen Seiten als reaktionärer Gesinnung verdächtig bezeichnet, und von der christlichen Bevölkerung noch immer Schlimmes befürchtet, falls nicht eine strenge Bestrafung der Teilnehmer an den Metzeleien und der Anstifter derselben erfolgt. Es sind in den letzten Tagen etwa 50 bis 60 Kurden gefesselt nach der Kaserne eingebracht worden, doch soll sich die Mehrzahl dieser räuberischen Horden in den Bergen zwischen Antiochien und Kyrykhan befinden.
Es wird das Eintreffen einer Spezialkommission von Konstantinopel erwartet und es heißt, daß zu einer allgemeinen Entwaffnung der Bevölkerung, die sich bewaffnet hatte, geschritten werden soll; doch scheinen speziell die Armenier bisher wenig bereit, ihre Waffen abzuliefern.
Einer eben eintreffenden telegraphischen Meldung des Kaiserlichen Vizekonsuls in Alexandrette zufolge ist der Kreuzer „Hamburg“ letzte Nacht wieder nach Lattakie abgefahren.